Einleitung
Phäochromozytom

Ein Phäochromozytom (Thesaurussynonyma: Katecholaminüberschuss; Nebennierentumor (im weiteren Sinne); ICD-10-GM D35.0: Gutartige Neubildung sonstiger und nicht näher bezeichneter endokriner Drüsen (Nebenniere)) ist ein neuroendokriner (das Nervensystem betreffende) Katecholamin-produzierender Tumor der chromaffinen Zellen des Nebennierenmarks (85 % der Fälle) oder der sympathischen Ganglien (Nervenstrang, der im thorakalen (Brustbereich) und abdominalen (Bauchbereich) entlang der Wirbelsäule verläuft) (15 % der Fälle). Letzteres wird auch als extraadrenales (außerhalb der Nebenniere) Phäochromozytom bzw. Paragangliom bezeichnet.

Die Nebennieren befinden sich beim Menschen auf den oberen Polen beider Nieren. Die Nebenniere vereint funktionell zwei verschiedene Organe: Sie besteht aus der Nebennierenrinde und dem Nebennierenmark.

  • Die Nebennierenrinde produziert in Abhängigkeit von seiner anatomischen Struktur unterschiedliche Hormone:
    • Zona glomerulosa: Besteht aus azidophilen Zellen, die Mineralocorticoide produzieren (Aldosteron (aktivierend) und Desoxycorticosteron (inaktivierend))
    • Zona fasciculata: Produktion von Glucocorticoiden (Cortisol (gilt auch als Stresshormon) und Corticosteron)
    • Zona reticularis: Synthese von Sexualhormonen (Androstendion, Dehydroepiandrosteron (DHEA), Testosteron)
  • Das Nebennierenmark produziert die Katecholamine Adrenalin, Noradrenalin sowie Dopamin, die umgangssprachlich als "Stresshormone" bezeichnet werden. Es handelt sich dabei um eine Anpassungsreaktion des Organismus in besonderen Belastungssituationen. Ursprünglich diente dieser Prozess dazu, durch Freisetzung der Energiereserven und Steigerung der Herz-Kreislauf-Tätigkeit (Beschleunigung des Herzschlags, Erhöhung des Blutdrucks) den Körpers auf einen möglichen Kampf oder Flucht vorzubereiten ("Fight-or-Flight"-Situation).

Phäochromozytome produzieren Katecholamine. Zwei Drittel der Phäochromozytome sezernieren (ausschütten) Noradrenalin und Adrenalin, während extraadrenal gelegene Tumoren oberhalb des Diaphragmas (Zwerchfell) nur Noradrenalin bilden. Maligne (bösartige) Phäochromozytome bilden auch Dopamin. Aufgrund des Überschusses an Katecholaminen kommt es zu hypertensiven Krisen (Bluthochdruckkrisen; Blutdruckwerte > 230/120 mmHg). Bei ca. 0,1-0,5 % aller Hypertonien ist ein Phäochromozytom anzutreffen.

90 % der Phäochromozytome kommen unilateral (einseitig) vor und 10 % bilateral (doppelseitig). 

Phäochromozytome lassen sich in folgende Formen unterscheiden:

  • sporadisches Phäochromozytom (75 % der Fälle) – ohne erkennbare Ursache
  • hereditäres (genetisch bedingtes) Phäochromozytom (25 % der Fälle) – hier tritt das Phäochromozytom im Rahmen folgender Erkrankungen auf:
    • Multiple endokrine Neoplasie (MEN), Typ 2a (Synonym: Sipple-Syndrom) – genetisch bedingte Erkrankung, die zu verschiedenen benignen und malignen Tumoren führt; häufig sind die Schilddrüse, das Nebennierenmark und die Nebenschilddrüsen betroffen
    • von-Hippel-Lindau-Syndrom, Typ 2 – seltene, erbliche Tumorerkrankung; gehört zum Formenkreis der Phakomatosen (Gruppe von Krankheiten mit Fehlbildungen im Bereich der Haut und des Nervensystems/Kleinhirn)
    • Neurofibromatose, Typ 1 – autosomal-dominant und monogen vererbte Multiorganerkrankung, die vorwiegend Haut und Nervensystem betrifft
    • familiäres Paragangliom (Mutationen der Succinatdehydrogenase B/C/D)
    • weitere Genmutationen

Häufigkeitsgipfel: Die sporadische Form tritt vorwiegend zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr auf, während die hereditäre Form in einem Alter < 40 Jahre gehäuft vorkommt.

Die Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen) beträgt ca. 1 Erkrankung pro 100.000 Einwohner pro Jahr.

Verlauf und Prognose: Ein Phäochromozytom manifestiert sich in 10 bis 15 % der Fälle mit einer akuten lebensbedrohlichen Krise (z. B. Apoplex (Schlaganfall), ischämischer Ileus (Darmverschluss durch Minderdurchblutung), Multiorganversagen).
85 % der Phäochromozytome sind benigne (gutartig), 15 % sind maligne (bösartig). Bei extraadrenalen Tumoren können bis zu 30 % maligne sein.
Wenn das Phäochromozytom frühzeitig entfernt wird und keine weiteren Erkrankungen vorliegen, ist die Prognose gut.
Mehr als die Hälfte der Patienten mit einem benignen Phäochromozytom haben nach der Operation einen im Normalbereich liegenden Blutdruck. Bei den anderen liegt zusätzlich eine essentielle Hypertonie (Bluthochdruck ohne erkennbare Ursache) vor.
Ein Phäochromozytom kann rezidivierend (wiederkehrend) auftreten. Die Rezidivrate liegt bei ca. 10-15 %.
Bei Paragangliomen kommt es in 30-50 % der Fälle zu Metastasen (Tochtergeschwülste) in Leber, Lunge und Knochen.
Empfohlen werden jährliche endokrinologische (die Hormonsituation betreffende) Nachuntersuchungen.


     
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