Ursachen
Sarkopenie

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Bereits ab dem 50. Lebensjahr beginnt der physiologische Abbau der Muskelmasse (durchschnittlich 1-2 % pro Jahr). Parallel sinkt die Muskelkraft um 1,5 % pro Jahr, nach dem 60. Lebensjahr sogar um 3 % pro Jahr. Bis zum 80. Lebensjahr verliert der Mensch zwischen 20 und 40 % seiner Muskelmasse.

Ohne ausreichende körperliche Aktivität bzw. Sport können sogar bis zu 50 Prozent der Muskelmasse bis zum 80. Lebensjahr verloren gehen.

Es wird diskutiert, dass ein Abbau von Synapsen ein wichtiger Faktor bei der Entstehung der Sarkopenie ist. Signale aus dem zentralen Nervensystem (ZNS) werden über Synapsen (Stelle neuronaler Verknüpfung, mit der eine Nervenzelle in Kontakt steht zu einer anderen Zelle steht) von den Nerven- auf die Muskelzellen übertragen. Werden diese Kontaktstellen durch gestörte biochemische Prozesse (Aging; niedriggradige Inflammation des Alterns; engl. „low-grade inflammation of aging“) zurückgebildet, verliert der Muskel seine Funktionstüchtigkeit und Stabilität.
Zu den wichtigen Faktoren bei diesen Prozessen zählen insbesondere das IL-6 und das IGF-1.

Des Weiteren spielen altersassoziierte hormonelle Veränderungen (vor allem Abfall des Testosteronspiegels), neurodegenerative Prozesse und eine mitochondriale Dysfunktion (Fehlfunktion der Mitochondrien/Kraftwerke der Zellen) eine wichtige Rolle in der Pathogenese der Sarkopenie.

Zur Pathogenese der Sarkopenie bei Tumorpatienten: Hier steht die systemische Inflammation (wg. chronischer, krankheitsbedingter Inflammation) neben der unzureichenden Energie- und Proteinzufuhr sowie körperliche Inaktivität im Vordergrund.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Genetische Disposition – ca. 30 % der Varianz in Muskelmasse und Kraft können durch genetische Einflüsse bedingt sein 
  • Lebensalter – zunehmendes Alter (ab dem 70. Lebensjahr); wahrscheinlich schon vor dem 50. Lebensjahr durch Abnahme des Testosteronspiegels

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Ernährung
    • Mangelernährung/Malnutrition (mangelnde Zufuhr oder Aufnahme von Energie und Nährstoffen über die Nahrung)
      • Unzureichende Kalorienzufuhr – im Alter beträgt eine angemessene Kalorienzufuhr 25-30 Kcal pro Kilogramm Körpergewicht
      • Unzureichende Proteinaufnahme (Eiweißaufnahme) – ab dem 65. Lebensjahr empfiehlt sich eine tägliche Proteinzufuhr von 1,0-1,2 Gramm pro Kilogramm 
    • Mikronährstoffmangel (Vitalstoffe) – siehe Prävention mit Mikronährstoffen; kritische Nährstoffe/Mikronährstoffe sind u. a.: Protein, Vitamin D, E, C, B12, Folsäure sowie die Mineralstoffe Calcium und Magnesium und das Spurenelement Eisen
  • Körperliche Aktivität
    • Bewegungsarme Lebensführung
    • Inaktivität/Immobilisation
  • Schwerelosigkeit

Altersbedingte Ursachen (ohne Krankheiten)

  • Ablehnung des Essens
  • Abnehmende Sinnesqualitäten wie Schmecken und Riechen
  • Appetitlosigkeit
  • Armut
  • Dysphagie (Schluckstörung) durch verschiedene Erkrankungen wie beispielsweise Apoplex (Schlaganfall)
  • Eingeschränkte Mobilität
  • Eingeschränkter Visus – eingeschränkte Sehfähigkeit
  • Einsamkeit
  • Einseitige Lebensmittelwahl
  • Erhöhte Aktivität von Sättigungsfaktoren wie Cholecystokinin – Hormon des Magen-Darm-Traktes (auch "Gallenblasenbeweger" genannt)
  • Geringer Genuss beim Essen
  • Gestörte Membranfunktionen und Transportvorgänge
  • Kaustörungen durch eine schlecht sitzende Prothese oder Entzündungen im Mund- und Rachenraum
  • Resorptionsstörungen
  • Schlechter Zahnstatus
  • Unausgewogene und unzureichende Nahrungsaufnahme
  • Ungewohnte Umgebung bei Umzug ins Altersheim
  • Unselbstständigkeit beim Einkaufen und/oder Kochen und Essen
  • Vergesslichkeit
  • Verminderte Enzymaktivität
  • Verminderte körperliche Aktivität und einen geringeren Energiebedarf
  • Verringerter Essantrieb durch Veränderungen im Hirnstoffwechsel

Krankheitsbedingte Ursachen (z. T. auch altersbedingt)

  • Abfall der Steroidhormone (Testosteron ↓) [1]
  • Chronische Niereninsuffizienz (Nierenschwäche) (zwei Drittel der Patienten mit chronischen Nierenerkrankungen)
  • Chronisch-entzündliche Prozesse (Tumor-Nekrose-Faktor‑α ↑, Interleukin-6 ↑) 
  • Chronische Lebererkrankungen:
    • alkoholassoziierte Lebererkrankungen
    • nichtalkoholische Fettlebererkrankung („non-alcoholic fatty liver disease“ [NAFLD])
    • virale Hepatitiden (Virusinfektionen der Leber): Hepatitis B und C
    • autoimmune oder cholestatische Lebererkrankungen, die mit Fortschreiten der Erkrankung typischerweise zu einer Leberzirrhose führen.
  • Depression
  • Diabetes mellitus Typ 2 [1]
  • Erhöhte Parathormon-Serumspiegel (PTH ↑) [1]
  • Geringere Wachstumshormon-Synthese (STH ↓)
  • Herzinsuffizienz (Herzschwäche)
  • Mangelernährung
  • Neurodegenerative Mechanismen wie ein Motoneuronenverlust 
  • Resistenz gegenüber anaboler Hormone (z. B. Insulinresistenz: verminderte oder aufgehobene Wirkung des Hormons Insulin)
  • Tumorerkrankungen (Krebs; stark assoziiert mit negativen Prognosefaktoren und erhöhter Mortalität (Sterberate); das Krankheitsbild bei Tumorpatienten ist durch systemische Inflammation (Entzündung) mit konsekutiver Katabolie (Abbau der Stoffe im Körper durch den Stoffwechsel/Kachexie (sehr starke Abmagerung) kompliziert;  geschätzte Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) der Sarkopenie bei soliden Tumoren: 14-78,7 %)

Medikamente

  • Glucocorticoidtherapie – Medikamente gegen Entzündungen und allergische Reaktionen

Literatur

  1. Renoud A et al.: Predictive parameters of accelerated muscle loss in men – MINOS study. The American Journal of Medicine 2014, online 12. Februar; doi: 10.1016/j.amjmed.2014.02.004
     
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