Einleitung
Lungenhochdruck (Pulmonale Hypertonie)

Bei der pulmonalen Hypertonie (PH) – umgangssprachlich Lungenhochdruck genannt – (Thesaurus-Synonyme: Arteriosklerose der Arteria pulmonalis; primäre pulmonale Hypertonie; pulmonal-arterielle Hypertonie (PAH); Pulmonalarteriensklerose; pulmonale Arteriosklerose; pulmonale Hypertonie; pulmonale Hypertonie bei chronischer Thromboembolie; pulmonale idiopathische Hypertonie; pulmonaler Bluthochdruck; ICD-10-GM I27.-: Sonstige pulmonale Herzkrankheiten) handelt es sich um eine Druckerhöhung im Lungenarteriensystem. Diese Druckerhöhung führt zu einem erhöhten Blutdruck.

Definition der pulmonal arteriellen Hypertonie (gemessen per Rechtsherzkatheter):

  • Pulmonal-arterieller Mitteldruck ≥ 20 mmHg*, pulmonal-arterieller Wedge-Druck (PAWP; Verschlussdruck) ≤ 15 mmHg und pulmonal-vaskulärer Widerstand (PVR) > 240 dyn × s × cm−5 (bzw. mit einem Grenzwert > 2 Wood-Einheiten) 
  • Beträgt der pulmonal-arterieller Mitteldruck in Ruhe zwischen 21-24 mmHg, so spricht man von einer latenten pulmonalen Hypertonie

KindernmPAP > 20 mmHg bei Kindern > 3 Monate auf Meereshöhe.

Nach hämodynamischen Kriterien wird eine präkapilläre von einer postkapillären Form der PH abgegrenzt (s. u. Klassifikation).

Viele verschiedene Erkrankungen können eine pulmonale Hypertonie auslösen.

Man kann die folgenden Formen der pulmonalen Hypertonie (PH) unterscheiden:

  • Primäre pulmonale Hypertonie; diese wird auch als idiopathische pulmonalarterielle Hypertonie (iPAH) bezeichnet
  • Sekundäre pulmonale Hypertonie, d. h. ist Folge einer anderen Grunderkrankung
  • Pulmonalarterielle Hypertonie (PAH)
  • Chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie (CTEPH); persistierende Obstruktion (Verschluss) der Lungenstrombahn infolge einer unzureichenden Rekanalisation der Lungenstrombahn nach pulmonalen ("lungenbedingten") Thromboembolien (Verschluss eines Blutgefäßes durch einen losgelösten Blutpfropf)
  • Sonstige Formen der pulmonalen Hypertonie mit unterschiedlichen Pathomechanismen

Die primäre pulmonale Hypertonie ist um ein Vielfaches seltener als die sekundäre pulmonale Hypertonie.

Geschlechterverhältnis: Männer zu Frauen beträgt 1 : 2 (primäre pulmonale Hypertonie).

Häufigkeitsgipfel: Das Maximum des Auftretens der pulmonalen Hypertonie liegt im mittleren Lebensalter.
Die primäre pulmonale Hypertonie tritt bei Frauen
vorwiegend zwischen 20 und 30 Jahren und bei Männern zwischen 30 und 40 Jahren auf.

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): Die Prävalenz der pulmonalarteriellen Hypertonie (PAH) beträgt in Europa 15-60 Fälle/Mio. Einwohner. 
Die 2-Jahres-Prävalenz für die chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie (CTEPH) liegt bei circa 1-4 % [2, 3].

Die Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen) für eine primäre pulmonale Hypertonie beträgt ca. 1-2 Erkrankungen pro 1.000.000 Einwohner pro Jahr (in Deutschland).
Die Inzidenz für eine pulmonal arterielle Hypertonie liegt bei etwa 3-10 Neuerkrankungen pro 1.000.000 Einwohner pro Jahr.
Die Inzidenz für eine chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie (CTEPH) bei Patienten nach Lungenembolie betrug 3,8 % [2].

Verlauf und Prognose: Im Rahmen einer sekundären pulmonalen Hypertonie steht die Behandlung der Grunderkrankung im Vordergrund. Eine Progression (Fortschreiten) der pulmonalen Hypertonie lässt sich dadurch verlangsamen.
Im frühen Stadium der pulmonalen Hypertonie verursacht die Erkrankung, falls überhaupt, wenig Beschwerden. Erst im fortgeschrittenen Stadium kommt es zu Symptomen wie Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit, Belastungsdyspnoe (Atemnot bei Belastung) oder peripheren Ödemen (Wasseransammlungen in den Beinen).
Ab Blutdruckwerten in der Lungenarterie von 50-70 mmHg ist die Folge einer unbehandelten pulmonalen Hypertonie eine Rechtsherzinsuffizienz (Rechtsherzschwäche). In schweren Fällen stellt eine Transplantation (Organverpflanzung) von Herz und Lunge die letzte Therapiemöglichkeit dar.

Die Diagnose einer chronisch thromboembolischen pulmonalen Hypertonie (CTEPH) wird im Schnitt mit einer Verzögerung von über 1,5 Jahren gestellt. Die Patienten zeigen folgende Symptome: Belastungsdyspnoe (Atemnot unter Belastung), Thoraxschmerz (Brustschmerzen), Abgeschlagenheit, Ödeme (Wassereinlagerungen) oder Synkopen (kurzzeitige Bewusstlosigkeit). Unbehandelt haben diese Patienten eine mittlere Lebenserwartung von weniger als drei Jahren. Inzwischen gibt es aber verschiedene effektive Therapieoptionen (operative Ausschälung des thrombotischen Materials, d. h. pulmonale Endarteriektomie unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine [1]; eine neue Behandlungsoption ist die pulmonale Ballonangioplastie (Ballonangioplastie der Pulmonalarterien, BPA)).

Die 5-Jahres-Überlebensrate ist abhängig von der Höhe des mittleren Pulmonalarteriendruckes (mPAP). Liegt der pulmonal-arterieller Mitteldruck bei > 30 mmHg liegt die 5-Jahres-Überlebensrate bei ca. 30 %, bei Werten von > 50 mmHg bei nur noch 10 %.
Unbehandelt beträgt die durchschnittliche Lebenserwartung ab Diagnosestellung drei Jahre.

Cave (Achtung!): Patienten mit pulmonaler Hypertonie sollten ein Valsalva-Pressversuch (Synonym: Valsalva-Manöver) vermeiden, da das Risiko für eine orthostatische Hypotonie (Blutdruckabfall im Zusammenhang mit dem Aufstehen) und eine Synkope (kurzzeitige Bewusstlosigkeit) besteht [4].

Literatur

  1. Konstantinides S et al.: 2014 ESC Guidelines on the diagnosis and management of acute pulmonary embolism. European Heart Journal 2014; 35: 3033–3080; doi: 10.1093/eurheartj/ehu283
  2. Pengo V et al.: Incidence of chronic thromboembolic pulmonary hypertension after pulmonary embolism. N Engl J Med. 2004 May 27;350(22):2257-64.
  3. Becattini C, Agnelli G, Pesavento R et al.: Incidence of chronic thromboembolic pulmonary hypertension after a first episode of pulmonary embolism. Chest 2006; 130: 172-5
  4. Mar PL, Nwazue V, Black BK et al. Valsalva Maneuver in Pulmonary Arterial Hypertension: Susceptibility to Syncope and Autonomic Dysfunction. Chest. 2016 May;149(5):1252-60. doi: 10.1016/j.chest.2015.11.015. Epub 2016 Jan 13.

Leitlinien

  1. ESC/DGK Pocket-Leitlinien: Diagnostik und Therapie der pulmonalen Hypertonie (Auszug aus den ESC-ERS „Guidelines on the Diagnosis and Treatment of Pulmonary Hypertension“ (European Heart Journal 2009; EHJ 2009 30, 2493-2537; doi: 10.1093/eurheartj/ehp297))
  2. Konstantinides S et al.: 2014 ESC Guidelines on the diagnosis and management of acute pulmonary embolism. European Heart Journal 2014; 35: 3033-3080; doi: 10.1093/eurheartj/ehu283
  3. Galiè N et al.: ESC/ERS Guidelines for the diagnosis and treatment of pulmonary hypertension: The Joint Task Force for the Diagnosis and Treatment of Pulmonary Hypertension of the European Society of Cardiology (ESC) and the European Respiratory Society (ERS). Endorsed by: Association for European Paediatric and Congenital Cardiology (AEPC), International Society for Heart and Lung Transplantation (ISHLT). Eur Respir J 2015(46): 903-975
  4. S2k-Leitlinie: Pulmonal Hypertonie. Geltungsbereich: Pulmonale Hypertonie des gesamten Kindes- und Jugendalters bis ins junge Erwachsenenalter. (AWMF-Registernummer: 023 - 038), April 2020 Langfassung
  5. Humbert et al.: 2022 ESC/ERS Guidelines for the diagnosis and treatment of pulmonary hypertension: Developed by the task force for the diagnosis and treatment of pulmonary hypertension of the European Society of Cardiology (ESC) and the European Respiratory Society (ERS). Endorsed by the International Society for Heart and Lung Transplantation (ISHLT) and the European Reference Network on rare respiratory diseases (ERN-LUNG).. European Heart Journal August 2022.

     
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