Folgeerkrankungen
Schlafstörungen (Insomnie)

Im Folgenden die wichtigsten Erkrankungen bzw. Komplikationen, die durch Insomnie (Schlafstörungen) mit bedingt sein können:

Augen und Augenanhangsgebilde (H00-H59) 

  • Glaukom (Grüner Star) – Menschen, die weniger als drei oder mehr als zehn Stunden pro Nacht schliefen, zeigten dreimal häufiger Sehnervenschäden durch ein Glaukom als Probanden mit sieben Stunden Nachtruhe [15].

Blut, blutbildende Organe – Immunsystem (D50-D90) 

  • Erhöhte Infektanfälligkeit (Immundefizienz); Personen mit weniger als fünf Stunden Schlaf im Vergleich zu Personen mit sieben bis acht Stunden Schlaf hatten 55,3 % mehr Erkältungen und Infektionen [8]

Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten (E00-E90) 

  • Adipositas (Übergewicht)
  • Diabetes mellitus Typ 2
  • Hormonstörungen durch gestörten Schlafrhythmus
  • Somatopause (Abfall des Wachstumshormons und IGF-1)

Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen und zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesens führen (Z00-Z99)

  • Burnout-Syndrom – Schlafstörungen bei Ärzten, oft arbeitsbedingt, führen zu signifikant höheren Burnout-Raten und Fehlerquoten [18]

Haut und Unterhaut (L00-L99)

  • Hautalterung

Herzkreislaufsystem (I00-I99)

  • Apoplex (Schlaganfall) [3]
    • Risikofaktoren für Schlaganfälle wg. Folgen einer Insomnie: exzessive Tagesschläfrigkeit (excessive daytime sleepiness, EDS) und erhöhtes Schlafbedürfnis (excessive need for sleep, ENS) im Sinne einer verlängerten nächtlichen Schlafdauer (> 10 Stunden) [17]
  • Herzinsuffizienz (Herzschwäche) [1]
  • Hypertonie (Bluthochdruck), Männer und Frauen < 60 Jahre [5]
  • Koronare Herzkrankheit (KHK; Herzkranzgefäßerkrankung)
  • Myokardinfarkt (Herzinfarkt)
  • Vorhofflimmern (VHF)

Muskel-Skelett-System und Bindegewebe (M00-M99)

  • Fibromyalgie (Fibromyalgie-Syndrom)  Syndrom, welches zu chronischen Schmerzen (mindestens 3 Monate) in mehreren Körperregionen führen kann
  • Morbus Bechterew (Synonym: ankylosierende Spondylitis) [6]* – chronische entzündliche Erkrankung der Wirbelsäule, die zu einer Gelenksteife (Ankylose) der betroffenen Gelenke führen kann
  • Rheumatoide Arthritis [6]* – chronisch entzündliche Multisystemerkrankung, die sich meist in Form einer Synovialitis (Gelenkinnenhautentzündung) manifestiert
  • Sjögren-Syndrom (Synonym: Sicca-Syndrom; lateinisch siccus ‚trocken‘) [6]* – Autoimmunerkrankung aus der Gruppe der Kollagenosen, bei der die Immunzellen die Speicheldrüsen und Tränendrüsen angreifen
  • Systemischer Lupus erythematodes (SLE) [6]* – Autoimmunerkrankungen, bei der es zur Bildung von Autoantikörpern kommt

*Schlafstörungen bei Patienten ohne Schlafapnoe (non-apnea sleep disorder, NSD)

Neubildungen (C00-D48)

  • Prostatakarzinom (Prostatakrebs) – regelmäßig unter Insomnie zu leiden, ging mit einem 1,1-fach höheren Risiko, an einem Prostatakarzinom zu erkranken einher (im Vergleich zu Teilnehmern, die nie oder selten Schlafprobleme hatten). Ebenso haben Männer, denen es einigermaßen leicht fällt am Morgen aufzustehen, im Vergleich zu Männern, die morgens leicht aus den Federn kommen, ein erhöhtes Prostatakarzinomrisiko [21].

Psyche – Nervensystem (F00-F99; G00-G99) 

  • Alkoholabhängigkeit (Alkoholabusus)
  • Angststörungen
  • Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit, der Konzentration oder des Gedächtnisses
  • Delir
  • Demenz (im Alter)
  • Depression
    • Schlafstörungen erwiesen sich auch als signifikanter Risikofaktor für Depressionen bei Kindern und Jugendlichen [19]; dieses sollte im Rahmen von Präventionsprogrammen Berücksichtigung finden.
      Einschränkung: niedrige Evidenz wg. uneinheitlichen Studiendesigns; randomisierte Studien sind abzuwarten.
  • Erschöpfung und MüdigkeitBurnout-Syndrom
  • Konzentrationsschwäche
  • Morbus Alzheimer? [9] – wahrscheinlich eher nicht: Studie auf Grundlage einer bidirektionalen Analyse nach Art der Mendel’schen Randomisierung; verwendet wurden mehr als 500.000 Datensätze aus genomweiten Assoziationsstudien [16]
  • Multiple Sklerose (MS) – Schlechter Schlaf bei Jugendlichen: Verkürzung auf weniger als sieben Stunden ist mit einem höheren Multiple-Sklerose-Risiko assoziiert [23].
  • Reizbarkeit
  • Soziale Isolation
  • Unruhegefühle
  • Stress
  • Zwangsstörungen

Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde, die anderenorts nicht klassifiziert sind (R00-R99)

  • Cephalgie (Kopfschmerzen)
  • Inflammation (Entzündung) (CRP (C-reaktives Protein) ↑) [2]; nur bei Frauen [5]
  • Natürliche Killerzellen (NK-Zellen; engl. natural killer cells) – abgeschwächter nächtlicher Ansteig der NK-Zellen [12, 13]
  • T-Zell-Funktion wird beeinträchtigt: z. B. Adhäsionsfähigkeit (Bindungsstärke) der T-Zellen an ICAM-1 (intercellular adhesion molecule-1) [12]
  • Sturzneigung/ Sturzrisiko erhöht (im Alter)
  • Suizidalität (Selbstmordgefährdung) – insb. bei Durchschlafstörungen [7]
  • Exzessive Tagesschläfrigkeit (excessive daytime sleepiness, EDS) – erhöhte Einschlafneigung, Schlafattacken oder Einschlafen gegen den eigenen Willen

Weiteres

  • Altersbedingte Veränderung des SchlafesREM-Latenz (Verzögerungszeit) ↓,  Schlaflatenz ↑, oberflächlicher Schlaf, Stadium N1 + stabiler Schlaf, Stadium N2 ↑; Tief- und REM-Schlafanteil ↓: Anteil nächtlicher Wachphasen (WASO) ↑↑
  • Alterung
  • Beeinträchtigungen der sozialen und beruflichen Leistungsfähigkeit
  • Heißhunger ("Müdigkeitsappetit") wg. Schlafverlust erhöht den subjektiven Wert von Nahrungsmitteln im Vergleich zu Nicht-Nahrungsmitteln; es zeigten sich in der Magnetresonanztomographie (MRT) erhöhte Aktivitäten in der Amygdala, die sich in den Temporallappen des Gehirns befindet und zum limbischen System gehört, sowie im Hypothalamus, der im Diencephalon (Zwischenhirn) liegt [11]
  • Laborparameter
    • Inflammation (Entzündung) (CRP (C-reaktives Protein) ) [2]; nur bei Frauen [5]
    • T-Zell-Funktion wird beeinträchtigt: z. B. Adhäsionsfähigkeit (Bindungsstärke) der T-Zellen an ICAM-1 (intercellular adhesion molecule-1) [14]
  • Leistungs- und Konzentrationsschwäche
  • Multimorbidität (gleichzeitige bestehen mehrere Krankheiten) – weniger als 5 Stunden Schlaf pro Nacht im mittleren und höheren Alter [22]:
    • Mit 50 Jahren höchs­tens 5 Stunden Schlaf pro Nacht: 30 % höheres Risiko für Multimorbidität
    • Mit 60 Jahren höchstens 5 Stunden Schlaf pro Nacht: 32 % höheres Risiko für Multimorbidität
    • Mit 70 Jahren höchstens 5 Stunden Schlaf pro Nacht40 % höheres Risiko für Multimorbidität
  • 24-stündiger Schlafentzug kann bei gesunden Menschen zu Zuständen führen, die der Schizophrenie ähnlich sind [4]
  • Stimmungsschwankungen, wie Gereiztheit
  • Tagesmüdigkeit
  • Verletzungen mit unklarem Unfallhergang (bei Somnambulismus/Schlafwandeln)
  • Zunahme der Schmerzempfindlichkeit (ggf. chronische Schmerzen)

Prognosefaktoren

  • Schlaf
    • Schlafqualität (= ungestörter, als gut empfundener Schlaf) und fettreduzierte Ernährung korrelieren mit der Leistungsfähigkeit tagsüber [10].
    • Einschlafzeit: Das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen ist bei späterer Einschlafzeiten versus Einschlafzeit zwischen 22:00 und 23:00 Uhr (= gesündeste Schlafenszeit) ist signifikant erhöht: nach Mitternacht um 25 % sowie zwischen 23 und 24 Uhr um 12 % und vor 22:00 Uhr um 24 % [20].

Literatur

  1. Laugsand LE, Strand LB, Platou C, Vatten LJ, Janszky I: Insomnia and the risk of incident heart failure: a population study. Eur Heart J (2013). doi: 10.1093/eurheartj/eht019
  2. Aho V et al.: Partial Sleep Restriction Activates Immune Response-Related Gene Expression Pathways: Experimental and Epidemiological Studies in Humans. Published: Oct 23, 2013. doi: 10.1371/journal.pone.0077184
  3. Wu MP et al.: Insomnia Subtypes and the Subsequent Risks of Stroke. Report From a Nationally Representative Cohort. 2014. doi: 10.1161/STROKEAHA.113.003675)
  4. Petrovsky N et al.: Sleep deprivation disrupts prepulse inhibition and induces psychosis-like symptoms in healthy humans, The Journal of Neuroscience. doi: 10.1523/JNEUROSCI.0904-14.2014
  5. Jackowska M et al.: Sleep and future cardiovascular risk: prospective analysis from the English Longitudinal Study of Ageing. doi: http://dx.doi.org/10.1016/j.sleep.2015.02.530
  6. Hsiao YH et al.: Sleep Disorders and Increased Risk of Autoimmune Diseases in Individuals without Sleep Apnea. Sleep. 2015 Apr 1;38(4):581-6. doi: 10.5665/sleep.4574.
  7. Fujino Y, Mizoue T, Tokui N et al.: Prospective cohort study of stress, life satisfaction, self-rated health, insomnia, and suicide death in Japan. Suicide Life Threat Behav 2005; 35:227-237
  8. Prather AA et al.: Association of Insufficient Sleep with Respiratory Infection Among Adults in the United States. JAMA Internal Medicine, online 11. April 2016
  9. Sprecher KE et al.: Poor sleep is associated with CSF biomarkers of amyloid pathology in cognitively normal adults. Neurology 2017 Aug 1;89(5):445-453. doi: 10.1212/WNL.0000000000004171. Epub 2017 Jul 5.
  10. Tan SL et al.: Associations among Sleep, Diet, Quality of Life, and Subjective Health. Health Behavior & Policy Review, 2018;5(2), 46-58.
  11. Rihm JS et al.: Sleep deprivation selectively up-regulates an amygdala-hypothalamic circuit involved in food reward. Journal of Neuroscience 17 December 2018, 0250-18; doi: https://doi.org/10.1523/JNEUROSCI.0250-18.2018
  12. Irwin MR: Why sleep is important for health: a psychoneuroimmunology perspective. Annu Rev Psychol 2015; 66:143-172 doi: 10.1146/annurev-psych-010213-115205
  13. Irwin MR, Olmstead R, Carroll JE: Sleep disturbance, sleep duration, and inflammation: a systematic review and meta-analysis of cohort studies and experimental sleep deprivation. Biol Psychiatry 2016 Jul 1;80(1):40-52. doi: 10.1016/j.biopsych.2015.05.014. Epub 2015 Jun 1.
  14. Dimitrov S et al.: Gαs-coupled receptor signaling and sleep regulate integrin activation of human antigen-specific T cells. Journal of Experimental Medicine Published February 12, 2019 doi: http://jem.rupress.org/cgi/doi/10.1084/jem.20181169
  15. Qiu M, Ramulu PY, Boland MV: Association Between Sleep Parameters and Glaucoma in the United States Population: National Health and Nutrition Examination Survey. J Glaucoma. 2019 Feb;28(2):97-104. doi: 10.1097/IJG.0000000000001169.
  16. Huang J et al.: Sleep, major depressive disorder and Alzheimer's disease. A Mendelian randomisation study. Neurology 2020; https://doi.org/10.1212/WNL.0000000000010463
  17. Gottlieb E, Landau E, Baxter H. The bidirectional impact of sleep and circadian rhythm dysfunction in human ischaemic stroke: A systematic review. Sleep Med Rev 2019;45:54-69
  18. Trockel MT et al.: Assessment of Physician Sleep andWellness, Burnout, and Clinically Significant Medical Errors. JAMA Network Open 2020;3(12):e2028111. https://doi.org/10.1001/jamanetworkopen.2020.28111
  19. Marino C. et al.: Association Between Disturbed Sleep and Depression in Children and Youths: A Systematic Review and Meta-analysis of Cohort Studies. JAMA Netw Open. 2021;4(3):e212373. doi:10.1001/jamanetworkopen.2021.2373
  20. Nikbakhtian S et al.: Accelerometer-derived sleep onset timing and cardiovascular disease incidence: a UK Biobank cohort study. European Heart Journal – Digital Health 2021. https://doi.org/10.1093/ehjdh/ztab088.
  21. Lv X et al.: Relationships of sleep traits with prostate cancer risk: A prospective study of 213,999 UK Biobank participants. Prostate 2022; https://doi.org/10.1002/pros.24345
  22. Sabia S et al.: Association of sleep duration at age 50, 60, and 70 years with risk of multimorbidity in the UK: 25-year follow-up of the Whitehall II cohort study PLOS Medicine Published: October 18, 2022 https://doi.org/10.1371/journal.pmed.1004109
  23. Åkerstedt T et al.: Insufficient sleep during adolescence and risk of multiple sclerosis: results from a Swedish case-control study. J Neurol Neurosurg Psychiatry 2023; https://doi.org/10.1136/jnnp-2022-330123
     
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