Medikamentöse Therapie
Schlafstörungen (Insomnie)

Therapieziel

Wiederherstellen eines angemessenen Schlaf-Wach-Rhythmus

Therapieempfehlungen

  • Vor einer medikamentösen Therapie soll bei Erwachsenen jedes Lebensalters als erste Behandlungsoption eine kognitive Verhaltenstherapie (KVT) durchgeführt werden.
  • Keine medikamentöse Therapie ohne vorherige Abklärung der Ursache (s. u. chronische Schmerzen, Depressionen; Medikamenteneinnahme)!
  • Schlafinduzierende Medikamente sollten höchstens vier Wochen verordnet werden!
  • Eine Einnahme für 4-6 Nächte pro Monat ist vertretbar.
  • Benzodiazepine und Benzodiazepin-Rezeptor-Agonisten sind aufgrund potentieller Toleranz und Abhängigkeitsentwicklung nicht Mittel der ersten Wahl bei Schlafstörungen; gleiches gilt für sedierende Antidepressiva
    Achtung! Wenn
    Bezodiazepine, dann Einsatz nur kurzfristig, d. h. 2-4 Wochen (wg. Gefahr der Abhängigkeit)!
  • Non-Benzodiazepine (Z-Substanzen; Z-Drugs) sind Mittel der ersten Wahl bei Einschlafstörungen: Zaleplon, Zolpidem, Zopiclon
    Beachte: Frühe Einnahme der Z-Substanzen am Abend, da sonst bei späterer Einnahme mit Beeinträchtigungen am Morgen zu rechnen ist.
    FDA Drug Safety Communication: Nach Einnahme von Eszopiclon, Zaleplon und Zolpidem kann es zu tödlichem Schlafwandeln, d. h. tödlichen Stürzen und zudem zu Stürzen mit schweren Verletzungen wie intrakraniellen Blutungen (Hirnblutungen), Wirbelkörper- und Hüftfrakturen, kommen [2].
  • Melatonin ist Mittel der ersten Wahl bei Patienten mit primärer Insomnie (Schlafstörung, die sich durch das Fehlen einer organischen oder psychiatrischen Erkrankung auszeichnet) ab 55 Jahren [1].
  • Antidepressiva werden ggf. eingesetzt bei Insomnie und depressiven Erkrankungen
  • Insomnie bei neurologischen Erkrankungen [Leitlinien: S2k-Leitlinie]
    • Apoplex (Schlaganfall)Benzodiazepinrezeptoragonisten (kurzzeitiger Einsatz), sedierenden Antidepressiva (z. B. Amitriptylin, Trazodon, Mianserin, Mirtazapin, Agomelatin); Therapie mit Echtzeitlicht
    • Demenz: Z-Drugs in hoher Dosierung erhöhen nach den Ergebnissen einer Beobachtungs­studie das Risiko von Frakturen (+67 %), Stürzen (+33 %) und Apoplexen (+88 %). Bei Behandlung mit Z-Drugs in niedriger Dosierung (äquivalent zu 3,75 mg Zopiclon oder weniger) war kein erhöhtes Risiko auf die genannten Nebenwirkungen nachweisbar. Der Vergleich klassische Benzodiazepine versus Z-Drugs zeigte bis auf einer niedrigeren Mortalität (Sterberate; HR: 073) keine statistischen Unterschiede [3].
    • Epilepsien (Krampfleiden)retardiertes Melatonin, um die ein Schlaflatenz zu verkürzen; vorzugsweise Antiepileptika einsetzen, die den Schlaf nicht stören.
    • Kopfschmerzen: medikamentöse Therapie (s. u. Kopfschmerzen) in Kombination mit einer kognitiven Verhaltenstherapie (KVT); ggf. auch Melatonin; weitere Maßnahmen: Lichttherapie
    • Morbus Parkinson: medikamentöse Therapie (Eszopiclon, Doxepin, Trazodon, Ramelteon, Zolpidem und Melato­nin); Antipsychotikum Pimavanserin und Antidepressiva Venlafaxin und Nortriptylin sollen die subjektive Schlafqualität verbessern.
    • Multiple Sklerose (MS): Therapieversuch mit Melatonin; weitere Maßnahmen: „Kognitive Verhaltenstherapie bei Schlaflosigkeit“ (Cognitive behavioral therapy for insomnia, CBTi)
      Beachte: Eine Corticosteroidtherapie führt im Regelfall zur Suppression des Melatoninspiegels und damit zu einer Insomnie.
  • Alle genannten Medikamente – außer Melatonin – beeinflussen den Schlaf unphysiologisch ("nicht den normalen Lebensvorgängen entsprechend")!
  • Siehe auch unter "Weitere Therapie".

Phytotherapeutika

Wirkstoffe  Dosierung  Besonderheiten
Baldrian (Valerianae radix; Valeriana officinalis) 400-800 mg/d
(abhängig von Zusammensetzung und Zubereitungsform)
Schlafstörungen, Unruhezustände
Rezeptfrei
Hopfen (Humulus) abhängig von Zusammensetzung und Zubereitungsform
Melisse (Melissa) abhängig von Zusammensetzung und Zubereitungsform
Passionsblume (Passiflora incarnata) abhängig von Zusammensetzung und Zubereitungsform
Schlafbeere oder Winterkirsche (Withania somnifera) bzw. selten auch als Indischer Ginseng abhängig von Zusammensetzung und Zubereitungsform

Chronische Schmerzen, Schlafstörungen und Depression

Das Symptomcluster "Schmerzen, Schlafstörungen und Depression" ist sehr häufig vorzufinden. Dieses ist nicht erstaunlich, da die drei Symptombereiche in einer Wechselbeziehung zueinander stehen. Zum einen haben sie Überschneidungsbereiche, zum anderen verstärken sie sich gegenseitig:

  • Depressionen und depressive Verstimmungen gehen häufig mit chronischen Schmerzen einher.
  • Wiederholter Schlafentzug kann eine Depression lindern, erhöht aber auch die Schmerzempfindlichkeit.
  • Gestörter Schlaf kann somit auch Ursache einer erhöhten Schmerzempfindlichkeit sein!
  • Chronische Schmerzen gehen mit einer deutlich erhöhten Prävalenz von Insomnien bzw. einer eingeschränkten Schlafqualität einher; Patienten mit chronischen Schmerzen entwickeln häufig eine Depression

Zur medikamentösen Therapie bei Depression siehe unter "Depression" unter Pharmakotherapie.
Zur medikamentösen Therapie bei Schlafstörungen siehe unter "Schlafstörung" unter Pharmakotherapie.

Supplemente (Nahrungsergänzungsmittel; Vitalstoffe)

Geeignete Nahrungsergänzungsmittel für einen erholsamen Schlafsollten die folgenden Vitalstoffe enthalten:

  • Vitamine (D, E, B1, B2, B3, B5, B6, B12, Folsäure, Biotin)
  • Mineralstoffe (Magnesium)
  • Spurenelemente (Zink)
  • Fettsäuren (Omega-3-Fettsäuren: Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA))
  • Aminosäuren (Tryptophan)
  • Weitere Vitalstoffe (Baldrianwurzel-Extrakt, Melissenkraut-Extrakt, Schlafbeerenwurzel-Extrakt)

Tryptophan – aus dem der menschliche Körper Serotonin und das Schlafhormon Melatonin herstellt – ist als einziger Vitalstoff häufig nicht ausreichend für das Erreichen einer ruhigen Nacht. Erst in Kombination mit den B-Vitaminen und Magnesium kommt es unter anderem zu einer normalen Funktion des Nervensystems sowie zur Verringerung von Müdigkeit und Ermüdung. Zink trägt dabei zu einer normalen kognitiven Funktion bei.

Beachte: Die aufgeführten Vitalstoffe sind kein Ersatz für eine medikamentöse Therapie. Nahrungsergänzungsmittel sind dazu bestimmt, die allgemeine Ernährung in der jeweiligen Lebenssituation zu ergänzen.

Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.

Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.

Literatur

  1. Wilson SJ et al. British Association for Psychopharmacology consensus statement on evidence-based treatment of insomnia, parasomnias and circadian rhythm disorders. J Psychopharmacol 2010, 24(11):1577-1600 
  2. FDA Drug Safety Communication: FDA adds Boxed Warning for risk of serious injuries caused by sleepwalking with certain prescription insomnia medicines. 04/30/2019
  3. Richardson K et al.: Adverse effects of Z-drugs for sleep disturbance in people living with dementia: a population-based cohort study. BMC Medicine 2020;18, 351 

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen Insomnie bei Erwachsenen. (AWMF-Registernummer: 063-003), Dezember 2017 Langfassung
  2. S2k-Leitlinie: Insomnie bei neurologischen Erkrankungen. (AWMF-Registernummer: 030-045), März 2020 Langfassung

     
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