Mund, Speiseröhre, Magen und Darm

Nachfolgend werden unter "Mund, Speiseröhre, Magen und Darm" Krankheiten beschrieben, die gemäß ICD-10 dieser Kategorie zuzuordnen sind (K00-K14, K20-K31, K35-K38, K40-K46, K50-K52, K55-K64, K65-K67, K90-K93). Der ICD-10 dient der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten sowie verwandter Gesundheitsprobleme (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) und ist weltweit anerkannt.

Mund, Speiseröhre, Magen und Darm

Mund, Speiseröhre, Magen und Darm zählen zum menschlichen Verdauungssystem. Sie dienen der Aufnahme, schrittweisen sowie enzymatischen Aufspaltung (Verkleinerung) und der Weiterleitung der Nahrung bzw. der Nahrungsbestandteile, sodass der Körper diese resorbieren (aufnehmen) und verwerten kann. Dabei werden aus hochmolekularen Verbindungen (Kohlenhydrate, Fette, Proteine) niedermolekulare (Mono- und Disaccharide/Einfach- und Zweifachzucker, Fettsäuren, Aminosäuren). Nicht verwertbare Nahrungsbestandteile werden unverändert ausgeschieden.

Zum menschlichen Verdauungssystem gehören (von oral nach aboral/vom Mund weg):

Oberer Verdauungstrakt

  • Mundhöhle (Cavum oris)
  • Pharynx (Rachen)
  • Ösophagus (Speiseröhre)
  • Magen (Gaster)

Unterer Verdauungstrakt

  • Dünndarm (Intestinum tenue; Gesamtlänge: 5-6 Meter)
    • Duodenum (Zwölffingerdarm) – Einmündung des Gallengangs (Ductus choledochus) und des Pankreasgangs/Bauchspeicheldrüsengangs (Ductus pancreaticus)
    • Jejunum (Leerdarm)
    • Ileum (Krummdarm)
  • Anhängende Drüsen – Pankreas (Bauchspeicheldrüse), Leber, Gallenblase (Vesica biliaris) (s. u. dem gleichnamigen Thema)
  • Dickdarm (Intestinum crassum; Gesamtlänge: 1,5 Meter)
    • Caecum – inkl. Appendix vermiformis (Blinddarm)
    • Kolon (Grimmdarm) – Colon ascendens (aufsteigendes Kolon), C. transversum (querverlaufendes Kolon), C. descendes (absteigendes Kolon), C. sigmoideum (Sigmoid)
    • Rektum (Mastdarm, Enddarm; Länge: 12-15 Zentimeter) 
      • obere Bereich des Mastdarms wird Ampulle (Ampulla recti) genannt; führt über in
        • Analkanal (Canalis analis; Länge 3-4 Zentimeter) – untere Abschnitt des Rektums, der über den After nach außen führt

Anatomie

Mundhöhle
Die Mundhöhle wird begrenzt von den Lippen, Wangen, Mundboden sowie dem Gaumen. Sie ist mit einer Schleimhaut (Mukosa) ausgekleidet, die viele kleine Drüsen, die Speicheldrüsen enthält. Pro Tag werden 1-1,5 Liter Speichel produziert. Die Mukosa des Mundes ist von einer Vielzahl von Mikroorganismen besiedelt. Sie bilden die Mundflora.

Ösophagus (Speiseröhre)
Der Ösophagus ist ein schlauchförmiges Hohlorgan und besteht aus ringförmigen Muskeln. Bei einem Erwachsenen beträgt seine Länge 25-28 cm. Er verbindet den Pharynx (Rachen) mit dem Magen.

Magen
Der Magen ist ein schlauch-/sackförmiges Hohlorgan. Er wird wie folgt eingeteilt:

  • Magenmund (Cardia ventriculi oder Pars cardiaca, eingedeutscht auch Kardia) – Mageneingang; Eingangsbereich des Magens
  • Fundus (Fundus ventriculi; "Magengrund") – gewölbter Magenteil in Form einer Kuppel
  • Korpus (Corpus ventriculi) –  zentral gelegener Magenkörper, der den Hauptteil des Magens ausmacht
  • Endteil des Magens (Pars pylorica ventriculi)
    • Antrum pyloricum – Anfangsabschnitt der Pars pylorica ventriculi (Magenausgang)
    • Magenpförtner (Pylorus) – Schließmuskel, der das saure Milieu des Magens gegen das Duodenum (Zwölffingerdarm) abgrenzt

Die Innenwand des Magens ist von der Magenschleimhaut (Magenmukosa) ausgekleidet. Die Mukosa ist stark gefaltet und mit Drüsenzellen, den Magendrüsen durchsetzt. Man unterscheidet Kardia-, Fundus- und Pylorusdrüsen. Diese wiederum haben unterschiedliche Zelltypen – Nebenzellen, Hauptzellen, Belegzellen – mit unterschiedlichen Funktionen.

Dünndarm
Der Dünndarm hat eine Länge von bis zu sechs Metern. Um die Resorption (Aufnahme) der Nährstoffe zu verbessern, ist die Dünndarmschleimhaut faltig aufgeworfen, wodurch sich die Oberfläche des Dünndarms vergrößert. Die Falten sind bis zu 1 cm hoch (Kerckring-Falten). Charakteristisches Merkmal der Dünndarmschleimhaut sind die Dünndarmzotten (Villi intestinales) – fingerförmige Fortsätze – sowie die tubulären Einsenkungen (Lieberkühn-Krypten).

Dickdarm
Der Dickdarm ist ca. 1,5 m lang. Die Mukosa des Dickdarms besitzt im Gegensatz zum Dünndarm keine Zotten, dafür aber Ausbuchtungen (halbmondförmige Falten), die zu einer Oberflächenvergrößerung führen. Der Dickdarm ist von verschiedenen Bakterienstämmen dicht besiedelt. Sie sind für eine gesunde Darmflora von Bedeutung.
Der untere Abschnitt des Dickdarms ist das Rektum (Enddarm). Er ist ca. 20 cm lang und wird in Mastdarm und Analkanal eingeteilt. Letzterer ist ca. drei bis vier cm lang. Der Dickdarm endet mit dem Anus/After.

Physiologie

Mund
Die Verdauung beginnt im Mund. Zunächst wird die Nahrung durch die Zähne bzw. durch Kauen mechanisch zerkleinert und mit Speichel vermengt, wodurch ein schluckfähiger Brei entsteht. Die Speichelproduktion erfolgt reflektorisch. Reize sind Geruch, Geschmack und Aussehen des Essens. Im Speichel ist u. a. das Enzym Ptyalin, eine α-Amylase, enthalten, das die in der Nahrung enthaltene Stärke (Kohlenhydrat; Polysaccharid/Mehrfachzucker) zu Maltose (Kohlenhydrat; Disaccharid/Zweifachzucker) spaltet. Anschließend befördert die Zunge den Speisebrei in den Pharynx (Rachen) und von dort gelangt er in den Ösophagus (Speiseröhre).

Ösophagus
Durch Zusammenziehen und Entspannen der ringförmigen Muskeln entstehen wellenartige Bewegungen, durch die die Nahrung in den Magen transportiert wird.

Magen
Der Magen übt sowohl sekretorische als auch mechanische Funktionen aus. Im Magen werden Proteine (Eiweiße) enzymatisch aufgespalten. Der Chymus (Speisebrei) wird durch peristaltische (wellenartige) Bewegungen mit dem Magensaft durchmischt, wodurch die in der Nahrung enthaltenen Fette emulgiert werden, was für die weitere Fettverdauung wichtig ist. Die Kohlenhydratverdauung findet im Magen nicht weiter statt, da durch das saure Milieu die erforderlichen Enzyme deaktiviert sind.

Die Belegzellen der Magenmukosa produzieren Salzsäure und den sogenannten Intrinsic-Faktor, der für die Vitamin B12-Resorption im Dünndarm wichtig ist.
Die Nebenzellen produzieren permanent einen hydrogencarbonatreichen Schleim, der die Magenmukosa vor der aggressiven Magensäure schützt, indem er eine Pufferfunktion zur Neutralisation der Magensäure ausübt. Des Weiteren sind die Nebenzellen an der Aufspaltung der Fette beteiligt.
Die Hauptzellen produzieren ein Verdauungsenzym (Pepsinogen). Dieses wird durch die Salzsäure zu Pepsin aktiviert und spaltet Proteine des Chymus (Speisebrei) in kleinere Peptide.

Dünndarm
Vom Magen gelangt der Chymus in das Duodenum (Zwölffingerdarm). Die Magensäure wird durch Hydrogencarbonat-Puffer neutralisiert. Es kommen Verdauungsenzyme aus Leber, Galle und Pankreas (Bauchspeicheldrüse) hinzu, die für den weiteren Abbau der Nährstoffe sorgen. Im Dünndarm erfolgt über die Dünndarmzotten die Resorption (Aufnahme) der Nährstoffbausteine ins Blut.

Dickdarm
Im Dickdarm wird dem Speisebrei das Wasser entzogen (Eindickung). Zudem wird ein Großteil der Ballaststoffe, der durch die Enzyme im Dünndarm nicht zerlegt werden konnte, durch Mikroorganismen fermentiert und in kurzkettige Fettsäuren wie Acetat (Essigsäure), Butyrat (Buttersäure), Propionsäure und Gase umgewandelt. Dadurch wird es für den Körper aufnahmefähig und verwertbar gemacht. Der Teil der Ballaststoffe, der nicht fermentiert wird, wird unverändert durch das Rektum (Mastdarm) als Kot ausgeschieden.

Häufige Erkrankungen des Verdauungssystems

Es wird davon ausgegangen, dass rund 70 % aller Menschen Darmprobleme haben.

Zu den häufigsten Erkrankungen von Mund, Speiseröhre, Magen und Darm zählen:

  • Abdominalschmerzen (Bauchschmerzen)
  • Appendicitis (Blinddarmentzündung)
  • Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED)
    • Colitis ulcerosa – Erkrankung der Schleimhaut des Dickdarms oder des Mastdarms
    • Morbus Crohn – verläuft meist in Schüben und kann den gesamten Verdauungstrakt befallen; charakterisierend ist der segmentale Befall der Darmmukosa (Darmschleimhaut), das heißt es können mehrere Darmabschnitte befallen sein, die durch gesunde Abschnitte voneinander getrennt sind
  • Diarrhoe (Durchfall)
  • Divertikelkrankheit – Entzündung der Wand des Divertikels (Ausstülpung von Wandteilen des Kolons/Dickdarms)
  • Dysbiose – Gleichgewichtsstörung der Darmflora
  • Emesis (Erbrechen)
  • Funktionelle Dyspepsie (Reizmagen)
  • Gastritis (Magenschleimhautentzündung)
  • Gastroösophageale Refluxkrankheit – Rückfluss von saurem Magensaft und anderen Mageninhalten in den Ösophagus
  • Gingivitis (Zahnfleischentzündung)    
  • Hämorrhoiden
  • Kolonkarzinom (Dickdarmkrebs) – gehört zu den häufigsten Krebserkrankungen in Deutschland; jährlich erkranken etwa 50.000 Menschen neu an Darmkrebs
  • Nausea (Übelkeit)
  • Obstipation (Verstopfung)
  • Pulpitis (Zahnnervenentzündung)
  • Pyrosis (Sodbrennen)
  • Sialadenitis (Speicheldrüsenentzündung)    
  • Sialolithiasis (Speichelsteinleiden)    
  • Ulcus duodeni (Zwölffingerdarmgeschwür)
  • Ulcus ventriculi (Magengeschwür)
  • Zöliakie – chronische Erkrankung der Dünndarmmukosa (Dünndarmschleimhaut), die auf einer Überempfindlichkeit gegen das Getreideeiweiß Gluten beruht

Die wichtigsten Risikofaktoren für Erkrankungen von Mund, Speiseröhre, Magen und Darm

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Ernährung
    • ballaststoffarm, fettreich (gesättigte Fettsäuren und Trans-Fettsäuren), hoher Fleischkonsum, Mikronährstoffmangel
  • Genussmittelkonsum
    • Alkoholkonsum
    • hoher Kaffeekonsum
    • Tabakkonsum
  • Bewegungsmangel
  • Psycho-soziale Situation
    • Stress
  • Übergewicht

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Chronische Niereninsuffizienz (Nierenschwäche)
  • Chronische Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung)
  • Helicobacter pylori-Infektion
  • Leberzirrhose (Leberschrumpfung)
  • Morbus Crohn – chronisch entzündliche Darmerkrankung
  • Nephrolithiasis (Nierensteine)

Medikamente

  • Dauermedikation – z. B. Cortison, NSAIDs (nichtsteroidale Antiphlogistika)
  • Zytostatika (Wirkstoffe in der Onkologie (Krebstherapie))

Röntgenstrahlen

  • Radiatio (Strahlentherapie)

Bitte beachten Sie, dass die Aufzählung nur einen Auszug der möglichen Risikofaktoren darstellt. Weitere Ursachen finden Sie unter der jeweiligen Krankheit.

Die wichtigsten diagnostischen Maßnahmen für Erkrankungen von Mund, Speiseröhre, Magen und Darm

  • Darmkrebsvorsorge
  • Darmflora-Analyse
  • Abdomensonographie (Ultraschalluntersuchung der Bauchorgane)
  • Gastroskopie (Magenspieglung)
  • Koloskopie (Darmspiegelung)

Welcher Arzt hilft Ihnen?

Bei Erkrankungen von Mund, Speiseröhre, Magen und Darm ist zunächst der Hausarzt, der in der Regel Allgemeinmediziner oder Internist ist, Ansprechpartner. In Abhängigkeit von der Erkrankung bzw. der Schwere wird eine Vorstellung bei einem Facharzt, in diesem Fall dem Gastroenterologen, erforderlich.

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*Evidence-based Medicine ist die gewissenhafte, wohlüberlegte Anwendung der zurzeit besten wissenschaftlichen Fakten, um Entscheidungen bezüglich der individuellen Behandlung von Patienten zu treffen“ [1].

Literatur

  1. David L Sackett, William M C Rosenberg, J A Muir Gray, R Brian Haynes, W Scott Richardson: Evidence based medicine: what it is and what it isn't. BMJ 1996;312:71 doi: http://dx.doi.org/10.1136/bmj.312.7023.71
     
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