Einleitung
Schlafstörungen (Insomnie)

Die ICSD (International Classification of Sleep Disorders) definiert Schlafstörungen/Insomnie (Synonyme: Asomnie; atmungsbedingte Schlafstörung; chronische Schlafstörung; Durchschlafstörung; Dyssomnie; Einschlafstörung; exzessive Somnolenz; Hypersomnie; Insomnie (Schlafstörungen); Narkolepsie; Schlaflosigkeit; Sleep Initiation and Maintenance Disorders; ICD-10-GM G47.-: Schlafstörungen) als „Beschwerde ungenügenden Schlafes oder sich nicht erholt zu fühlen nach der üblichen Schlafzeit“, im DSM-IV wird neben den Beschwerden Ein- oder Durchschlafstörungen der unerholsame Schlaf genannt. Insomnie ist somit eine Abweichung vom gesunden Schlafverhalten.

Zur Definition der Insomnie siehe unter Klassifikation: "Diagnostische Kriterien der insomnischen Störung („insomnia disorder“) nach DSM-5 A".

Für die Diagnose der Insomnie

Sie werden u. a. eingeteilt in:

  • Insomnie*:
    • Einschlafstörungen und/oder
    • Durchschlafstörungen
  • Übermäßiges Schlafen (Hypersomnie)
  • Schlafwandeln (Mondsucht, Somnambulismus)
  • Albträume; Pavor nocturnus (nächtliches Aufschrecken; Nachtschreck; Nachtangst)
  • Restless sleep disorder (unruhiger Schlaf) – u. a. unruhige Schlafbewegungen großer Muskelgruppen des ganzen Körpers (alle vier Gliedmaßen, Arme, Beine oder den Kopf); diese treten während des Schlafes auf oder wenn die Person zu schlafen scheint.
  • etc.

*Beachte: Die Diagnose einer Insomnie erfordert das Vorhandensein von zwei Hauptkriterien: Schlafstörungen und damit verbundene Beeinträchtigung während des Tages [3].

Aus einer akuten Insomnie entwickelt sich bei 21-47 % der Patienten eine chronische Insomnie.

Eine chronische Insomnie wird nach ICSD-3 diagnostiziert, wenn die Beschwerden über drei Monate lang dreimal pro Woche auftreten, oder wenn kürzere Phasen über mehrere Jahre hinweg auftreten [4].
Die Insomnie verläuft häufig chronisch; ca. 70 % der Patienten mit Insomnie erfüllen auch ein Jahr später noch die diagnostischen Kriterien.

Siehe zur Klassifikation von Schlafstörungen unter dem gleichnamigen Thema.

Die Schlafdauer (Gesamtschlafepisode; engl.: sleep period time, SPT) hängt vom Alter sowie der körperlichen und seelischen Verfassung ab. Säuglinge benötigen circa 16 Stunden, Kinder etwa 7 bis 12 Stunden und Erwachsene bis zu 8 Stunden Schlaf.
Die Einschlaflatenz (sleep latency, SL), d. h. die Zeit zwischen dem Löschen des Lichtes und dem Auftreten der ersten Schlafzeichen, sollte weniger als 30 Minuten betragen.
Die Wachliegezeit (engl.: wake after sleep onset, WASO), d. h. die Summe der Wachzeit nach dem Einschlafen und vor dem endgültigen Erwachen, darf im höheren Lebensalter bis zu zwei Stunden betragen.

Eine Insomnie kann Symptom vieler Erkrankungen sein (siehe unter "Differentialdiagnosen"). In über 50 % der Fälle einer behandlungsbedürftigen Ein- und Durchschlafstörung sind psychiatrische Erkrankungen (einschließlich der Sucht) verantwortlich. Weitere Ursachen einer sekundären Insomnie sind Erkrankungen des zentralen und peripheren Nervensystems (z. B.  Restless-Legs-Syndrom, RLS).

Geschlechterverhältnis: Frauen sind mit zunehmendem Alter häufiger von Schlafstörungen betroffen als Männer.

Häufigkeitsgipfel: Pavor nocturnus (Nachtschreck) haben 56 % der Kinder einmal im Alter zwischen 1 ½ und 13 Jahren; etwa jeder zehnte Zehnjährige wandelt im Schlaf (Somnambulismus) [1].
Die Tendenz zum nächtlichen Erwachen (Durchschlafstörungen) nehmen im Laufe des Alterns zu, da die Phasen des Tiefschlafes und die Schlaftiefe abnehmen.

Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) liegt für Pavor nocturnus bei 56 % und für Somnambulismus bei 29,1 % [1].
Für Insomnie liegt die Prävalenz bei 10-50 % (in Deutschland). Von einer gelegentlichen Insomnie sind 25-30 % betroffen und von einer chronischen Insomnie 10-13 %.
In China ist die Prävalenz der Insomnie mit 20,4 % bei jüngeren Menschen (≤ 43,7 Jahre) höher als bei Menschen, die älter als 43,7 Jahre sind [5].

Verlauf und Prognose: Schlafstörungen können zu Tagesmüdigkeit und Konzentrationsstörungen führen.
Beachte: Tagesmüdigkeit ist selbst im hohen Lebensalter nicht normal und weist immer auf eine dahinter liegende Erkrankung oder Störung hin.

Bei Kurzschläfern, die nur ein paar Stunden Ruhe in der Nacht benötigen und sich morgens ausgeschlafen fühlen, lässt sich kein erhöhtes Erkrankungsrisiko nachweisen. Im Gegenteil, bei Kurzschläfern ohne Insomnie ließen sich verminderte Raten von Herzerkrankungen und Hypercholesterinämie um ca. 40 Prozent, von Hypertonie um ca. 25 % nachweisen [2]. 
Dagegen starben Teilnehmer einer Studie mit neun bis zehn Stunden Schlaf zu 27 % häufiger und erlitten zu 10 % häufiger kardiovaskuläre Ereignisse als solche mit sechs bis acht Stunden Schlaf. Diese extremen Langschläfer litten vermehrt an Hypertonie (Bluthochdruck) und chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) [6].

Komorbiditäten (Begleiterkrankungen): Eine chronische Insomnie ist unter anderem assoziiert mit psychiatrischen Erkrankungen. So ist das Risiko für Depressionen um das 2,6-fache erhöht. Ebenso ist das Risiko für einen Myokardinfarkt (Herzinfarkt) und einen Apoplex (Schlaganfall) um bis zu 70 % gesteigert. Des Weiteren sind affektive Erkrankungen/bipolare Störungen, Angststörungen, Panikstörung, Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS), Alkoholabusus (Alkoholabhängigkeit), Borderlinestörungen, Demenzen, Essstörungen und Schizophrenie mit Schlafstörungen assoziiert (s. u. Folgeerkrankungen). 

Beachte: Eine Insomnie kann Prädiktor für verschiedene psychiatrische Erkrankungen sein (s. u. Komorbiditäten).  Persistierende Schlafstörungen gelten zudem als Risikofaktor für Rezidive (Wiederauftreten eine Erkrankung) psychiatrischer Erkrankungen (Cave: Gefahr der suizidalen Entwicklung).

Literatur

  1. Petit D et al.: Childhood Sleepwalking and Sleep Terrors. A Longitudinal Study of Prevalence and Familial Aggregation. JAMA Pediatr. 2015; online 4. Mai 2015; doi:10.1001/jamapediatrics.2015.127
  2. Ohayon MM: Epidemiology of sleep disorders and their effects on human health. Abstractband der Zeitschrift „Somnologie“ des Springer Medizin Verlages GmbH, 3.-5. Dezember, 2015
  3. American Academy of Sleep Medicine. International Classification of Sleep Disorders – Third Edition (ICSD-3). AASM Resource Library; 2014
  4. Mayer G, Rodenbeck A, Geisler P, Schulz H. Internationale Klassifikation der Schlafstörungen: Übersicht über die Änderungen in der ICSD-3. Somnologie. 2015;19:116-25
  5. Cao XL et al.: The prevalence of insomnia in the general population in China: A metaanalysis. PLoS One, 2017;12(2), e0170772.
  6. Wang C et al.: Association of estimated sleep duration and naps with mortality and cardiovascular events: a study of 116 632 people from 21 countries. European Heart Journal, ehy695, Published: 05 December 2018 https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehy695

Leitlinien

  1. S1-Leitlinie: Narkolepsie. (AWMF-Registernummer: 030-056), September 2012 Langfassung
  2. S3-Leitlinie: Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen Insomnie bei Erwachsenen. (AWMF-Registernummer: 063-003), Dezember 2017 Langfassung
  3. S1-Leitlinie: Nichtorganische Schlafstörungen (F51). (AWMF-Registernummer: 028 - 012), Juli 2018 Langfassung
  4. S2k-Leitlinie: Insomnie bei neurologischen Erkrankungen. (AWMF-Registernummer: 030-045), März 2020 Langfassung
  5. S3-Leitlinie: Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen Schlafbezogene Atmungsstörungen. (AWMF-Registernummer: 063-001), Juli 2020 Langfassung
  6. European Guidline: Management of Narcolepsy in Adults & Children. European journal of neurology. EAN April 2021.

     
Wir helfen Ihnen in jeder Lebenslage
Die auf unserer Homepage für Sie bereitgestellten Gesundheits- und Medizininformationen ersetzen nicht die professionelle Beratung oder Behandlung durch einen approbierten Arzt.
DocMedicus Suche

 
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
ArztOnline.jpg
 
DocMedicus                          
Gesundheitsportal

Unsere Partner DocMedicus Verlag