Einleitung
Thrombose

Die Thrombose (Synonyme: Beckenbeinvenenthrombose; Beinbeckenthrombose; Phlebothrombose; TBVT; TVT; Thrombosis; tiefe Beinvenenthrombose (TBVT); tiefe Venenthrombose (TVT); venöse Thrombose; ICD-10-GM I80.-: Thrombose, Phlebitis und Thrombophlebitis) bezeichnet den vollständigen oder teilweisen Verschluss eines Gefäßes oder einer Herzhöhle. Dieser Verschluss erfolgt durch einen Thrombus (Blutgerinnsel).

Normalerweise gerinnt unser Blut, wenn wir uns verletzen und bildet einen Blutpfropfen, der die Wunde verschließt. Dadurch wird ein weiterer Blutverlust verhindert und die Wunde wird gegen das Eindringen von Keimen oder Bakterien von außen abgesichert.
Entsteht so ein Thrombus bereits im Gefäß ohne Einwirkung von Außen, spricht man von einer Thrombose. Ein solcher Thrombus verstopft dann das Gefäß und verursacht mitunter starke Schmerzen.

Thrombosen können unterschieden werden in:

  • venöse Thrombosen
  • arterielle Thrombosen (selten)

Je nach Lokalisation können Thrombosen unterschieden werden in:

  • oberflächliche Thrombose (Thrombophlebitis) bzw. oberflächliche Venenthrombose (OVT) – Verlegung des oberflächlichen Venensystems (Hauptstammvenen und/oder deren Seitenäste) durch ein Thrombus (Blutgerinnsel)
    • Thrombophlebitis (= OVT einer nichtvarikösen Vene)
    • Varikophlebitis (= OVT einer Varize)
    Beachte: 25 % dieser Patienten zeigen in prospektiven Beobachtungsstudien schon bei der Erstvorstellung tiefe Beinvenenthrombosen (TBVT)  oder symptomatische Lungenembolien (LE) [1].
  • tiefe Venenthrombose (TVT) – partielle oder vollständige Verlegung im tiefen Venensystem (Leitvenen und/oder Muskelvenen) durch ein Thrombus (Blutgerinnsel)
    • tiefe Venenthrombose der oberen Extremitäten (TVT-OE): Schulter- und  Armvenenthrombose (1-4 %) 
    • tiefe Beinvenenthrombose (TBVT; Phlebothrombose)

Verlaufsformen der tiefen Venenthrombose (TVT):

  • Deszendierende Beckenvenenthrombose ("aufsteigend"): Ursprung ist die V. iliaca (anatomisch bedingt meist linke V. iliaca communis). Hiervon ausgehend, kommt es zum appositionellen Wachstum des Thrombus (Blutgerinnsel) nach distal ("von der Körpermitte entfernt"), gelegentlich auch nach proximal ("näher zur Körpermitte hin") in die V. cava (Hohlvene).
  • Aszendierende TVT ("absteigende"): Ursprung sind zumeist die Unterschenkelvenen, hiervon ausgehend, kommt es zum appositionellen Fortschreiten des Thrombus nach proximal. (häufigste Verlaufsform)
  • Transfasziale Venenthrombose: Ausgehend von einer oberflächliche Venenthrombose (OVT) kommt es zum Einwachsen des Thrombus in das tiefe Venensystem.
  • Phlegmasia coerulea dolens: Sonderform, bei der es zum akuten Verschluss aller Venen der betroffenen Extremität kommt.

Die tiefen Venenthrombosen der Extremitäten werden unterteilt in:

  • distale Thrombosen (Typ 1) – wachsen nach proximal ("näher zur Körpermitte hin"); am häufigsten; geringes Embolierisiko 
  • proximale Thrombosen (Typ 2) – wachsen nach distal ("weiter von der Körpermitte"); hohes Embolierisiko
  • Thrombosen, die in die Tiefe wachsen (von der Oberfläche über die Venae perforantes) (Typ 3); geringes Embolierisiko

Geschlechterverhältnis: Armvenenthrombosen treten bei Männern häufiger auf als bei Frauen. Unabhängig von der Art der Thrombose haben gesunde junge Frauen ein dreifach erhöhtes Risiko als junge Männer; im höheren Alter liegt ein ausgeglichenes Geschlechtsverhältnis vor

Häufigkeitsgipfel: Je höher das Alter, desto höher das Risiko: 70 % aller Thrombosen treten nach dem 60. Lebensjahr auf!

Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) liegt bei 0,1 % (in Deutschland).

Die Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen) beträgt ca. 90-130 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr (in Deutschland).

Verlauf und Prognose: Thrombosen können in allen Gefäßen des menschlichen Körpers auftreten. Besonders häufig ist die Phlebothrombose (Thrombose der tiefen Venen) und hier speziell die tiefe Beinvenenthrombose (TBVT). Die gefährlichste Komplikation einer Thrombose ist die Embolie (teilweiser oder vollständiger Verschluss eines Gefäßes durch eingeschwemmtes Material (Embolus)).

Eine TVT kann erhebliche Folgen haben: ca. 2,6-9,4 % führen zu einer Lungenembolie mit letalen (tödlichen) Ausgang. Bei ausgedehnten TVT tritt bei ca. 20 % der Patienten ein chronisches postthrombotisches Syndrom (PTS) auf.

Patienten mit tiefen Venenthrombosen (TVT; engl. deep vein thrombosis, DVT) oder mit pulmonalen Embolien
(Lungenembolie) haben ein erhöhtes Risiko für einen Myokardinfarkt (Herzinfarkt). Im ersten Jahr nach tiefer Beinvenenthrombose ist die Myokardinfarktrate 1,6-fach erhöht, im ersten Jahr nach pulmonaler Embolie sogar 2,6-fach.

Patienten mit einer isolierten distalen tiefen Beinvenenthrombose (IDDVT, d. h. ausschließlich Venenabschnitte im Poplitealbereich, also unterhalb des Knies, sind betroffen, haben im Vergleich zu Patienten mit ausschließlich proximaler tiefer Venenthrombose (engl. deep vein thrombosis, DVT) sowohl kurzfristig als auch nach einem Jahr ein deutlich geringeres Mortalitätsrisiko (Sterberisiko). Des Weiteren lag ein signifikant geringeres Risiko für neue proximale DVT-Ereignisse und ein postthrombotisches Syndrom (PTS) vor [4].

Beachte

  • Nach ersten idiopathischen venösen Thromboembolie (VTE), d. h. ohne Triggerfaktor wie Immobilisierung, Operation oder Thrombophilie (Thromboseneigung), beträgt das Risiko, nach dem Absetzen der Antikoagulation (Gerinnungshemmung) ein Rezidiv (Wiederauftreten der Erkrankung) zu entwickeln, 10 % – nach 10 Jahren ist gut ein Drittel betroffen. Das kumulative 10-Jahres-Risiko für Männer betrug 41,2 % und für Frauen 28, 8 % [3].
  • Laut einer Metaanalyse erhält einer von 20 Patienten mit idiopathischer venöser Thromboembolie (VTE) in den folgenden zwölf Monaten eine Krebsdiagnose [2]. In solchen Fällen sollte deshalb ein Tumor-Screening erfolgen. Dieses gilt insb. für ältere Patienten wegen deren höherer Krebsprävalenz (Krebshäufigkeit). 

Eine arterielle Thrombose führt durch die Verlegung der versorgenden Arterien zu Organinfarkten wie Myokardinfarkt oder Apoplex (Hirninfarkt).

Literatur

  1. Decousus Het al.: Superficial venous thrombosis and venous thromboembolism: a large, prospective epidemiologic study. Ann Intern Med 2010;152(4):218-224.
  2. van Es N et al.: Screening for Occult Cancer in Patients With Unprovoked Venous Thromboembolism: A Systematic Review and Meta-analysis of Individual Patient Data. Ann Intern Med. 2017 Sep 19;167(6):410-417. doi: 10.7326/M17-0868. Epub 2017 Aug 22.
  3. Khan F et al.: Long term risk of symptomatic recurrent venous thromboembolism after discontinuation of anticoagulant treatment for first unprovoked venous thromboembolism event: systematic review and meta-analysis. BMJ 2019;366:l4363; https://doi.org/10.1136/bmj.l4363
  4. Bikdeli B et al.: Clinical Presentation and Short- and Long-term Outcomes in Patients With Isolated Distal Deep Vein Thrombosis vs Proximal Deep Vein Thrombosis in the RIETE Registry. JAMA Cardiol 2022; https://doi.org/10.1001/jamacardio.2022.1988

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Venenthrombose und Lungenembolie. (AWMF-Registernummer: 065-002), Februar 2023 Langfassung

     
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