Blinddarmentzündung (Appendicitis) – Einleitung

Appendicitis ist eine akute Entzündung des Wurmfortsatzes (Appendix vermiformis) des Blinddarms, die umgangssprachlich häufig, jedoch fälschlicherweise, als Blinddarmentzündung bezeichnet wird. Eine tatsächliche Entzündung des Blinddarms wird als Typhlitis bezeichnet. Die Appendicitis ist die häufigste Ursache eines akuten Abdomens, eines lebensbedrohlichen Zustands, der in der Regel eine notfallmäßige operative Entfernung des entzündeten Wurmfortsatzes (Appendektomie) erfordert, allerdings gibt es zunehmend Fälle, in denen eine konservative Therapie in Erwägung gezogen wird.

Synonyme und ICD-10: ICD-10-GM K35.-: Akute Appendicitis

Die Appendicitis ist die häufigste Ursache eines akuten Abdomens, das einen lebensbedrohlichen Zustand darstellt. Sie macht im Regelfall einen notfallmäßigen operativen Eingriff erforderlich.

Charakteristische Laborbefunde

  • Leukozytose: Erhöhte Anzahl weißer Blutkörperchen (Leukozyten) >10.000/µl.
  • CRP-Erhöhung: C-reaktives Protein (CRP) ist häufig erhöht, besonders bei komplizierter Appendicitis.
  • Linksverschiebung: Zunahme unreifer neutrophiler Granulozyten im Differentialblutbild.

Formen der Appendicitis

Die Appendicitis kann sich in verschiedenen Formen präsentieren:

  • Unkomplizierte Appendicitis: Diese Form umfasst eine lokale Entzündung der Appendix ohne Komplikationen wie Perforation (Durchburch) oder Abszessbildung.
  • Komplizierte Appendicitis: Diese Form ist durch das Auftreten einer oder mehrerer Komplikationen gekennzeichnet:
    • Perforierte Appendicitis: Durchbruch der entzündeten Appendix in die Bauchhöhle.
    • Appendixabszess: Lokale Eiteransammlung um die perforierte Appendix.
    • Peritonitis: Entzündung des Bauchfells, die lokalisiert oder generalisiert auftreten kann.
    • Appendixphlegmone: Diffuse, nicht abgekapselte Entzündung des umliegenden Gewebes.

Ursachen

Die genaue Ursache einer Appendicitis ist häufig nicht eindeutig, doch mehrere Mechanismen spielen eine Rolle:

  • Obstruktion: Eine Blockade des Appendixlumens, z. B. durch Fäkalsteine, Fremdkörper, Parasiten oder Lymphfollikelhyperplasie.
  • Infektionen: Bakterielle Infektionen, die zur Entzündung und Schwellung der Appendix führen.
  • Durchblutungsstörungen: Eine verminderte Durchblutung kann zur Schädigung und Entzündung des Gewebes führen.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen.

Häufigkeitsgipfel:
 Hauptsächlich betroffen sind Kinder und Jugendliche sowie Personen im 2. und 3. Lebensjahrzehnt. Der Altersgipfel liegt zwischen dem 10. und 19. Lebensjahr.

Prävalenz
(Krankheitshäufigkeit): Die Lebenszeitprävalenz der Appendicitis liegt bei etwa 7-8 % in Deutschland.

Inzidenz
(Häufigkeit von Neuerkrankungen): Jährlich treten etwa 100 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner in Deutschland auf.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Die Appendicitis kann entweder einen leichten, unkomplizierten Verlauf nehmen oder sich zu einer schweren, komplizierten Entzündung entwickeln.
  • Unkomplizierte Verlaufsform: In dieser Form bleibt die Entzündung lokalisiert und es kommt nicht zu einer Perforation oder Abszessbildung.
  • Komplizierte Verlaufsform: Bei etwa 20 % der Fälle kommt es zu Komplikationen wie einer Perforation, Abszessbildung oder einer generalisierten Peritonitis.

Prognose

  • Unkomplizierte Appendicitis: Die Letalität (Sterblichkeit) liegt bei weniger als 0,001 %. Eine rechtzeitige chirurgische Intervention führt in der Regel zu einer vollständigen Genesung.
  • Komplizierte Appendicitis: Die Letalität bei einer Perforation (Durchbruch) liegt bei etwa 1 %. Auch hier ist die rechtzeitige chirurgische Therapie entscheidend für den Behandlungserfolg.
  • Langzeitprognose: Nach einer erfolgreichen Appendektomie bestehen in der Regel keine langfristigen gesundheitlichen Einschränkungen.

Konservative Therapie

  • Antibiotikatherapie: In bestimmten Fällen, insbesondere bei Patienten mit einer unkomplizierten Appendicitis, kann eine alleinige Antibiotikatherapie als alternative Behandlungsoption erwogen werden.
  • Vorteile: Eine konservative Therapie kann Komplikationen einer Operation vermeiden und ist besonders bei Patienten mit hohem Operationsrisiko eine Option.
  • Limitationen
    • Rezidivrisiko: Es besteht ein erhöhtes Risiko für ein Rezidiv der Appendicitis (Wiederauftreten einer Appendizitis), da die zugrunde liegende Ursache der Obstruktion (Verschluss) nicht behoben wird.
    • Therapieversagen: In einigen Fällen kann die Antibiotikatherapie nicht ausreichend sein, was eine nachträgliche Appendektomie erforderlich macht.
    • Langzeitfolgen: Die langfristige Wirksamkeit und Sicherheit der konservativen Therapie im Vergleich zur operativen Therapie sind noch nicht abschließend geklärt.

Literatur

  1. Slotta JE, Kopsch U, Ghadimi M, Kollmar O: Management der akuten Appendicitis. Evidenz für eine zeitnahe chirurgische Therapie? Chirurg 2017;88:503-511