Malignes Melanom – Einleitung

Beim malignen Melanom (MM) (Synonyme: Achromatisches Melanom; amelanotisches Melanom; Ballonzell-Melanom; bösartiges akrolentiginöses Melanom; desmoplastisches bösartiges Melanom; Epitheloidzelliges Melanom; epitheloidzelliges Melanosarkom; Hautmelanokarzinom; malignes Melanom; malignes Melanom an einem Nagel; malignes Melanom der Haut; malignes Melanom in Sommersprossen; malignes akrolentiginöses Melanom; malignes amelanotisches Melanom; malignes knotiges Melanom; malignes noduläres Melanom; malignes superfiziell spreitendes Melanom; Melanom; Melanotisches Sarkom; Naevus malignus; Neurotrophes bösartiges Melanom; Noduläres Melanom; Regressives bösartiges Melanom; Schleimhautmelanom; Superficial spreading melanoma; ICD-10-GM C43.-: Bösartiges Melanom der Haut) handelt es sich eine hochgradig maligne (bösartige) Neubildung der Pigmentzellen (Melanozyten), der sogenannte schwarze Hautkrebs.

Es macht etwa zwei bis drei Prozent aller Krebserkrankungen des Erwachsenen aus. 

Formen des malignen Melanoms

  • Kutane Melanome (Hautmelanome)
    • Mehr als 60 % der Melanome entwickeln sich auf unveränderter Haut (de novo). Diese sind mit einer kürzeren Überlebenszeit assoziiert als Formen, die aus melanozytären Nävi entstehen [4].
  • Mukosale Melanome (Schleimhautmelanome)
    • Melanome im Bereich der Mundschleimhaut repräsentieren ca. 0,2-0,8 % aller am gesamten Körper auftretenden Melanome.
    • Mukosale Melanome machen ca. 2 % aller Hautkrebstypen aus.
  • Okulare Melanome (Augenmelanome)
    • In seltenen Fällen geht das Melanom von der Uvea aus, die aus der Aderhaut (Choroidea), dem Strahlenkörper (Corpus ciliare) und der Regenbogenhaut (Iris) besteht.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Frauen erkranken häufiger (20-29 Jahre); ab einem Alter von 40 Jahren dominiert die Erkrankung bei Männern.

Häufigkeitsgipfel

  • Das Maximum des Auftretens des malignen Melanoms liegt zwischen dem 20. und 70. Lebensjahr.
  • Das mittlere Erkrankungsalter bei Frauen liegt bei 58 Jahren und bei Männern bei 64 Jahren.
  • Beim subungualen ("unterhalb eines Nagels") Melanom beträgt die Zeit vom ersten Symptom bis zur korrekten Diagnosestellung ca. 2 Jahre!

Inzidenz (Neuerkrankungen)

  • Bei hellhäutigen Menschen beträgt die Häufigkeit von Neuerkrankungen ca. 13-15 pro 100.000 Einwohner pro Jahr (in Europa und Nordamerika).
  • Von 1970 bis 2008 ist in Deutschland ein Anstieg der altersstandardisierten Inzidenzraten von 3 auf 21 Fälle pro 100.000 Einwohner pro Jahr zu erkennen.
  • Die höchsten Inzidenzraten weisen Australien und Neuseeland auf.
  • Bei Kindern und Jugendlichen sind Melanome selten: 0-19-Jährige zeigen eine altersstandardisierte Inzidenzrate von 4,9 pro 1.000.000 pro Jahr; 0-4 Jahre: 0,7; 5-9 Jahre: 1,0; 10-14 Jahre: 3,0; 15-19 Jahre: 14,7 (in den USA) [1]. 

Trends

Die Zahl der jährlich dokumentierten Melanomdiagnosen ist in Deutschland von 2001 bis 2011 um 53,2 % angestiegen [3].
Bezogen auf das Jahr 2022 wurde laut Zi bei rund 32.000 gesetzlich Versicherten im Alter ab 35 Jahren erstmals ein Malignes Melanom vertragsärztlich dokumentiert. Bei Frauen im Alter ab 35 Jahren wurden 70 Neuerkrankungen pro 100.000 Personen festgehalten.

Verlauf und Prognose

Verlauf

Das maligne Melanom entwickelt sich in mehr als 60 % der Fälle de novo auf unveränderter Haut, was mit einer kürzeren Überlebenszeit assoziiert ist als Melanome, die aus melanozytären Nävi entstehen [4]. In Deutschland werden etwa 60-70 % aller Melanome im Stadium IA diagnostiziert, was eine Tumordicke bis zu 1 mm bedeutet. Diese Patienten haben ein geringes Rezidivrisiko (Wiederauftreten der Erkrankung). Nur ca. 10-15 % der Betroffenen weisen bei der Diagnose ein prognostisch ungünstiges Tumorstadium auf (UICC III/IV).

Das Melanom kann rezidivierend auftreten, wobei Rezidive (Wiederauftreten der Erkrankung) meist innerhalb der ersten drei Jahre nach der Primärdiagnose auftreten. Patienten, die primäre Hochrisikomelanome hatten (histologisch Tumoren der Kategorie T1b bis T4b), entwickeln in etwa 13,4 % der Fälle innerhalb von zwei Jahren ein Rezidiv. In ca. 70 % der Fälle handelt es sich um eine lokoregionale Läsion und in ca. 30 % der Fälle um Fernmetastasen (Metastase, die sich nicht in der Nähe des Primärtumores und des regionalen Lymphknotensystems befindet) [7].

Innerhalb der ersten fünf Jahre nach Therapieende ist das Risiko für das Auftreten von Metastasen (Tochtergeschwülsten) am höchsten. Melanome metastasieren früh lymphogen ("über die Lymphbahnen") und seltener hämatogen ("über den Blutweg"), was zu einer insgesamt ungünstigen Prognose führt. Metastasen können nahezu in jedem Organ auftreten, einschließlich Gehirn, Leber, Lunge, Lymphknoten und Knochen.

Prognose

Langzeitprognose

  • Eine hohe Zahl von Nävi und UV-Schäden auf dem Rücken gehen mit einer erhöhten Rate von erneuten Melanomen einher [5].
  • Die Rezidivrate der schwangerschaftsassoziierten malignen Melanome (SAMM) war gemäß einer Studie mit 12,5 % gegenüber 1,4 % (Nicht-SAMM) deutlich erhöht. Auch Metastasen traten häufiger auf (25,0 % vs. 12,7 %) [2].
  • Bei Melanomen mit einem Durchmesser unter 6 mm bei der Diagnose hatte jede zehnte Person Metastasen; ein weiteres Zehntel entwickelte Metastasen im Laufe von neun Jahren [9].
  • Patienten mit der Diagnose Melanoma in situ (MIS) haben nach 15 Jahren eine krankheitsspezifische Überlebensrate von 98,4 %. Ein höheres Alter und ein nachfolgendes primäres invasives Melanom stehen jedoch mit einer schlechteren Prognose in Verbindung. Die relative Überlebensrate lag bei über 100 % [10].

Überlebensraten

  • Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt bei Männern bei 85 % und bei Frauen bei 91 %. Im Stadium IA liegt die 5-Jahres-Überlebensrate bei 95 %.
  • Im fortgeschrittenen Stadium (Fernmetastasen in anderen Organen) liegt die 3-Jahres-Überlebensrate bei der Therapie mit PD-1-Inhibitoren bei 50-52 % und unter der Immunkombination bei bisher 58 % [6].
  • Die 5-Jahres-Überlebensrate in Deutschland von 2001 bis 2011 lag für die einzelnen Stadien bei 96,8 % (Stadium I), 74,2 % (Stadium II), 56,7 % (Stadium III) und 18,4 % (Stadium IV) [3].
  • Patienten mit UICC-Stadium I sind keiner zusätzlichen Sterblichkeit durch die Tumorerkrankung ausgesetzt (relatives 5-Jahres-Überleben [5JRÜ] ≥ 100 %); 5JRÜ im Stadium IV sinkt auf unter 35 %. Damit lässt sich im Vergleich der Periode 2010-14 zur aktuellen Zeitperiode eine deutliche Verbesserung für fortgeschrittene Tumorstadien nachweisen [11].
  • Beim subungualen Melanom (unter dem Nagel liegendes Melanom) liegt die 10-Jahres-Überlebensrate bei ca. 43 %.

Ein kleinerer Teil der Patienten mit Fernmetastasen eines Melanoms, der tumorfrei operiert werden kann, überlebt langfristig (> 5 Jahre). Der Prozentsatz der langfristig Überlebenden liegt aktuell bei 5-10 %.

Besondere Risikogruppen

  • Gemäß einem Bericht der American Cancer Society haben Männer und Frauen mit malignem Melanom ein etwa 13- bzw. 16-fach höheres Risiko, weitere Melanome zu entwickeln, als die Gesamtbevölkerung.
  • Als besonders aggressiv gelten invasive Hautmelanome im Kopf-Hals-Bereich.
  • Für die Prognose ab Rezidiv spielt es keine Rolle, ob es sich um spät (> 10 Jahre) rezidivierende Melanome oder früh (≤ 10 Jahre) wiederkehrende Melanome handelt; das melanomspezifische Überleben liegt im Mittel bei 31 bzw. 32 Monaten ab Rezidiv [8].

Literatur

  1. Linabery AM, Ross JA: Trends in childhood cancer incidence in the U.S. (1992-2004). Cancer 2008;112:416-32
  2. Tellez A et al.: Risk factors and outcomes of cutaneous melanoma in women less than 50 years of age. J Am Acad Dermatol 2016, online 20. Januar; doi: 10.1016/j.jaad.2015.11.014
  3. Schoffer O et al.: Tumour stage distribution and survival of malignant melanoma in Germany 2002–2011. BMC Cancer 2016; 16: 936. doi: 10.1186/s12885-016-2963-0
  4. Cymerman RM et al.: De Novo vs Nevus-Associated Melanomas: Differences in Associations With Prognostic Indicators and Survival. JNCI 2016; online 27. Mai. 108 (10): djw121. doi: 10.1093/jnci/djw121
  5. Müller C et al.: Risk Factors of Subsequent Primary Melanomas in Austria. Send to JAMA Dermatol. 2018 Dec 19. doi: 10.1001/jamadermatol.2018.4645
  6. Wolchok JD, Chiarion-Sileni V, Gonzalez R et al.: Overall survival with combined nivolumab and ipilimumab in advanced Melanoma. N Engl J Med 2017 Oct 5;377(14):1345-1356. doi: 10.1056/NEJMoa1709684. Epub 2017 Sep 11.
  7. von Schuckmann LA et al.: Risk of Melanoma Recurrence After Diagnosis of a High-Risk Primary Tumor JAMA Dermatol. Published online May 1, 2019. doi:10.1001/jamadermatol.2019.0440
  8. Sarac E et al.: Late recurrence of melanoma after 10 years – Is the course of the disease different from early recurrences? J Eur Acad Dermatol Venereol 2019; https://doi.org/10.1111/jdv.16106
  9. Dessinioti C et al.: A retrospective study of small-diameter invasive melanomas: metastasis at diagnosis and 9-year follow-up. J Am Acad Dermatol 2023;S0190-9622(23)00267-0; https://doi.org/10.1016/j.jaad.2023.02.016
  10. Patel VR et al.: Risk of Mortality After a Diagnosis of Melanoma In Situ JAMA Dermatol. Published online June 7, 2023. doi:10.1001/jamadermatol.2023.1494
  11. Eisemann N et al.: Longer survival from melanoma in Germany: A registry-based time series study Dtsch Arztebl Int 2024; 121: 45-51; doi: 10.3238/arztebl.m2023.0242

Leitlinien

  1. Patientenleitlinie: Prävention von Hautkrebs; Ratgeber für Patientinnen und Patienten. März 2016. Leitlinienprogramm Onkologie
  2. Patientenleitlinie: Melanom (Hautkrebs) – Ergänzung; Ratgeber für Patientinnen und Patienten. März 2019. Leitlinienprogramm Onkologie
  3. Patientenleitlinie: Melanom (Hautkrebs); Ratgeber für Patientinnen und Patienten. Mai 2019. Leitlinienprogramm Onkologie
  4. S3-Leitlinie: Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Melanoms. (AWMF-Registernummer: 032-024OL), Juli 2020 Kurzfassung Langfassung