Fortpflanzungsmedizinische Verfahren

Vor dem Beginn therapeutischer Maßnahmen/assistierter Reproduktionstechniken (ART) – wie beispielsweise einer künstlichen Befruchtung, auch In-vitro-Fertilisation (IVF) genannt – sind in jedem Fall – im Sinne einer ganzheitlichen Fortpflanzungsmedizin folgende Voraussetzungen zu erfüllen:

  1. Reduktion der individuellen Risikofaktoren für eine Fertilitätsstörung/Fruchtbarkeitsstörung!
  2. Ernährungsmedizinische Beratung inkl. Mikronährstofftherapie
  3. Sportmedizinische Beratung und Aufnahme einer sportlichen Betätigung
  4. Ggf. Maßnahmen der Stressbewältigung
  5. Ernährungsanalyse für den Mann/die Frau, inkl. Gesundheitsrisiko-Analyse
  6. Gesundheitscheck für den Mann/die Frau

Fortpflanzungsmedizinische Behandlungsmethoden/assistierte Reproduktionstechnologien ("assisted reproduction technologies“ ART) für den Mann:  

  • Testikuläre Spermienextraktion (TESE) – Gewinnung von Spermien aus dem Hoden
  • Mikrochirurgische epididymale Spermienaspiration (MESA) – Gewinnung von Spermien aus dem Nebenhoden
  • Ggf. Refertilisationsoperation (Wiederherstellung der Fertilität)

Fortpflanzungsmedizinische Behandlungsmethoden/assistierte Reproduktionstechnologien ("assisted reproduction technologies“ ART) für die Frau:  

  • Insemination – intrauterine Insemination (IUI; Samenzellübertragung in die Gebärmutterhöhle)
  • In-vitro-Fertilisation (IVF) – künstliche Befruchtung im Reagenzglas
  • Intracytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) – Einbringung einer Samenzelle in die Eizelle
  • Intratubarer Gametentransfer/Gamete Intrafallopian Transfer (GIFT) – Einbringung von Ei- und Samenzellen in den Eileiter
  • In-vitro-Maturation (IVM) – Eireifung im Reagenzglas
  • Ggf. Refertilisationsoperation (=  Wiederherstellung der Fertilität)

Weitere, die Fortpflanzung unterstützende Maßnahmen:

  • Später Embryotransfer (ET) am 5. oder 6. Tag (= Blastozystentransfer)
    Üblicherweise werden die Embryonen etwas mehr als 48 Stunden nach der Punktion in die Gebärmutter zurückgegeben (Transfer). Zu diesem Zeitpunkt haben sie sich bereits geteilt und liegen im 4-8-Zellstadium vor.
  • Kryokonservierung – Einfrieren von befruchteten Eizellen im Vorkernstadium sowie von Spermien (Samenzellen)
  • Assisted Hatching – dabei wird die Hülle des Embryos angeritzt – im Regelfall mit einem Laser –, was ihm das Verlassen der Hülle erleichtert und möglicherweise auch die Einnistung
  • Endometriales „Scratching“ – das Ankratzen der Gebärmutterschleimhaut – beschreiben australische Forschende als eine gängige Zusatzbehandlung der In-Vitro-Fertilisation (IVF). Eindeutige Belege für bessere Chancen auf eine Lebendgeburt gibt es dazu allerdings nicht [2].

Weitere Hinweise

  • Frauen mit einem Blastozystentransfer am fünften Tag haben ein deutlich höheres Risiko für einen für Gestationsdiabetes mellitus (GDM; Schwangerschaftsdiabetes) als Frauen mit einem Embryotransfer am dritten Tag (21,15 % versus 14,85 %). Andere Risiko­faktoren wie beispielsweise Alter, Body-Mass-Index oder Anzahl und Qualität der Eizellen wurden dabei ausgeschlossen [1].
  • Entstandene Schwangerschaften durch künstliche Befruchtung (IVF; ICSI) gehen mit höheren Risiken für Geburtskomplikationen und vaskulären Erkrankungen (Gefäßerkrankungen) einher als Schwangerschaften, die durch natürliche Empfängnis zustande gekommen sind [3]:
    • vorzeitigen Plazentaablösung (aOR 1,57), Kaiserschnittentbindung (aOR 1,38) und Frühgeburt (aOR 1,26) 
    • höheres Risiko für akutes Nieren­versagen (AKI; aOR 2,52) und für Herzrhythmusstörungen (aOR 1,65)
  • Der Einsatz assistierter Reproduktionstechnologien (ART) hatte für Frauen über den Verlauf von median 11 Jahre keine kardiovaskulären Konsequenzen. D. h. Frauen, die mit ART schwanger geworden waren, hatten kein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Frauen, die ohne ART schwanger geworden waren; auch eine separate Betrachtung ergab keine erhöhten Risiken für Koronare Herzkrankheit (KHK; Herzkranzgefäßerkrankung), zerebrovaskuläre Erkrankungen, Apoplex (Schlaganfall), Kardiomyopathie (Herzmuskelerkrankung), Herzinsuffizienz (Herzschwäche), Lungenembolien oder tiefe Venenthrombose (TVT) [4].
    Studientyp: Kohortenstudie mit 2.496.441 Personen in Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden
  • Erhöhtes Apoplexrisiko (Schlaganfallrisiko) bei Zustand nach Fertilitätsbehandlung und Entbindung (Zeitraum: zwölf Monate nach der Entbindung); Risiko für hämorrhagische Insulte ist dabei größer als für ischämische [5].

Bitte beachten Sie!

Die körperliche und psychische Gesundheit von Mann und Frau sowie eine gesunde Lebensweise sind wichtige Voraussetzungen für eine erfolgreiche Kinderwunschbehandlung.

Vor dem Beginn therapeutischer Maßnahmen sollten Sie in jedem Fall soweit möglich Ihre individuellen Risikofaktoren reduzieren!

Lassen Sie deshalb vor Beginn einer fortpflanzungsmedizinischen Maßnahme (z. B. IUI, IVF etc.) einen Gesundheitscheck und eine Ernährungsanalyse zur Optimierung Ihrer persönlichen Fertilität (Fruchtbarkeit) durchführen.

Literatur

  1. Chen H et al.: Blastocyst Transfer: A risk Factor for Gestational Diabetes Mellitus in Women undergoing in vitro Fertilization J Clin Endocrinol Metab . 2021 Aug 20;dgab594. doi: 10.1210/clinem/dgab594.
  2. Günther V et al.: Endometrial “Scratching” An update and overview of current research J Turk Ger Gynecol Assoc. 2020 Jun; 21(2): 124-129. doi: 10.4274/jtgga.galenos.2020.2019.0175
  3. Wu P et al.: In‐Hospital Complications in Pregnancies Conceived by Assisted Reproductive Technology Journal of the American Heart Association. 2022;11:e022658 https://doi.org/10.1161/JAHA.121.022658
  4. Magnus MC et al.: Maternal Risk of Cardiovascular Disease After Use of Assisted Reproductive Technologies JAMA Cardiol. Published online August 9, 2023. doi:10.1001/jamacardio.2023.2324
  5. Sachdev D et al.: Risk of Stroke Hospitalization After Infertility Treatment JAMA Netw Open. 2023;6(8):e2331470. doi:10.1001/jamanetworkopen.2023.31470
     
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