Muskel-Skelett-System – Bindegewebe

Nachfolgend werden unter "Muskel-Skelett-System – Bindegewebe" Krankheiten beschrieben, die gemäß ICD-10 dieser Kategorie zuzuordnen sind (M00-M99). Der ICD-10 dient der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten sowie verwandter Gesundheitsprobleme (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) und ist weltweit anerkannt.

Muskel-Skelett-System – Bindegewebe

Mobilität gehört zu den Selbstverständlichkeiten des modernen Lebens und erfährt mit zunehmendem Alter einen besonderen Stellenwert. Unsere Knochen und Gelenke stellen sich dabei den täglichen Herausforderungen, die oftmals im Grenzbereich der Belastbarkeit liegen. Ausschließlich gesunde, funktionierende Knochen und Gelenke sichern die vielfältigen Anforderungen, die für Beweglichkeit unabdingbar sind.

Wer diese Herausforderungen bis ins hohe Alter erfolgreich meistern möchte, sollte frühzeitig auf eine optimale Knochen- und Gelenkgesundheit sowie auf einen Erhalt seiner Muskulatur achten, um Erkrankungen wie beispielsweise Arthrose, Osteoporose oder Rückenschmerzen sowie einer Sarkopenie vorzubeugen. Bei letzterer Erkrankung handelt es sich nicht nur um einen altersassoziierten übermäßigen Verlust von Muskelmasse und Muskelkraft, sondern vor allem auch um einen Funktionsabbau der Muskulatur.

Bewegung trägt dazu bei, dass sich Gelenkknorpel regenerieren und dadurch beweglich bleiben und Muskeln gekräftigt werden. Sind Muskeln nicht ausreichend trainiert, können schon bei geringen Belastungen Schmerzen entstehen. Muskeln müssen aber nicht nur trainiert, sondern auch entspannt werden. Beides lässt sich durch gezieltes regelmäßiges Training wie unter anderem Kraft- und Gleichgewichtstraining erreichen, und das auch noch im hohen Alter.

Ein geläufiger Begriff für das Muskel-Skelett-System ist "Bewegungs- und Stützapparat". Die beiden Bestandteile bilden eine funktionelle Einheit. Der Bewegungsapparat lässt sich in einen aktiven und passiven Apparat unterteilen, wobei der passive Apparat dem Stützapparat entspricht.

Anatomie

Zum Stützapparat (passiver Bewegungsapparat) gehören:

  • Knochen und Knorpel
  • Gelenke
  • Bandscheiben
  • Bänder

Zusammenfassend spricht man vom Skelett (Gerüst).

Zum aktiven Bewegungsapparat gehören:

  • Skelettmuskulatur
  • Sehnen und Sehnenscheiden
  • Faszien
  • Schleimbeutel

Knochen (Ossa) und Knorpel (Cartilago)
Der menschliche Körper besteht aus über 200 Knochen. Man unterscheidet je nach Lage und Funktion verschiedene Knochentypen, z. B. lange Knochen (Röhrenknochen; lat.: Ossa longa) wie der Ober- und Unterarmknochen, kurze Knochen (lat.: Ossa brevia) wie der Handwurzelknochen und platte Knochen (lat.: Ossa plana) wie das Schulterblatt. Der größte Knochen ist der Oberschenkelknochen. Die Anatomie eines Knochens ist abhängig von seiner Funktion.
Knorpel sind sehr widerstandsfähiges, elastisches Stützgewebe. Sie kommen an vielen Stellen unseres Körpers vor, z. B. an Gelenken oder Bandscheiben. Sie bestehen aus einem glatten und gefäßlosen Gewebe. Da auch Blutgefäße fehlen, können Knorpeldefekte nicht heilen. Man unterscheidet folgende Arten von Knorpelgewebe: hyaliner Knorpel, elastischer Knorpel und Faserknorpel.

Gelenke (Articulationes)
Der Mensch hat in etwa bewegliche 100 Gelenke. Ein Gelenk ist eine Verbindung von zwei oder auch mehreren Knochen. Es gibt unterschiedliche Gelenkformen – Kugel-, Sattel-, Scharniergelenk u. a. Des Weiteren unterscheidet man echte Gelenke (Diarthrosen; mit Gelenkspalt) von unechten Gelenken (Synarthrosen; ohne Gelenkspalt).
Ein Gelenk besteht aus einem Gelenkkopf und einer Gelenkpfanne, deren Flächen von Knorpel überzogen sind. Zwischen ihnen liegt ein Hohlraum, der mit Gelenksflüssigkeit gefüllt ist. Ein Gelenk wird von einer Kapsel (Bindegewebsschicht) umhüllt.

Bandscheiben (Discus intervertebralis)
Zischen den einzelnen Wirbeln sitzen die Bandscheiben. Eine Bandscheibe besteht aus einem äußeren Faserring (lat.: Anulus fibrosus) und einem inneren Gallertkern (lat.: Nucleus pulposus). Im Laufe des Tages werden die Bandscheiben durch den Druck immer flacher, sie verlieren Wasser. Daher ist man abends kleiner als am Morgen. Bei Entlastung nehmen sie wieder Wasser auf.

Bänder (Ligamenta)
Bänder bestehen aus kollagenen Fasern, die nur wenig elastisch sind, daher können sie auch schnell überdehnt werden. Sie umgeben Gelenke. Zum Teil liegen sie auch in Gelenken, wie zum Beispiel im Kniegelenk (Kreuzbänder).

Muskeln (Musculus)
Muskeln bestehen aus Muskelfasern (= spindelförmige zelluläre Grundeinheit der (quergestreiften) Muskulatur des Skeletts). Mehrere Muskelfasern bilden ein Muskelfaserbündel und mehrere Bündel bilden einen Muskel, der von einer Faszie (dünne, sehnenartige Muskelhaut) umgeben ist.
Der Mensch besitzt mehr als 650 Muskeln. Der größte Muskel ist der Gesäßmuskel (Musculus gluteus maximus).

Sehnen und Sehnenscheiden
Sehnen bestehen aus kollagenem Bindegewebe. Sie sind nicht sehr dehnbar, eher fest, aber biegsam. Das eine Ende der Sehnen ist im Muskel mit den Muskelfasern verwachsen und das andere Ende ist am Knochen angewachsen. Besonders lange Sehnen werden in Sehnenscheiden (lat.: Vagina synovialis tendinis), die mit Flüssigkeit gefüllt sind, geführt. Dadurch sind die Sehnen vor unnötiger Reibung, die zu Sehnenschäden führen kann, geschützt. Die stärkste Sehne in unserem Körper ist die Achillessehne.

Faszien
Faszien werden auch als Muskelhaut bezeichnet. Sie sind Bestandteil des Bindegewebes. Man unterscheidet oberflächliche (sehr dehnbar), tiefe und viszerale Faszien (wenig elastisch).

Schleimbeutel (Bursa synovialis)
Dabei handelt es sich um einen mit Synovialflüssigkeit gefüllten Gewebesack. Sie sind unter der Sehne platziert und treten vor allem dort auf, wo Gelenke besonders starken Belastungen ausgesetzt sind, z. B. am Kniegelenk.

Bindegewebe
Das Bindegewebe verbindet im Körper zahlreiche verschiedene Gewebetypen. Es ist Bestandteil der Haut und der Organe.

Physiologie/Funktion

Knochen
Die Knochen zählen zum passiven Bewegungsapparat, dem Stützapparat. Er sichert die Körpergestalt (Formgebung) und Körperhaltung. Das Skelett hat zudem eine Schutzfunktion für die inneren Organe. Ein gutes Beispiel dafür sind der Thorax (Brustkorb) und die Schädelknochen. In den Knochen befindet sich das Knochenmark, in dem die Erythrozyten (rote Blutkörperchen), Thrombozyten (Blutplättchen) und die Leukozyten (weiße Blutkörperchen) gebildet werden.
Knorpel ermöglichen Elastizität und schützen vor Druckbelastung.

Gelenke
Die Gelenke verbinden die Knochen untereinander. Die unterschiedlichen Gelenke ermöglichen unterschiedliche Bewegungsrichtungen und -radien der Knochen.

Bandscheiben
Bandscheiben fungieren als Stoßdämpfer. Sie verteilen den auf ihnen lastenden Druck gleichmäßig. Durch die Bandscheiben kann sich die Wirbelsäule erst in alle Richtungen biegen.

Bänder
Die Bänder stabilisieren die Gelenke. Sie stellen eine Verbindung zwischen zwei Knochen her.

Muskeln
Durch Kontraktion (Zusammenziehen) entwickeln Muskeln Kraft. Zudem spielen sie nicht nur für die Körperstatik eine Rolle, sondern vor allem für die Funktion, also für die Beweglichkeit und Mobilität (Fortbewegung). Diese kommt in der Regel zu kurz. Gerade im Alter sind Koordinationsübungen von besonderer Bedeutung.
Nicht alle Muskeln können willentlich bewegt werden. Dazu zählen die sogenannte glatte Muskulatur, die z. B. in Harnblase und Darm vorkommt, sowie die Herzmuskulatur (Myokard). Quergestreifte Muskulatur kann willkürlich bewegt werden. Dazu zählt zum Beispiel die Skelettmuskulatur.

Sehnen und Sehnenscheiden
Durch die Sehnen sind die Muskeln mit den Knochen verbunden. Sehnen übertragen die von den Muskeln erzeugte Kraft auf die Knochen.

Faszien
Faszien sind ein verbindendes Gewebe verschiedener Strukturen des menschlichen Körpers (Muskeln, Sehnen, Knochen, Blutgefäße, Organe). Sie erfüllen u. a. wichtige Aufgaben für die Stabilität und Beweglichkeit des Körpers. Bei Überlastung können sie verkleben und schmerzen.

Schleimbeutel
Sie schützen als Polster die Sehne gegen ein "Durchscheuern". Sie befinden sich an Stellen, die besonders beansprucht sind wie Hüfte und Ellenbogen. Der Druck, den die Sehne ausübt, wird dadurch auf eine größere Fläche verteilt.

Bindegewebe
Das Bindegewebe hat folgende Funktionen: Abwehrfunktion, Stützfunktion, Wasserspeicher, Energiespeicherfunktion (Fettgewebe).

Häufige Erkrankungen des Muskel-Skelett-System – Bindegewebe

  • Arthralgie (Gelenkschmerzen)
  • Arthrose (Gelenkverschleiß)
  • Bursopathien (Schleimbeutelerkrankungen)
  • BWS-Syndrom (Brustwirbelsäulensyndrom)
  • Coxarthrose (Hüftarthrose)
  • Diskopathie (Bandscheibenschaden) – Bandscheibenprolaps (Bandscheibenvorfall)
  • Epicondylitis humeri (Tennisellenbogen)
  • Frakturen (Knochenbrüche)
  • Fußdeformitäten – Knickfuß, Plattfuß, Sichelfuß, Spreizfuß
  • Gonarthrose (Kniearthrose)
  • Hallux valgus
  • HWS-Syndrom (Halswirbelsäulensyndrom)
  • Lumboischialgie (Schmerzzustände im Versorgungsbereich des Nervus ischiadicus)
  • Mausarm (Repetitive-Strain-Injury-Syndrom)   
  • Myalgie (Muskelschmerzen)
  • Omarthrose (Schulterarthrose)
  • Osteochondrose der Wirbelsäule
  • Osteoporose (Knochenschwund)
  • Rheumatoide Arthritis – chronisch entzündliche Multisystemerkrankung
  • Rückenschmerzen
  • Sarkopenie – altersassoziierter übermäßiger Verlust von Muskelmasse und Muskelkraft sowie Funktionsabbau
  • Schulterläsionen
  • Skoliose (seitliche Krümmung der Körperachse)
  • Spondylose (degenerative arthrotische Veränderung der Wirbelsäule)
  • Tendinosis calcarea (Kalkschulter)

Viele Erkrankungen des Bewegungs- und Stützapparates können durch eine gesunde Lebensweise, geeigneten Sport und durch vorsorgende Maßnahmen vermieden werden. Wirkungsvolle Therapiemethoden bieten dem betroffenen Patienten Hilfe.

Die wichtigsten Risikofaktoren für Erkrankungen des Muskel-Skelett-System – Bindegewebe

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Ernährung
    • Unzureichende Proteinaufnahme – Proteine sind wichtig für den Aufbau bzw. Erhalt der Muskulatur
    • Bei entzündlichen Erkrankungen: hohe Aufnahme der Omega-6-Fettsäure Arachidonsäure, geringe Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren
    • Mikronährstoffmangel – v. a. Calcium, Vitamin D
  • Genussmittelkonsum
    • Alkoholkonsum
    • Tabakkonsum
  • Psycho-soziale Situation
    • Hohe berufliche Anforderungen/chronischer Stress
  • Bewegungsmangel, Leistungssport
  • Chronische Überlastung, einseitige Bewegungsabläufe wie an Computerarbeitsplätzen, falsche Arbeitshaltung
  • Übergewicht
  • Untergewicht

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Metabolische Störungen/Erkrankungen wie Gicht (Hyperurikämie), Hyperparathyreoidismus (Nebenschilddrüsenüberfunktion)

Medikamente

  • Glucocorticoide

Bitte beachten Sie, dass die Aufzählung nur einen Auszug der möglichen Risikofaktoren darstellt. Weitere Ursachen finden Sie unter der jeweiligen Krankheit.

Die wichtigsten diagnostischen Maßnahmen für Erkrankungen des Muskel-Skelett-System – Bindegewebe

  • Arthroskopie (Gelenkspiegelung)
  • Arthrosonographie (Ultraschalluntersuchung von Gelenken)
  • Osteodensitometrie (Knochendichtemessung)
  • Röntgendiagnostik
  • Ultraschalldiagnostik
  • Elektromyographie (EMG; Messung der elektrischen Muskelaktivität)/Nervenleitgeschwindigkeit
  • Computertomographie (CT)
  • Magnetresonanztomographie (MRT)
  • 3D-Wirbelsäulenvermessung – ermöglicht Aufschluss über anatomische Veränderungen von Rücken und Wirbelsäule ohne Strahlenbelastung
  • Ganganalyse (3-D-Ganganalyse)
  • Myelographie (radiologische Kontrastdarstellung der Wirbelsäule und des Spinalkanals/Wirbelkanal)

Welcher Arzt hilft Ihnen?

Bei Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes sollte zunächst der Hausarzt aufgesucht werden. In Abhängigkeit von der Erkrankung bzw. deren Schwere wird eine Vorstellung bei einem Facharzt, in diesem Fall dem Orthopäden, erforderlich.

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*Evidence-based Medicine ist die gewissenhafte, wohlüberlegte Anwendung der zurzeit besten wissenschaftlichen Fakten, um Entscheidungen bezüglich der individuellen Behandlung von Patienten zu treffen“ [1].

Literatur

  1. David L Sackett, William M C Rosenberg, J A Muir Gray, R Brian Haynes, W Scott Richardson: Evidence based medicine: what it is and what it isn't. BMJ 1996;312:71 doi: http://dx.doi.org/10.1136/bmj.312.7023.71
     
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