Knochenbruch (Fraktur) – Einleitung

Als Fraktur (lat. frangere, fractum; brechen, zerbrechen) – umgangssprachlich Knochenbruch genannt –  wird die Kontinuitätsunterbrechung eines Knochens unter Bildung von Knochenfragmenten bezeichnet.

Synonyme und ICD-10: Fractura; ICD-10-GM S92: Fraktur des Fußes [ausgenommen oberes Sprunggelenk]; ICD-10-GM S82: Fraktur des Unterschenkels, einschließlich des oberen Sprunggelenkes; ICD-10-GM S72: Fraktur des Femurs; ICD-10-GM S62: Fraktur im Bereich des Handgelenkes und der Hand; ICD-10-GM S52.-: Fraktur des Unterarmes; ICD-10-GM S42.-: Fraktur im Bereich der Schulter und des Oberarmes; ICD-10-GM S32.-: Fraktur der Lendenwirbelsäule und des Beckens; ICD-10-GM S22.-: Fraktur der Rippe(n), des Sternums und der Brustwirbelsäule; ICD-10-GM S12.-: Fraktur im Bereich des Halses; ICD-10-GM S02.-: Fraktur des Schädels und der Gesichtsschädelknochen

Eine Fraktur entsteht durch direkte Gewalteinwirkung bei adäquatem Trauma (z. B. Sturz, Autounfall), bei inadäquatem Trauma (geringe Krafteinwirkung auf vorgeschädigten Knochen, z. B. bei Osteoporose), sowie infolge wiederholter Mikrotraumen im Sinne einer Ermüdungsfraktur (z. B. bei Langstreckenläufern).

Frakturtypen

Frakturen können nach verschiedenen Kriterien klassifiziert werden:

  • Nach der Form des Bruches
    • Querfraktur: Der Bruch verläuft quer zum Längsverlauf des Knochens.
    • Schrägfraktur: Der Bruch verläuft schräg durch den Knochen.
    • Spiralfraktur: Der Bruch verläuft spiralförmig, oft durch eine Rotationskraft verursacht.
    • Trümmerfraktur: Der Knochen ist in mehrere Fragmente zerbrochen.
    • Grünholzfraktur: Teilfraktur bei Kindern, wobei der Knochen verbiegt und nur auf einer Seite bricht.
  • Nach der Lage der Fragmente
    • Dislozierte Fraktur: Die Bruchstücke sind gegeneinander verschoben.
    • Nicht-dislozierte Fraktur: Die Bruchstücke bleiben in ihrer normalen anatomischen Lage.
  • Nach der Beteiligung der Weichteile
    • Geschlossene Fraktur: Die Haut ist intakt.
    • Offene Fraktur: Die Haut ist durchtrennt, und der Knochen ist sichtbar oder hat eine Verbindung zur äußeren Umgebung.
  • Spezielle Frakturtypen
    • Stressfraktur (Ermüdungsfraktur): Entsteht durch wiederholte Belastung und Mikrotraumen.
    • Pathologische Fraktur: Tritt in einem krankhaft veränderten Knochen auf (z. B. bei Tumoren, Osteoporose).

Epidemiologische Daten

Frakturen zählen zu den häufigsten Verletzungen in der Bevölkerung und betreffen Menschen aller Altersgruppen. Die Inzidenz und Prävalenz variieren jedoch je nach Alter, Geschlecht und Aktivitätsniveau der Betroffenen.

  • Inzidenz: In Deutschland erleiden jährlich etwa 2 Millionen Menschen eine Fraktur. Die weltweit häufigste Fraktur ist die distale Radiusfraktur (Handgelenk).
  • Altersverteilung: Die Sturzhäufigkeit und damit das Frakturrisiko nimmt im Alter zu. Ein 70-Jähriger hat ein dreimal höheres Risiko für eine Fraktur als ein 20-Jähriger. Ab dem mittleren Lebensalter nimmt die Knochenmasse ab, was das Risiko für Frakturen erhöht. Bei Kindern und Jugendlichen sind Frakturen ebenfalls häufig, jedoch heilen diese in der Regel schneller und komplikationsloser.
  • Geschlechterverhältnis: Frauen sind aufgrund der postmenopausalen Osteoporose häufiger von Frakturen betroffen als Männer. Männer erleiden häufiger Frakturen durch Hochrasanztraumen (z. B. Sport- oder Verkehrsunfälle).

Pädisponierende Faktoren

Verschiedene Faktoren können das Risiko für das Auftreten von Frakturen erhöhen:

  • Alter: Mit zunehmendem Alter nimmt die Knochenmasse ab, wodurch die Knochen brüchiger werden.
  • Geschlecht: Frauen sind nach der Menopause aufgrund des sinkenden Östrogenspiegels besonders gefährdet.
  • Knochendichte: Eine verminderte Knochendichte (Osteopenie, Osteoporose) erhöht das Risiko für Frakturen.
  • Ernährung: Eine unzureichende Zufuhr von Kalzium und Vitamin D kann die Knochengesundheit beeinträchtigen.
  • Genetische Faktoren: Eine familiäre Häufung von Osteoporose und Frakturen ist häufig zu beobachten.
  • Medikamenteneinnahme: Langzeittherapie mit Kortikosteroiden kann die Knochendichte verringern.
  • Lebensstil: Rauchen, übermäßiger Alkoholkonsum und Bewegungsmangel tragen zur Reduktion der Knochendichte bei.
  • Erkrankungen: Chronische Erkrankungen wie Diabetes mellitus, rheumatoide Arthritis und chronische Niereninsuffizienz (Nierenschwäche) sind Risikofaktoren für Frakturen.

Verlauf und Prognose

Verlauf

Der Verlauf einer Fraktur hängt maßgeblich von der Lokalisation des Bruches, dem Ausmaß der Verletzung sowie dem Allgemeinzustand des Patienten ab. Im Allgemeinen lassen sich Frakturen in unkomplizierte und komplizierte Verläufe einteilen:

  • Unkomplizierter Verlauf
    • Primäre Frakturheilung: Bei gut appositionierten Frakturen und adäquater Stabilisierung heilt der Knochen ohne signifikante Komplikationen. Hierbei werden die Frakturfragmente durch Osteoblasten (knochenbildende Zellen) direkt verbunden, ohne dass ein Kallus (Knochenneubildung) gebildet wird.
    • Sekundäre Frakturheilung: Diese erfolgt über die Bildung eines Kallus. Zunächst bildet sich ein weicher Kallus aus Kollagenfasern, der später mineralisiert und in harten Kallus umgewandelt wird. Diese Art der Heilung tritt häufiger bei Frakturen mit leichtem Versatz der Fragmente auf.
  • Komplizierter Verlauf
    • Verrutschen im Gips: Es kann vorkommen, dass ein Bruch im Gips verrutscht, was eine erneute Reposition und gegebenenfalls eine operative Stabilisierung erforderlich macht.
    • Thromboserisiko: Bei längerer Ruhigstellung im Gips besteht ein erhöhtes Risiko für Thrombosen, weshalb eine Thromboseprophylaxe Standard ist.
    • Infektionsrisiko: Bei offenen Frakturen besteht das Risiko einer Infektion, insbesondere einer Osteomyelitis (Knochenmarkentzündung). Eine sorgfältige Wundversorgung und antibiotische Therapie sind hier essenziell.
    • Nonunion (Pseudarthrose): Eine Fraktur kann in seltenen Fällen nicht richtig verheilen und eine Pseudarthrose bilden, die operative Maßnahmen zur Förderung der Knochenheilung erfordert.

Prognose

Die Prognose einer Fraktur ist im Allgemeinen gut, hängt jedoch von mehreren Faktoren ab:

  • Alter des Patienten: Knochen von Kindern heilen schneller als die von Erwachsenen, da sie elastischer und biegsamer sind. Erwachsene, insbesondere ältere Menschen, haben ein höheres Risiko für verzögerte Heilung und Komplikationen.
  • Lokalisation und Art der Fraktur: Einfachere Frakturen heilen in der Regel schneller und komplikationsloser als komplexe, mehrfragmentäre oder offene Frakturen.
  • Allgemeinzustand und Begleiterkrankungen: Patienten mit guter Allgemeingesundheit und ohne relevante Begleiterkrankungen haben eine bessere Heilungsaussicht. Begleiterkrankungen wie Diabetes mellitus oder Osteoporose (Knochenschwund) können die Heilung verzögern.
  • Therapie und Nachsorge: Eine adäquate und frühzeitige Therapie sowie eine konsequente Nachsorge sind entscheidend für eine gute Prognose. Hierzu gehört auch die frühzeitige Mobilisierung und Physiotherapie, um die Funktion des betroffenen Gliedmaßes wiederherzustellen und Komplikationen zu vermeiden.

Zusammenfassung

In der Regel heilen Knochenbrüche komplikationslos, insbesondere bei adäquater Therapie und guter Nachsorge. Kinder haben aufgrund der Elastizität und Biegsamkeit ihrer Knochen eine schnellere Heilungsrate. Bei Erwachsenen, insbesondere bei älteren Patienten, ist die Heilung langwieriger und das Risiko für Komplikationen höher. Offene Frakturen und Frakturen, die im Gips verrutschen, benötigen eine sorgfältige Behandlung, um Komplikationen wie Osteomyelitis und Thrombosen zu vermeiden.