Krebs – Neubildungen

Nachfolgend werden unter "Neubildungen" Krankheiten beschrieben, die gemäß ICD-10 dieser Kategorie zuzuordnen sind (C00-D09, D37-D48). Der ICD-10 dient der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten sowie verwandter Gesundheitsprobleme (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) und ist weltweit anerkannt.

Neubildungen

Neubildungen bzw. Neoplasien beschreiben unkontrolliert wachsende Zellwucherungen, die durch Fehlregulationen bei der Zellproliferation (Zellwachstum) entstehen. Diese Zellen unterliegen keinem Regelmechanismus mehr. Sie teilen sich häufiger und schneller und das unbegrenzt. Es bildet sich eine Geschwulst (Tumor = Schwellung, Verhärtung).

Neubildungen können jede Art von Körpergewebe betreffen. Sie können sowohl solitär (vereinzelt) als auch multifokal (an verschiedenen Stellen des Organismus) auftreten.

Nach der Dignität (biologisches Verhalten von Tumoren) werden Neubildungen wie folgt unterschieden:

  • Gutartige (benigne) Neubildungen [s. u.  der Kategorie "Gutartige Neubildungen"]
    • wachsen verdrängend, aber nicht infiltrierend (eindringend)
    • bilden keine Metastasen (Tochtergeschwülste)
  • Bösartige (maligne) Neubildungen
    • wachsen invasiv und zerstörend
    • Metastasenbildung: hämatogen (über den Blutweg), lymphogen (über die Lymphe)
    • werden unterteilt in:
      • niedrig-maligne Tumoren
      • hoch-maligne Tumoren
  • Semimaligne Neubildungen
    • wachsen invasiv und zerstörend
    • bilden in der Regel keine Metastasen

Gutartige und semimaligne Neubildungen lassen sich an ihrer Bezeichnung erkennen. An die lateinische Bezeichnung des Ursprungsgewebes der Neubildung wird "-om" drangehängt, z. B. Adenom (der Tumor besteht aus Drüsengewebe), Chondrom (der Tumor besteht aus Knorpelgewebe), Fibrom (der Tumor besteht aus Bindegewebe), Lipom (der Tumor besteht aus Fettgewebe).
Bösartige Neubildungen haben sehr unterschiedliche Bezeichnungen. Auch sie werden häufig nach dem Ursprungsgewebe benannt und enden auf -karzinom (Mammakarzinom; Mamma = Brust). Aber auch andere Begriffe werden verwendet. So kann das Aussehen der Tumorzellen bei der Namensgebung Berücksichtigung finden. Im Deutschen werden bösartige Neubildungen umgangssprachlich als "Krebs" bezeichnet.

Die Therapie von Neubildungen ist von verschiedenen Faktoren wie Dignität (biologisches Verhalten von Tumoren) bzw. Tumorart, Größe, Wachstumsgeschwindigkeit, Metastasen abhängig. Folgende Therapiemaßnahmen stehen zur Verfügung: Operation, Chemotherapie, Radiatio (Strahlentherapie), Hormontherapie sowie Immunbehandlung. Dazu werden häufig komplementäre Maßnahmen kombiniert, um die Wirksamkeit sowie die Verträglichkeit der Therapien zu unterstützen.

Bösartige Tumoren stellen nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen die zweithäufigste Todesursache dar.

Bösartige (maligne) Neubildungen

Bei den bösartigen Neubildungen werden solide Tumoren von hämatologischen Tumoren unterschieden:

  • Solide Tumoren – feste bzw. harte Tumoren
    • Karzinome – machen den Großteil der Tumorerkrankungen aus
      • entstehen aus Epithelzellen, Schleimhautzellen, Drüsenzellen
    • Sarkome – entstehen aus:
      • Bindegewebszellen → Fibrosarkome
      • Fettzellen → Liposarkome
      • Knochenzellen → Osteosarkome
      • Muskelzellen → Myosarkome
  • Hämatologische Tumoren – gehen aus von Zellbestandteilen des Blutes und der blutbildenden Organe hervor, z. B. Leukämien (Blutkrebs)

Typisches Verhalten bösartiger Neubildungen:

  • wachsen schnell und invasiv, sodass das gesunde Gewebe nach und nach zerstört wird
  • schlecht abgrenzbar zum gesunden Gewebe
  • es handelt sich um unreifes, heterogenes (verschiedenartiges) Gewebe
  • hoher Zellgehalt
  • hohe Mutationsrate sowie hohe Zellteilungsrate
  • Metastasenbildung (Bildung von Tochtergeschwülsten)
  • häufig rezidivierend (wiederkehrend)

Bösartige Neubildungen werden nach ihrer Größe, Ausbreitung und Bösartigkeit (Malignität) eingeteilt. Dafür wird das international geltende, sogenannte TNM-System (tumor, node, metastasis) verwendet:

  • T: steht für Tumorgröße – die Skala reicht von T1 (kleine Tumoren) bis T4 (große Tumoren)
  • N: Lymphknotenbefall – N1 steht für den Befall von Lymphknoten in der nächsten Umgebung des Tumors, N2 und N3 für den Befall weiter entfernt liegender Lymphknoten
  • M: Metastasen (Tochtergeschwülste) – M0 bedeutet, dass keine Metastasen in weiter entfernten Organen gefunden wurden und M1 bedeutet, dass sich im Körper Metastasen gebildet haben

Gutartige (benigne) Neubildungen [s. u. der Kategorie "Gutartige Neubildungen"]

Gutartige Neubildungen beschädigen die umliegenden Zellen nicht. Sie können aber durch ihre Raumforderung auf Gefäße, Nerven oder Organe drücken und dadurch symptomatisch werden und zu Komplikationen führen. Gutartige Tumoren kommen sehr häufig vor. 

Typisches Verhalten gutartiger Neubildungen:

  • wachsen langsam und verdrängend, aber nicht infiltrierend (eindringend)
  • gut abgrenzbar zum gesunden Gewebe
  • es handelt sich um gut differenziertes, homogenes (einheitliches) Gewebe
  • niedriger Zellgehalt
  • wenige bis keine Zellveränderungen, niedrige Zellteilungsrate
  • keine Metastasenbildung
  • symptomarm
  • selten rezidivierend (wiederkehrend)

Einige benigne Tumoren können entarten, das heißt bösartig werden, z. B. Kolonadenome (Dickdarmpolypen).

In-situ-Neubildungen

Als Carcinoma in-situ-Neubildung (in situ = "an Ort und Stelle") wird das Frühstadium eines Tumors bezeichnet, der sich lediglich in seinem Ursprungsgewebe ausgebreitet hat und noch nicht invasiv in das umliegende Gewebe gewachsen ist. Er wächst epithelial, z. B. in der obersten Haut- oder Schleimhautschicht. Dabei ähneln die einzelnen Zellen in ihrer Struktur und Beziehung zueinander denen einer invasiv wachsenden bösartigen Neubildung. Eine Metastasierung (Bildung von Tochtergeschwülsten) erfolgt nicht. Allerdings kann sich die in-situ-Neubildung zu einem lokal invasiven Tumor entwickeln und damit bösartig (maligne) werden. Dann ist auch eine Metastasenbildung (Bildung von Tochtergeschwülsten) möglich.
Beispiele für in-situ-Neubildung sind die Hauterkrankungen Aktinische Keratose und Morbus Bowen.

Neubildungen unsicheren oder unbekannten Verhaltens

Bei einer Neubildung unsicheren oder unbekannten Verhaltens ist eine eindeutige Bestimmung, ob die Neubildung gut- oder bösartig ist, nicht möglich. Es liegen zwar wie bei einer bösartigen Neubildung Zell- und Gewebeveränderungen vor, aber es fehlt das charakteristische invasive Wachstum maligner Tumoren.
Man bezeichnet sie auch als Borderline-Tumoren (Borderline = grenzwertig).

Häufige Neubildungen

  • Bronchialkarziom (Lungenkrebs)
  • Cervixkarzinom (Gebärmutterhalskrebs)
  • Endometriumkarzinom (Gebärmutterkrebs)
  • Hirntumoren
  • Knochentumoren
    • Gutartige Neubildung des Knochens und des Gelenkknorpels: Osteochondrom, Enchondrom
    • Bösartige Neubildung des Knochens und des Gelenkknorpels: Osteosarkom, Chondrosarkom, Ewing-Sarkom
  • Kolonadenom (Kolonpolypen)
  • Kolonkarzinom (Dickdarmkrebs)
  • Leberzellkarzinom (Leberkrebs)
  • Leukämien – akute lympathische Leukämie (ALL), akute myeloische Leukämie (AML), chronische lympathische Leukämie (CLL), chronische myeloische Leukämie (CML)
  • Magenkarzinom (Magenkrebs)
  • Malignes Melanom (schwarzer Hautkrebs)
  • Mammakarzinom (Brustkrebs)
  • Morbus Bowen – In-situ-Plattenepithelkarzinom der Haut und Übergangsschleimhäute
  • Nierenzellkarzinom (Nierenkrebs)
  • Ovarialkarzinom (Eierstockkrebs)
  • Ovarialtumoren – Ovarialzysten und weitere gutartige Neubildungen des Ovars (Eierstock)
  • Prostatakarzinom (Prostatakrebs)

Die wichtigsten Risikofaktoren für Neubildungen

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Ernährung
    • Hohe Aufnahme von gesättigten Fettsäuren tierischen Ursprungs und von der mehrfach ungesättigten Fettsäure Linolsäure (Omega-6-Fettsäure), enthalten in Distel-, Sonnenblumen- und Maiskeimöl
    • Arm an kompexen Kohlenhydraten und Ballaststoffen
    • Hoher Verzehr an rotem Fleisch
    • Zu geringer Fischkonsum
    • Zu geringer Obst- und Gemüseverzehr
    • Nitrat- und nitritreiche Ernährung, wie gepökelte oder geräucherte Speisen
    • Lebensmittel mit Acrylamid und Aflatoxinen
  • Genussmittelkonsum
    • Alkoholkonsum
    • Koffeinkonsum
    • Tabak (Rauchen, Passivrauchen)
  • Bewegungsmangel
  • Psycho-soziale Situation
    • Stress
    • Nachtdienst, Schichtdienst
  • Übergewicht
  • Erhöhter Taillenumfang (Bauchumfang; Apfel-Typ)
  • Schlechte Genitalhygiene
  • Hormonelle Faktoren bei Frauen wie frühe Menarche (erste Regelblutung); späte Menopause
  • Späte erste Gravidität (Schwangerschaft)
  • Kurze Stillzeit
  • Kinderlosigkeit

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Chronisch-entzündliche Darmerkrankung – Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, Zöliakie (gluteninduzierte Enteropathie)
  • Chronische Hepatitis B oder C
  • Chronische Niereninsuffizienz (Nierenschwäche)
  • Diabetes mellitus – Diabetes mellitus Typ 1, Diabetes mellitus Typ 2
  • Hypertonie (Bluthochdruck)
  • Immundefizienz (Immunschwäche)
  • Leberzirrhose (Leberschrumpfung)
  • Metabolisches Syndrom

Medikamente

  • Hormonersatztherapie
  • Immunsuppression

Röntgenstrahlen

  • Strahlentherapie (Radiotherapie, Radiatio)

Umweltbelastung – Intoxikationen (Vergiftungen)

  • Beruflicher Kontakt mit Karzinogenen
  • UV-Strahlung

Bitte beachten Sie, dass die Aufzählung nur einen Auszug der möglichen Risikofaktoren darstellt. Weitere Ursachen finden Sie unter der jeweiligen Krankheit.

Die wichtigsten diagnostischen Maßnahmen für Neubildungen

  • HPV-Test (molekularer Nachweis von HPV-DNA)
  • Pap-Test (Pap-Abstrich; Zellabstrich vom Gebärmuttermund; Abstrich nach Papanicolaou)
  • Tumormarker
  • Histopathologische Untersuchung (feingewebliche Untersuchung) aus dem exzidierten Bereich (Entnahmegebiet)
  • Abdomensonographie (Ultraschalluntersuchung der Bauchorgane)
  • Lymphknotensonographie (Ultraschalluntersuchung der Lymphknoten)
  • Mammasonographie (Ultraschalluntersuchung der Brust; Brustultraschall)
  • Nierensonographie (Nierenultraschall)
  • Transrektale Prostatasonographie (TRUS; Ultraschalldiagnostik von Prostata und Samenbläschen) inklusive Prostatabiopsie (Stanzbiopsie/Gewinnung zum Zweck einer histologischen/feingeweblichen Untersuchung)
  • Transvaginale Sonographie (Ultraschalluntersuchung der Genitalorgane)
  • Kolposkopie (Gebärmutterhalsspiegelung)
  • Röntgenaufnahme der betroffenen Körperregion
  • Mammographie (Röntgenuntersuchung der Brust)
  • Computertomographie (CT; schnittbildgebendes Verfahren (Röntgenaufnahmen aus verschiedenen Richtungen mit rechnerbasierter Auswertung)) der betroffenen Körperregion
  • Magnetresonanztomographie der betroffenen Körperregion (MRT; computergestütztes Schnittbildverfahren (mittels magnetischer Felder, das heißt ohne Röntgenstrahlung))
  • Skelettszintigraphie (nuklearmedizinisches Verfahren, das funktionelle Veränderungen des Skelettsystems darstellen kann, in dem regional (örtlich) pathologisch (Krankhaft) erhöhte bzw. verminderte Knochenumbauprozesse vorliegen)
  • Positronenemissionstomographie (PET; Verfahren der Nuklearmedizin, mit dem die Erstellung von Schnittbildern lebender Organismen durch die Visualisierung der Verteilungsmuster schwach radioaktiver Substanzen ermöglicht wird)
  • Bronchoskopie (Lungenspiegelung) mit Biopsie (Gewebeentnahme)
  • Koloskopie (Darmspiegelung)
  • Laparoskopie (Bauchspiegelung)
  • Rektoskopie (Mastdarmspiegel)
  • Zystoskopie (Harnblasenspiegelung)
  • Knochenmarkspunktion

Welcher Arzt hilft Ihnen?

Bei Neubildungen ist zunächst der Hausarzt, der in der Regel Allgemeinmediziner oder Internist ist, Ansprechpartner. In Abhängigkeit von der Tumorerkrankung wird dieser an den entsprechenden Facharzt bzw. Onkologen/Hämatologen überweisen.

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*Evidence-based Medicine ist die gewissenhafte, wohlüberlegte Anwendung der zurzeit besten wissenschaftlichen Fakten, um Entscheidungen bezüglich der individuellen Behandlung von Patienten zu treffen“ [1].

Literatur

  1. David L Sackett, William M C Rosenberg, J A Muir Gray, R Brian Haynes, W Scott Richardson: Evidence based medicine: what it is and what it isn't. BMJ 1996;312:71 doi: http://dx.doi.org/10.1136/bmj.312.7023.71
     
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