Einleitung
Brustschmerzen (Thoraxschmerz)

Der Begriff Thoraxschmerz – umgangssprachlich Brustschmerzen genannt – (Synonyme: Thoraxschmerzen; Brustkorbschmerzen; Thorakale Schmerzen; Thorakales Schmerzsyndrom; Thorakalgie; Thorakodynie; Thoraxbeschwerden; Uncharakteristische Brustschmerzen; ICD-10-GM R07.4: Brustschmerzen, nicht näher bezeichnet) bezeichnet Schmerzen im Bereich des Thorax' (Brustkorbs). Die Schmerzen treten überwiegend linksseitig auf, können aber auch zur gegenüberliegenden Thoraxseite sowie in den linken Arm und/oder in die linke Halsseite bis zum Kiefer ausstrahlen. Ebenso ist eine Ausstrahlung in Bauch und/oder Rücken möglich.

Auch die US-amerikanische Leitlinie weist darauf hin, dass der Begriff Brustschmerz nicht zu eng gefasst werden sollte. Angina pectoris-ähnliche Beschwerden wie ein Gefühl von Druck, Enge oder andere Missempfindungen in Brust, Schulter-Arm-Region, Nacken, Hals-Unterkiefer-Region, Rücken oder Oberbauch sowie Kurzatmigkeit und Müdigkeit sollten ebenfalls mit berücksichtigt werden.

Thoraxschmerzen zählen zu den häufigsten gesundheitlichen Symptomen und zu den regelmäßigen Beratungsanlässen in einer Hausarztpraxis. Sie können als chronischer oder als akuter Thoraxschmerz auftreten.

Thoraxschmerzen werden häufig nach der Ursache eingeteilt:

  • Kardiale Ursache (8,5-16 (-30) %) – die Ursache liegt im Bereich des Herzens
  • Nicht-kardiale Ursache – beteiligt sind vor allem Lunge, Ösophagus (Speiseröhre) und Muskel- und Skelettsystem – letzteres stellt die häufigste Ursache von Thoraxschmerzen dar

Es werden fünf Ursachen des Thoraxschmerzes als "dramatisch" beschrieben: 

  1. Akutes Koronarsyndrom (AKS bzw. ACS, acute coronary syndrome; Spektrum von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, das von der instabilen Angina pectoris (iAP; engl unstable angina, UA; “Brustenge“/Herzschmerzen mit inkonstanter Symptomatik; 18 %) bis zu den beiden Hauptformen des Myokardinfarkts (Herzinfarkt), dem Nicht-ST-Hebungsinfarkt (NSTEMI; 8 %) und dem ST-Hebungsinfarkt (STEMI; 8 %), reicht) 
  2. Aortendissektion (Synonym: Aneurysma dissecans aortae; akute Aufspaltung (Dissektion) der Wandschichten der Aorta (Hauptschlagader)) bzw. akutes Aortensyndrom (klassische Aortendissektion; intramurales Hämatom; penetrierendes atherosklerotisches Ulkus; symptomatisches Aortenaneurysma) (0,3 %)
  3. Boerhaave-Syndrom (spontane Ösophagusruptur/Speiseröhrenriss durch Erbrechen)
  4. Lungenembolie (Lungenarterienembolie; Verschluss einer Lungenarterie durch einen Thrombus (Blutgerinnsel)) (2 %) 
  5. Spannungspneumothorax (es sammelt sich so viel Luft neben der Lunge an, dass ein gefährlicher Überdruck entsteht)

Man bezeichnet sie auch als "big five" (die "großen Fünf").

Im hausärztlichen Bereich ist die Ursache der Thoraxschmerzen meist im Bereich der muskuloskettalen Erkrankungen (rund 49 %) zu finden. Danach folgen kardiovaskuläre (ca. 16 %) und psychogene (ca. 11 %) Störungen sowie andere. In der notärztlichen Versorgung stellen kardiovaskuläre Erkrankungen mit 60 % die Hauptursache für Thoraxschmerzen dar.

Ca. 3 - 6 % aller Notfallpatienten stellen sich mit dem Leitsymptom "Thoraxschmerzen" (chest pain) vor.

Thoraxschmerzen können Symptom vieler Erkrankungen sein (siehe unter "Differentialdiagnosen").

Geschlechterverhältnis: Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen.

Häufigkeitsgipfel: Das Symptom tritt vorwiegend im mittleren Lebensalter auf, das heißt um 59 Jahre herum (35-93 Jahre, Patienten unter 35 Jahre wurden ausgeschlossen).
Beachte: Auch Kinder leiden unter Thoraxschmerzen. So gaben 6,1 % der Jungen und 7,9 % der Mädchen im Alter zwischen 3 und 17 Jahren an, schon einmal Schmerzen im Brustkorb gehabt zu haben [1]. 

Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) liegt bei 0,7 % (in Deutschland).

Thoraxschmerzen machen rund 1,5 % aller neuen Arzt-Patienten-Kontakte in der Primärversorgung (gesundheitliche Grundversorgung) aus.

Verlauf und Prognose: Thoraxschmerzen können akut auftreten – hierbei handelt es sich um einen Notfall – oder chronisch vorliegen. Die Entscheidung zur stationären Überwachung und weiterführenden Diagnostik ist abhängig von dem Vorhandensein der Zeichen einer vitalen Bedrohung sowie der Verdachtsdiagnose und den möglichen verfügbaren diagnostischen Verfahren. 
Im Rahmen der weiteren Abklärung muss bei bestätigtem Verdacht eines akuten Koronarsyndroms (ACS) die Einweisung in ein geeignetes Krankenhaus mit angeschlossener Chest Pain Unit (CPU) erfolgen. Dabei muss auf dem Weg zur Notaufnahme eine lückenlose Überwachung gewährleistet sein. 
Die Prognose der Thoraxschmerzen ist abhängig von der zugrunde liegenden Erkrankung, wobei sie am günstigsten ausfällt, wenn die Ursache im Muskel- und Skelettsystem liegt.

Beachte:
 Bei Patienten, die mit der Diagnose „unklarer Brustschmerz“ aus einer Klinik entlassen worden waren, wurde bei ca. 30 % der Patienten bei einer kardiologischen Untersuchung innerhalb von 180 Tagen nach der Krankenhausentlassung eine kardiovaskuläre Erkrankung nachgewiesen. Innerhalb eines Jahres kam es bei den Männern der Altersgruppe unter 65 infolge einer kardiovaskulären Erkrankung um 53 % häufiger als die Allgemeinbevölkerung durch kardiale und nicht kardiale Erkrankungen zu Tode. Bei Frauen der gleichen Altersgruppe war die Gesamtsterberate um 45 % erhöht, dagegen fiel die Sterblichkeit durch kardiovaskuläre Erkrankungen niedriger aus als erwartet (-23 %) [2].

Literatur

  1. Du Y, Knopf H, Zhuang W, Ellert U: Pain percieved in a national community sample of German children and adolescents. Eur J Pain 2011; 15 (6): 649-57
  2. Egeland GM et al.: Hospitalised patients with unexplained chest pain: incidence and prognosis J Itern Med. 19 July 2019 https://doi.org/10.1111/joim.12948

Leitlinien

  1. DEGAM-Leitlinie: Brustschmerz. DEGAM-Leitlinie Nr. 15. Januar 2011. Kurzfassung Langfassung
  2. S2k-Leitlinie: Thoraxschmerzen im Kindes- und Jugendalter. (AWMF-Registernummer: 023-003), April 2020 Langfassung
  3. Gulati M et al.: 2021 AHA/ACC/ASE/CHEST/SAEM/SCCT/SCMR Guideline for the Evaluation and Diagnosis of Chest Pain: A Report of the American College of Cardiology/American Heart Association Joint Committee on Clinical Practice Guidelines. Journal of the American College of Cardiology Okober 2021. doi.org/10.1016/j.jacc.2021.07.053

     
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