Einleitung
Parodontitis

Die Parodontitis (Synonyme: Alveolarpyorrhoe; Parodontitis apicales; Parodontopathien; Parodontose; Peridentale Infektion; Pyorrhea alveolaris; ICD-10-GM K05.2: Akute Parodontitis; engl. Periodontitis; ICD-10-GM K05.3: Chronische Parodontitis) gehört zu den Parodontopathien (Erkrankungen des Zahnhalteapparates).

Der Zahnhalteapparat oder das Zahnbett sind ein kompliziert aufgebauter Halteapparat, zu dem u. a. das Zahnzement, verschiedene Arten von Zahnfleisch, Bänder, Blutgefäße und Kieferknochen zählen. Bei der Parodontitis handelt es sich um eine infektiöse Erkrankung, welche zu einem entzündlichen Abbau des Parodonts (Zahnhalteapparat) führt. Nach Karies stellt die Parodontitis die häufigste Erkrankung der Mundhöhle dar.

Es werden zwei Formen der Parodontitis unterschieden:

  • apikale Parodontitis – von der Wurzelspitze ausgehend; meist durch eine Infektion der Pulpa (Weichgewebekern eines Zahnes, welcher aus gut vaskularisiertem und innerviertem Bindegewebe besteht; umgangssprachlich Zahnnerv) 
  • marginale Parodontitis – vom Zahnfleischsaum ausgehend

Je nach Ausmaß der Erkrankung liegt eine lokalisierte oder eine generalisierte, akute oder chronische Parodontitis vor. Bei der generalisierten Form sind mehr, bei der lokalisierten Form weniger als 30 % der Zahnflächen befallen.
Die aggressive Parodontitis stellt den Oberbegriff für Formen der Parodontitis dar, die früher als "früh beginnende Parodontitis", "Parodontitis marginalis profunda" oder "rasch progrediente Parodontitis" bezeichnet wurden. 

Des Weiteren kann Parodontitis als Manifestation systemischer Erkrankungen auftreten.

Nicht alle Patienten sprechen auf eine Therapie an, da oftmals eine genetische Prädisposition (genetisch bedingte Anfälligkeit) für diese Erkrankung eine Ursachenkomponente darstellt. Man spricht in diesem Fall von einer therapierefraktären Parodontitis.

Geschlechterverhältnis: Vor der Pubertät haben Mädchen oft häufiger parodontale Erkrankungen, wohingegen nach der Pubertät bis hin ins hohe Alter eher männliche Individuen an Parodontitis leiden.

Häufigkeitsgipfel: Die Erkrankung kommt vorwiegend zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr vor.
Bereits bei Kindern und Jugendlichen werden Gingivitiden (entzündliche Zahnfleischerkrankungen) beobachtet, die unbehandelt in eine Parodontitis übergehen können.
Bei Jugendlichen sind weniger als 5 % betroffen. Eine Parodontitis vor Eintritt in die Pubertät ist extrem selten und weist auf eine genetische Ursache hin.

Auch Schwangere haben durch die hormonellen Veränderungen ein erhöhtes Risiko für Gingivitiden und damit für Parodontitis.

Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) liegt im Erwachsenenalter bei über 80 % (in Deutschland). Die Prävalenz der aggressiven Parodontitis beträgt ca. 1 % der Bevölkerung.
Laut der aktuellen Global Burden of Disease Study ist die schwere Parodontitis die sechsthäufigste Erkrankung mit einer Prävalenz von 11,2 % [5].
Normalerweise zeigen Kinder vor dem Eintritt in die Pubertät aber keine parodontalen Attachmentverluste (Prävalenz von nur 0,06-0,35 %).

Etwa 80-92 % der berufstätigen Erwachsenen zwischen 35 und 64 Jahren weisen an 20-47 % der Zahnflächen Attachmentverluste von über 1 mm auf. Mehr als 2 mm treten bei 77 % der Erwachsenen auf, 45 % haben Verluste von über 3 mm und 14 % von mehr als 5 mm.

Taschensondierungsstiefen von über 3 mm findet man bereits bei 18-22 % der Berufstätigen zwischen 35 und 64 Jahren an 11-13 % der Zahnflächen. 14 % weisen Tiefen von mehr als 3 mm auf, 4 % von über 4 mm und 2 % von mehr als 5 mm.

Sowohl die Prävalenz als auch der Schweregrad der Parodontitis steigen mit zunehmendem Alter, was auf jahrelange falsche Mundhygiene zurückzuführen ist. Auch in hohem Alter kann das Parodont noch gesund sein, wenn es richtig gepflegt wurde.

In Deutschland findet man bei 40-45 % der Erwachsenen eine Taschensondierungstiefe von 4-5 mm und bei 15-19 % sogar eine Tiefe von über 5 mm.

Verlauf und Prognose: Die Parodontitis verläuft in der Mehrheit der Fälle chronisch und schubweise. Die Erkrankung wird meist von dem Betroffenen nicht bemerkt, da sie nur selten schmerzhaft ist. Nach Jahren kommt es dann zur Lockerung der Zähne.

Wird die Parodontitis frühzeitig erkannt und therapiert, kann sie gestoppt werden. Sowohl nichtchirurgische als auch chirurgische Therapieverfahren der Parodontitis sind sehr effektiv. Zumeist kann eine Parodontitis erfolgreich nichtchirurgisch therapiert werden. Nur in seltenen Fällen sind zusätzliche Therapieverfahren erforderlich.

Unbehandelt führt die Parodontitis zum Zahnverlust. Trotz konsequenter Therapie und Erhaltungsmaßnahmen kommt es bei 10 % der Patienten zu erhöhten Attachmentverlusten. Von dieser refraktären Form der Parodontitis sind meistens Molaren (Backenzähne) betroffen.
Die Parodontitis ist ein Risikofaktor für allgemeinmedizinische Erkrankungen. So führt sie unter anderem zu einem erhöhten Risiko für einen Myokardinfarkt (Herzinfarkt). Auch sind Abszesse (umkapselte Eiteransammlung) und Schädigungen der inneren Organe möglich. Bestehende Erkrankungen wie z. B. ein Diabetes mellitus können eine Parodontitis begünstigen, werden aber auch ihrerseits negativ durch eine Parodontalerkrankung beeinflusst. Ebenso stellt die Parodontitis einen nicht geringen Risikofaktor für den Verlauf eine Schwangerschaft dar (Erhöhung des Abortrisikos/Fehlgeburtsrisikos).

Die Parodontitis kann rezidivierend (wiederkehrend) auftreten.  

Komorbiditäten (Begleiterkrankungen): Zahlreiche Erkrankungen sind mit Parodontitis assoziiert: chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) assoziiert (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa) [2], Osteoporose [1] und neurodegenerative Erkrankungen (Morbus Alzheimer, Morbus Parkinson) [3, 4].
Des Weiteren stehen Parodontitis und Diabetes mellitus in einer bidirektionalen Beziehung zueinander und beeinflussen sich einander negativ.

Literatur

  1. Wang CJ, McCauley LK: Osteoporosis and periodontitis. Curr Osteoporos Rep 2016 Dec;14(6):284-291.
  2. Papageorgiou SN, Hagner M, Nogueira AV et al.: Inflammatory bowel disease and oral health: systematic review and a meta-analysis. J Clin Periodontol  2017 Apr;44(4):382-393. doi: 10.1111/jcpe.12698. Epub 2017 Mar 6.
  3. Garcia RI, Nunn ME, Vokonas PS: Epidemiologic associations between periodontal disease and chronic obstructive pulmonary disease. Ann Periodontol 2001 Dec;6(1):71-7.
  4. Leira Y, Domínguez C, Seoane J et al.: Is periodontal disease associated with Alzheimer‘s disease? A systematic review with meta-analysis. Neuroepidemiology 2017;48(1-2):21-31. doi: 10.1159/000458411. Epub 2017 Feb 21.
  5. Global Burden of Disease 2016: Lancet: September 16, 2017

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Die Behandlung von Parodontitis Stadium I bis III - Die deutsche Implementierung der S3-Leitlinie „Treatment of Stage I–III Periodontitis“ der European Federation of Periodontology (EFP). (AWMF-Registernummer: 083 - 043), Dezember 2020 Langfassung
     
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