Hämodiafiltration

Bei der Hämodiafiltration (HDF) handelt es sich um ein therapeutisches Verfahren der inneren Medizin, insbesondere der Nephrologie, welches als extrakorporales Blutreinigungsverfahren eine Kombination aus Hämodialyse und Hämofiltration darstellt. Das primäre Einsatzgebiet der Hämodiafiltration stellt die Verwendung des Systems in der dauerhaften Therapie einer chronischen Niereninsuffizienz dar. Aufgrund dieser Kombination der beiden Blutreinigungsverfahren wird es möglich, dass sowohl die Entfernung der nieder- als auch der mittelmolekularen Substanzen durchzuführen ist. Der Entzug dieser Substanzen ist nur bei einem kontrollierten Ersatz des Ultrafiltrats durch physiologische Elektrolytlösung realisierbar. Die Zugabe der Ersatzlösung direkt ins Blut erfolgt entweder vor oder nach dem Dialysator. Um einen Volumenausgleich wiederherstellen zu können, ist es notwendig, dass die zugegebene Flüssigkeit mittels Dialysator wieder entfernt wird. Resultat dieses Prozesses ist die Erzeugung eines höheren, transmembranären Flusses. Dies hat zur Folge, dass die im Blut vorhandenen Schadstoffe und Toxine effektiver eliminiert werden können.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Chronisch terminale Niereninsuffizienz – wie bereits beschrieben wird dieses extrakorporale Blutreinigungsverfahren ausschließlich zur dauerhaften Therapie bei chronisch kranken Patienten eingesetzt und nicht zur Akuttherapie. Die Daten aus den bisher durchgeführten Studien belegen, dass insbesondere die On-line-Hämodiafiltration als Verfahren die Effektivität der extrakorporalen Blutreinigung bei einer überlegeneren Verträglichkeit relevant verbessern kann. Zur Verbesserung der Morbiditäts- und Mortalitätsraten wurden bisher keine aussagekräftigen Studien durchgeführt.

Kontraindikationen (Gegenanzeigen) 

Exsikkose – bei Patienten mit einem schwerwiegenden Grundleiden, das mit einer deutlichen Exsikkose (Austrocknung) einhergeht, sollte keine Hämodiafiltration durchgeführt werden.

Vor der Therapie

  • Patientenevaluation: Vor Beginn der HDF muss der Patient gründlich untersucht werden, um sicherzustellen, dass keine Kontraindikationen wie schwere Exsikkose vorliegen.
  • Vorbereitung des Equipments: Die Wahl des richtigen Dialysators und die Vorbereitung des HDF-Systems sind entscheidend. Es ist sicherzustellen, dass alle Komponenten, einschließlich der Membranen, optimal funktionieren.
  • Patientenaufklärung: Der Patient sollte über das Verfahren, seine Risiken und den zu erwartenden Nutzen informiert werden.

Das Verfahren

Das Prinzip der Hämodiafiltration beruht primär auf der Nutzung der Vorteile sowohl von der Hämodialyse als auch von der Hämofiltration. Durch die Hämofiltration wird dem Blut Flüssigkeit entzogen, ohne dass ein Dialysat (Spüllösung) notwendig ist. Entscheidender Unterschied bei der Nutzung der Hämofiltration im Vergleich zu einer herkömmlichen Hämodialyse ist die Tatsache, dass bei der Hämofiltration anstatt eines Dialysators ein Hämofilter eingesetzt wird. Problematisch bei der Hämofiltration ist jedoch, dass nur eine nicht ausreichende Entfernung niedrigmolekularer harnpflichtiger Substanzen erreicht werden kann. Um eine Erhöhung der Menge der eliminierbaren kleinmolekularen Stoffe zu erreichen, bedarf es der gemeinsamen und gleichzeitigen Verwendung sowohl von der klassischen Hämodialyse als auch von der Hämofiltration. Auch die Gesamteliminationsrate der mittelmolekularen schädlichen Substanzen erhöht sich durch die Kombination beider Verfahren. Der Parameter, der die Elimination harnpflichtiger Substanzen beschreibt, ist der sogenannte Siebkoeffizient. Anhand des Siebkoeffizienten können die verschiedenen Substanzen klassifiziert werden, wobei beispielsweise Stoffe, die die vorhandene Membran problemlos überwinden können, einen Siebkoeffizienten von eins aufweisen. Somit ist bei allen Substanzen, die den gleichen Siebkoeffizienten aufweisen, die Elimination von Ultrafiltrationsrate abzuleiten.

Zur Verbesserung der Filtrationsleistung werden bei der Hämodiafiltration moderne High-flux-Dialysatoren eingesetzt, um die Clearance (Entfernung einer definierten Substanz) über das gesamte Molekulargewichtsspektrum zu verbessern. Damit eine optimale Funktion der Hämodiafiltration erreicht werden kann, müssen die Dialysatormembranen hochpermeabel (optimal durchlässig) sein. Eine ausreichende Funktion wird beispielsweise erreicht, wenn die Oberfläche der Dialysatormembran ungefähr 15-20 % größer als bei der konventionellen Hämodialyse ist. Aufgrund dessen ist die Ultrafiltrationsrate nicht durch den Blutfluss eingeschränkt. Damit eine therapeutisch relevante Austauschmenge erreicht werden kann, muss ein starker Blutfluss gewährleistet werden. Somit wird bei der Hämodiafiltration ein höherer Blutfluss als bei der konventionellen Hämodialyse angestrebt.

Formen der Hämodiafiltration

  • Klassische Hämodiafiltration – bei diesem System der Hämodiafiltration wird zum Volumenausgleich normalerweise eine in Beuteln abgepackte Substitutionslösung verwendet. Sollte jedoch Bedarf für eine große Volumengabe mit einer Infusion aus einer abgepackten Substitutionslösung bestehen, so ist dies mit einem Mehraufwand aus technischer und finanzieller Sicht verbunden. Aufgrund der Begrenzung der Austauschmenge bei diesem System ist diese auf ein Maximum von acht bis elf Liter pro Behandlungseinheit beschränkt.
  • High-flux-Dialyse – die Besonderheit dieses Verfahrens ist die Anwendung einer sogenannten Backfiltration (Rückfiltration), mit der die Ultrafiltrationsrate signifikant gesteigert werden kann. Folglich nimmt der Stofftransport zu. Die Verbesserung der Austauschmenge um ein bis zwei Liter pro Behandlungseinheit beruht ausschließlich auf der Anwendung der Backfiltration bei der High-flux-Dialyse. Als problematisch ist jedoch zu werten, dass die Backfiltration mit einem Kontaminationsrisiko (Verunreinigungsrisiko) assoziiert ist, da insbesondere mikrobiologische Substanzen und die aus ihnen entstehenden Endotoxine (eine bestimmte Gruppe von Bakterien – gram-negative – setzen bei ihrem Untergang schädliche kleinmolekulare Substanzen frei) das Dialysat besiedeln beziehungsweise verunreinigen können. Des Weiteren ist zu bedenken, dass die von Bakterien gebildeten Biofilme die Leitungssysteme der High-flux-Dialyse kontaminieren können. Laut diverser Leitlinien kann die High-flux-Dialyse der Hämodiafiltration zugeordnet werden.
  • On-line-Verfahren – dieses Verfahren stellt eine konsequente Weiterentwicklung der klassischen Hämodiafiltration dar, weil es die Voraussetzungen schafft, eine Kostenreduktion für die Bereitstellung der Substitutionslösung zu erwirken, sodass eine ökonomische Anwendung des Verfahrens auch bei größeren Austauschvolumina gegeben ist. Das Grundprinzip für das On-line-Verfahren beruht auf der Gewinnung von einer Austauschlösung in größerer Menge durch die Filtration vom Dialysat im Dialysesystem. Überdies wird beim On-line-Verfahren ein Endotoxinfilter eingesetzt, um das Risiko einer Kontamination zu minimieren. Die verwendete Elektrolytlösung muss demnach diesen Filter passieren und wird im Anschluss in zwei Teilströme aufgeteilt. Der erste Teilstrom endet in der Dialysierflüssigkeit, wo hingegen der zweite in die Substitutionslösung geleitet wird. Ein weiteres Filtersystem soll gewährleisten, dass die Keimbelastung in der Substitutionslösung möglichst niedrig gehalten werden kann. Somit ist dieses Verfahren auch bei erheblicher mikrobieller Kontamination zur sicheren Entfernung von Pyogenen geeignet.

Nach der Therapie

  • Patientenüberwachung: Nach der HDF sollte der Patient auf Anzeichen von Komplikationen wie Elektrolytentgleisungen oder Thrombosen überwacht werden.
  • Regelmäßige Evaluation: Regelmäßige Folgeuntersuchungen sind wichtig, um die Langzeitwirkung der Behandlung zu bewerten und Anpassungen vorzunehmen.

Mögliche Komplikationen

  • Infektionsgefahr – trotz diverser Filtersysteme, wie zum Beispiel eines Endotoxinfilters oder eines sogenannten Ultrafilters kann das Risiko einer Infektion nicht ausgeschlossen werden, insbesondere deshalb nicht, da das Verfahren primär bei Patienten durchgeführt wird, die immunsupprimiert (abwehrgeschwächt) sind.
  • Hypothermie – der Wärmeverlust der Patienten beruht in diesem Fall auf dem extrakorporalen (außerhalb des Körpers) Kreislauf. Das hier verwendete Schlauchsystem kann ebenfalls zur Temperaturreduktion beitragen.
  • Elektrolytentgleisung – Elektrolytentgleisungen können durch die falsche Gabe von Elektrolytlösungen entstehen. Überdies sind Patienten für eine Elektrolytentgleisung prädestiniert, die über eine katabole Stoffwechsellage verfügen.
  • Thrombose – trotz zahlreicher Maßnahmen zur Antikoagulation ist es dennoch möglich, dass eine Thrombose mit allen Folgeerscheinungen entstehen kann. Ursache kann eine ungenügende Heparinisierung und Immobilität während der Therapie sein. Außerdem sind Patienten mit einer hohen Blutviskosität durch einen zu starken Wasserentzug bei der Hämofiltration besonders gefährdet.

Weitere Hinweise

  • Überlebenschancen von Personen mit chronischem Nierenversagen unter Hämodiafiltration und unter Hämodialyse: Die Gesamtmortalität (Gesamtsterberate) war in der Gruppe mit Hochdosis-Hämodiafiltration geringer als in der mit High-Flux-Dialyse [6]:
    • Die Gesamtmortalität in der Gruppe mit der klassischen Dialyse lag bei knapp 22 %, während sie in der Diafiltrationsgruppe nur rund 17 % betrug, was einer Risikoreduktion von 23 % entspricht (mediane Nachbeobachtungszeit von 30 Monaten).
    • Es keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen in Bezug auf kardiovaskulärer Ursachen, erneuten Klinikaufenthalten und dem kombinierten Endpunkt aus tödlichen und nicht tödlichen kardiovaskulären Ereignissen.

Literatur

  1. Bauer S: Clinical Research in Cardiology Supplements. Springer Verlag 2006
  2. Gütlich D, Hochscherf M, Hopf HB.: Erfolgreiche Reanimation einer Patientin mit hyperkaliämischem Herzstillstand durch notfallmäßige Hämodiafiltration. Der Anästhesist. 2005. 54:1100-1104
  3. Hörl W: Dialyseverfahren in Klinik und Praxis: Technik und Klinik. Georg Thieme Verlag 2003
  4. Keller C: Praxis der Nephrologie. Springer Verlag 2010
  5. Böcker W: Pathologie, Urban & Fischer Verlag 2008
  6. Blankestijn PJ et al.: Effect of Hemodiafiltration or Hemodialysis on Mortality in Kidney Failure. N Engl J Med 2023; https://doi.org/10.1056/NEJMoa2304820

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Versorgung von Patienten mit chronischer nicht-dialysepflichtiger Nierenerkrankung in der Hausarztpraxis. (AWMF-Registernummer: 053 - 048), Juni 2019 Kurzfassung Langfassung

     
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