Einleitung
Lungenembolie

Bei der Lungenembolie (LE) (Synonyme: Arterielle Lungenembolie; Embolische Pneumonie; Embolischer Lungeninfarkt; Fulminante Lungenembolie; Hämorrhagischer Lungeninfarkt; Infarkt der Lunge; Lungenarterienembolie (LAE); Lungenembolie; Lungeninfarkt; Lungenthrombembolie; Lungenthrombose; Massive Lungenembolie; Nichtmassive Lungenembolie; Postoperative Lungenembolie; Pulmonalarterienembolie; Pulmonalarterienthrombembolie; Pulmonalarterienthromboembolie; Pulmonale Embolie; Pulmonalembolie; Pulmonaler Infarkt; Pulmonale Thromboembolie; Pulmonalthrombose; Pulmonalvenenthromboembolie; Pulmonale Embolie; Thrombose der Arteria pulmonalis; Thrombotischer Lungeninfarkt; venösen Thromboembolie (VTE); ICD-10-GM I26.-: Lungenembolie) handelt es sich um eine mechanische Obstruktion ("Verstopfung oder Verengung") einer oder mehrerer Pulmonalarterienäste (Lungenarterieäste), die vor allem durch eine Becken-Bein-Thrombose (ca. 90 % der Fälle) seltener durch einen Thrombus (Blutgerinnsel) aus den oberen Extremitäten bedingt ist. 

Im Zusammenhang mit der tiefen Bein- und Beckenvenenthrombose (tiefe Venenthrombose, (TVT); "deep vein thrombosis", DVT) wird auch der Begriff der venösen Thromboembolie (VTE) benutzt. Des Weiteren kann eine Embolie auch aus Gewebeteilen, Luft, Fett oder Fremdkörpern entstehen.

Man kann vier Schweregrade einer Lungenembolie unterscheiden:

  1. Hämodynamisch stabil ohne Rechtsherzfehlfunktion
  2. Hämodynamisch stabil mit Rechtsherzfehlfunktion
  3. Mit Schocksymptomatik
  4. Reanimationspflicht

Akute Lungenembolie mit hämodynamischer Instabilität (Zustand, in dem der Kreislauf in einem klinisch relevanten Ausmaß beeinträchtigt ist) und ihre klinischen Manifestationen:

  • Herzstillstand
  • Obstruktiver Schock – systolischer Blutdruck < 90 mmHg oder wenn Vasopressoren (Medikamente, die den Blutdruck heben bzw. stützen) erforderlich sind, um ihn über 90 mmHg zu halten. Auftreten desselben, obwohl kein Volumenmangel vorliegt und gleichzeitig Zeichen einer Hypoperfusion (Minderdurchblutung) der Organe erkennbar sind. Dieses geht einher mit verminderter Vigilanz (Aufmerksamkeit), kalter feuchter Haut, erhöhter Laktatkonzentration und Oligurie (verminderte Urinmenge mit einer Tageshöchstmenge von 500 m)/Anurie (fehlende Urinausscheidung; maximal 100 ml/24 h).
  • Persistierende Hypotension – systolischer Blutdruck < 90 mmHg oder Abfall des systolischen Blutdrucks um ≥ 40 mmHg, Dauer > 15 min und nicht bedingt durch Arrhythmie (Herzrhythmusstörungen), Hypovolämie (Verminderung der im Kreislauf zirkulierenden Blutmenge) oder Sepsis (Blutvergiftung).

Die Lungenembolie ist die dritthäufigste kardiovaskuläre Todesursache mit einer hohen Dunkelziffer. Häufig tritt sie bei immobilisierten Personen auf.
Des Weiteren ist bei Frauen im gebärfähigen Alter der Anteil der tödlichen Lungenembolien an allen Todesfällen relativ hoch.

Häufigkeitsgipfel: Das Maximum des Auftretens der Lungenembolie liegt zwischen dem 60. und 70. Lebensjahr.
Für gefäßchirurgische Patienten liegt der Häufigkeitsgipfel der perioperativen (beschreibt den Zeitraum vor, während und nach der Operation) Lungenembolie am 3. postoperativen
(nach der Operation) Tag und in der Allgemeinchirurgie am 9. postoperativen Tag.

Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) der Lungenembolie für alle stationären Patienten liegt bei 1-2 % (in Deutschland). Die tiefe Beinvenenthrombose (TBVT) ist ca. dreimal häufiger als die Thromboembolie.

Die Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen) der Lungenembolie beträgt ca. 60-70-115 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr (in Deutschland).
Die Inzidenz der ambulant erworbenen Lungenembolie bei Erwachsenen liegt bei etwa 28 pro 100.000 Einwohner und bei Kindern bei bis zu 4,9 pro 100.000 Einwohner. Bei hospitalisierten Patienten wird von einer Inzidenz von bis zu 57 pro 100.000 ausgegangen [1, 2].
Die Inzidenz einer fulminanten (schwere Verlaufsform) Lungenembolie beträgt 1 pro 100.000 Einwohner pro Jahr.
Bei 10-15 % der Verstorbenen kann eine Lungenembolie autoptisch (mittels einer Autopsie) festgestellt werden.  

Verlauf und Prognose: Der weitere Verlauf ist unter anderem abhängig vom Schweregrad der Lungenembolie, vom Alter des Patienten, von Vorerkrankungen und davon, ob sich der Thrombus wieder auflöst (Restitutio ad integrum) oder das Gefäß verschlossen bleibt (Lungeninfarkt). Die Lungenembolie tritt häufig rezidivierend (wiederkehrend) auf und ist dann mit einer höheren Mortalität (Anzahl der Todesfälle in einem bestimmten Zeitraum, bezogen auf die Anzahl der betreffenden Population) belastet.

Die Rezidivrate liegt bei 30 %. Das Männer ein höheres Rezidivrisiko als Frauen haben, kann durch eine prospektive Multicenterstudie aus Frankreich nicht bestätigt werden. Gemäß dieser Studie erwiesen sich als unabhängige Prädiktoren für ein Rezidiv nur eine venöse Thromboembolie ohne erkennbaren Trigger und eine einschlägige familiäre Vorbelastung. Frauen mit hormonbedingter VTE haben ein geringes Rezidivrisiko [3].

Infolge der Erkrankung können Belastungseinschränkungen und psychologischen Auswirkungen bis hin zur Entwicklung einer chronisch thromboembolischen pulmonalen Hypertonie (CTEPH; engl. chronic thromboembolic pulmonary hypertension/Lungenhochdruck) auftreten. Letzteres kann zu einer Obstruktion eines Teils der Lungenstrombahn und damit zum Anstieg des pulmonalvaskulären Widerstands führen.

Die postoperative Letalität (Sterblichkeit bezogen auf die Gesamtzahl der an der Krankheit Erkrankten) beträgt trotz Prophylaxe 0,2-0,5 %.

Beachte: Nach einer venösen Thromboembolie (VTE) sollte ein Tumorscreening erfolgen.

Literatur

  1. Konstantinides S et al.: 2014 ESC Guidelines on the diagnosis and management of acute pulmonary embolism. European Heart Journal 2014; 35: 3033-3080; doi: 10.1093/eurheartj/ehu283
  2. Biss TT, Brandao LR, Kahr WH, Chan AK, Williams S: Clinical features and outcome of pulmonary embolism in children. Br J Haematol 2008 Sep;142(5):808-18. doi: 10.1111/j.1365-2141.2008.07243.x.
  3. de Moreuil C et al.: Long-term recurrence risk after a first venous thromboembolism in men and women under 50 years old: A French prospective cohort Eur J Intern Med . 2021 Feb;84:24-31. doi: 10.1016/j.ejim.2020.10.014.

Leitlinien

  1. Pocket-Leitlinie: Management der akuten Lungenembolie. Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung (DGK). 2014
  2. Konstantinides S et al.: 2014 ESC Guidelines on the diagnosis and management of acute pulmonary embolism. European Heart Journal 2014 Nov; 35: 3033-3080; doi: 10.1093/eurheartj/ehu283
  3. S2k-Leitlinie: Venenthrombose und Lungenembolie: Diagnostik und Therapie. (AWMF-Registernummer: 065-002), Oktober 2015 Kurzfassung Langfassung
  4. NCCN Guidelines: Cancer-Associated Venous Thromboembolic Disease. National Comprehensive Cancer Network (NCCN). Clinical Practice Guidelines in Oncology Version 2.2018
  5. 2019 ESC Guidelines for the diagnosis and management of acute pulmonaryembolism developed in collaboration with the European Respiratory Society (ERS) – The Task Force for the diagnosis and management of acute pulmonary embolism of the European Society of Cardiology (ESC), Eur Heart J 2020;41,4:543-603,  https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehz405
  6. S2k-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Venenthrombose und Lungenembolie. (AWMF-Registernummer: 065-002), Februar 2023 Langfassung
     
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