Thrombose – Einleitung

Die Thrombose bezeichnet den vollständigen oder teilweisen Verschluss eines Gefäßes (Arterie oder Vene) oder einer Herzhöhle durch ein Blutgerinnsel, auch Thrombus genannt.

Synonyme und ICD-10: Beckenbeinvenenthrombose; Beinbeckenthrombose; Phlebothrombose; TBVT; TVT; Thrombosis; tiefe Beinvenenthrombose (TBVT); tiefe Venenthrombose (TVT); venöse Thrombose; ICD-10-GM I80.-: Thrombose, Phlebitis und Thrombophlebitis

Pathophysiologie

Physiologischerweise dient die Blutgerinnung der Wundheilung durch Bildung eines stabilen Hämostase-Pfropfs, der Blutverlust verhindert und eine Barriere gegen Infektionen bildet. Eine Thrombose entsteht jedoch durch die intravasale Bildung eines Thrombus ohne äußere Einwirkung, was zu einer teilweisen oder vollständigen Gefäßobstruktion (Gefäßverschluss) führt. Diese Obstruktion kann starke Schmerzen und weitere Komplikationen verursachen.

Charakteristische Laborbefunde

  • D-Dimere: Erhöhte Konzentrationen im Blut als unspezifischer Marker für eine Thrombose.
  • Thrombozytose: Erhöhung der Thrombozytenzahl, insbesondere bei myeloproliferativen Erkrankungen (Reihe von malignen (bösartigen) chronischen Bluterkrankungen der myeloischen Reihe).
  • Verlängerte Thromboplastinzeit (PTT): Hinweis auf eine zugrunde liegende Gerinnungsstörung.
  • Verkürzte Prothrombinzeit (PT) oder INR: Kann bei Hyperkoagulabilität (erhöhte Gerinnbarkeit des Blutes mit erhöhter Neigung intravasaler Thrombenbildungen) auftreten, aber unspezifisch.
  • Fibrinogen: Erhöhte Werte deuten auf eine systemische Entzündungsreaktion und erhöhte Gerinnungsneigung hin.
  • CRP (C-reaktives Protein): Erhöht bei Entzündungen, die eine Thrombose begleiten können.

Formen der Thrombosen

Nach der Art

  • Venöse Thrombosen: Häufigste Form, betrifft meist die tiefen Beinvenen (TVT).
  • Arterielle Thrombosen: Seltener, führen zu Organinfarkten wie Myokardinfarkt (Herzinfarkt) oder Apoplex (Schlaganfall).

Nach der Lokalisation 

  • Oberflächliche Thrombose (Thrombophlebitis): Verlegung des oberflächlichen Venensystems (Hauptstammvenen und/oder deren Seitenäste) durch ein Thrombus.
    • Thrombophlebitis: OVT einer nichtvarikösen Vene.
    • Varikophlebitis: OVT einer Varize.
    • Beachte: 25 % dieser Patienten zeigen in prospektiven Beobachtungsstudien schon bei der Erstvorstellung tiefe Beinvenenthrombosen (TBVT) oder symptomatische Lungenembolien (LE).
  • Tiefe Venenthrombose (TVT): Partielle oder vollständige Verlegung im tiefen Venensystem (Leitvenen und/oder Muskelvenen) durch ein Thrombus.
    • Tiefe Venenthrombose der oberen Extremitäten (TVT-OE): Schulter- und Armvenenthrombose (1-4 %).
    • Tiefe Beinvenenthrombose (TBVT).

Tiefe Venenthrombose (TVT) nach dem Verlauf

  • Deszendierende Beckenvenenthrombose: Ursprung ist die V. iliaca. Der Thrombus wächst nach distal oder proximal.
  • Aszendierende (aufsteigende) TVT: Ursprung in den Unterschenkelvenen, der Thrombus wächst nach proximal. Häufigste Verlaufsform.
  • Transfasziale Venenthrombose: Ausgehend von einer oberflächlichen Venenthrombose (OVT), der Thrombus wächst in das tiefe Venensystem.
  • Phlegmasia coerulea dolens: Akuter Verschluss aller Venen der betroffenen Extremität.

Tiefe Venenthrombosen der Extremitäten nach Art

  • Distale Thrombosen (Typ 1): Wachsen nach proximal, geringes Embolierisiko.
  • Proximale Thrombosen (Typ 2): Wachsen nach distal, hohes Embolierisiko.
  • Thrombosen, die in die Tiefe wachsen (Typ 3): Geringes Embolierisiko.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Armvenenthrombosen treten bei Männern häufiger auf als bei Frauen. Unabhängig von der Art der Thrombose haben gesunde junge Frauen ein dreifach erhöhtes Risiko als junge Männer; im höheren Alter liegt ein ausgeglichenes Geschlechtsverhältnis vor.

Häufigkeitsgipfel: Je höher das Alter, desto höher das Risiko: 70 % aller Thrombosen treten nach dem 60. Lebensjahr auf!

Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) liegt bei 0,1 % (in Deutschland).

Die Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen) beträgt ca. 90-130 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr (in Deutschland).

Verlauf und Prognose

Verlauf

Thrombose bezeichnet den vollständigen oder teilweisen Verschluss eines Gefäßes oder einer Herzhöhle durch ein Blutgerinnsel (Thrombus). Der Thrombus entsteht im Gefäß ohne äußere Einwirkung und kann das Gefäß verstopfen, was starke Schmerzen verursachen kann.

Arten und Lokalisation

  • Venöse Thrombosen: Häufigste Form, betrifft meist die tiefen Beinvenen (TVT).
  • Arterielle Thrombosen: Seltener, führen zu Organinfarkten wie Myokardinfarkt oder Apoplex.
  • Oberflächliche Thrombosen (Thrombophlebitis): Betreffen das oberflächliche Venensystem.
  • Tiefe Venenthrombosen (TVT): Betrifft das tiefe Venensystem.

Besondere Verlaufsformen der TVT

  • Deszendierende Beckenvenenthrombose: Ursprung in der V. iliaca, Thrombus wächst nach distal oder proximal.
  • Aszendierende (aufsteigende) TVT: Ursprung in den Unterschenkelvenen, Thrombus wächst nach proximal.
  • Transfasziale Venenthrombose: Ausgehend von einer oberflächlichen Venenthrombose (OVT), Thrombus wächst in das tiefe Venensystem.
  • Phlegmasia coerulea dolens: Akuter Verschluss aller Venen einer Extremität.

Verlauf bei tiefen Venenthrombosen

  • Distale Thrombosen (Typ 1): Wachsen nach proximal, geringes Embolierisiko.
  • Proximale Thrombosen (Typ 2): Wachsen nach distal, hohes Embolierisiko.
  • Thrombosen, die in die Tiefe wachsen (Typ 3): Geringes Embolierisiko.

Prognose

Komplikationen und Risiken:

  • Lungenembolie: Gefährlichste Komplikation, tritt bei 2,6-9,4 % der TVT-Fälle auf, kann tödlich sein.
  • Postthrombotisches Syndrom (PTS): Bei ca. 20 % der Patienten nach ausgedehnter TVT.
  • Myokardinfarkt: Erhöhtes Risiko im ersten Jahr nach TVT oder pulmonaler Embolie (Lungenembolie).

Langzeitrisiken

  • Rezidiv (Wiederauftreten der Erkrankung): Nach einer ersten idiopathischen venösen Thromboembolie (VTE) beträgt das Risiko eines Rezidivs nach dem Absetzen der Antikoagulation (Blutverdünnung) 10 % im ersten Jahr, nach 10 Jahren sind mehr als ein Drittel betroffen [3].
  • Krebs: Einer von 20 Patienten mit idiopathischer VTE erhält in den folgenden zwölf Monaten eine Krebsdiagnose. Tumor-Screening sollte bei älteren Patienten durchgeführt werden [2].

Unterschiede nach Thromboseart

  • Isolierte distale tiefe Beinvenenthrombose (IDDVT): geringeres Mortalitätsrisiko (Sterberisiko) und geringeres Risiko für neue proximale DVT-Ereignisse (Deep Vein Thrombosis, auf Deutsch tiefe Venenthrombose (TVT)) im Vergleich zu proximaler TVT [4].

Literatur

  1. Decousus Het al.: Superficial venous thrombosis and venous thromboembolism: a large, prospective epidemiologic study. Ann Intern Med 2010;152(4):218-224.
  2. van Es N et al.: Screening for Occult Cancer in Patients With Unprovoked Venous Thromboembolism: A Systematic Review and Meta-analysis of Individual Patient Data. Ann Intern Med. 2017 Sep 19;167(6):410-417. doi: 10.7326/M17-0868. Epub 2017 Aug 22.
  3. Khan F et al.: Long term risk of symptomatic recurrent venous thromboembolism after discontinuation of anticoagulant treatment for first unprovoked venous thromboembolism event: systematic review and meta-analysis. BMJ 2019;366:l4363; https://doi.org/10.1136/bmj.l4363
  4. Bikdeli B et al.: Clinical Presentation and Short- and Long-term Outcomes in Patients With Isolated Distal Deep Vein Thrombosis vs Proximal Deep Vein Thrombosis in the RIETE Registry. JAMA Cardiol 2022; https://doi.org/10.1001/jamacardio.2022.1988

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Venenthrombose und Lungenembolie. (AWMF-Registernummer: 065-002), Februar 2023 Kurzfassung Langfassung