Kardiorespiratorische Polygraphie

Bei der kardiorespiratorischen Polygraphie (Synonym: Schlaf-Apnoe-Screening) handelt es sich um eine diagnostische Maßnahme, die in der Schlafmedizin für die Erkennung schlafbezogener Atmungsstörungen eingesetzt wird. Hier ist in erster Linie das obstruktive Schlafapnoe-Syndrom (OSAS) zu nennen, welches im Rahmen des metabolischen Syndroms (klinische Bezeichnung für die Symptomkombination Adipositas (Übergewicht), Hypertonie (Bluthochdruck), erhöhte Nüchternglucose (Nüchternblutzucker) und Nüchterninsulin-Serumspiegels (Insulinresistenz) und Fettstoffwechselstörung (erhöhte VLDL-Triglyceride, erniedrigtes HDL-Cholesterin)) häufig adipöse (fettleibige) Patienten betrifft. Die Apnoen (Atemstillstände) führen zu einem kurzfristigen Abfall der Sauerstoffsättigung (SpO2und werden durch eine, meist durch den Patienten nicht bemerkte, Weckreaktion (intrinsisches Arousal) beendet. In der Folge stellt sich ein nicht ausreichend erholsamer Schlaf ein, die Patienten sind tagsüber abgeschlagen und neigen zum gefährlichen Sekundenschlaf. Zudem ist das OSAS ein wichtiger Risikofaktor für die Entwicklung einer sekundären Hypertonie (Bluthochdruck als Folgeerkrankung).

Die kardiorespiratorische Polygraphie wird auch als Schlaf-Apnoe-Screening bezeichnet, da sie eine orientierende Suchmethode darstellt und als Vordiagnostik ambulant (zu Hause) mithilfe eines mobilen Gerätes durchgeführt wird. Als weiterführende Diagnostik ist die Polysomnographie zu nennen, die überwacht in einem Schlaflabor durchgeführt wird und zur Präzisierung der Diagnose dient.

Zielsetzung der kardiorespiratorischen Polygraphie

Die kardiorespiratorische Polygraphie, auch bekannt als Schlaf-Apnoe-Screening, dient der Erkennung und Voruntersuchung schlafbezogener Atmungsstörungen, insbesondere des obstruktiven Schlafapnoe-Syndroms (OSAS). Durch die Überwachung und Aufzeichnung verschiedener physiologischer Parameter während des Schlafs ermöglicht dieses ambulante, nicht-invasive Verfahren eine erste Beurteilung des Schweregrades der Atmungsstörung und kann signifikante Atemaussetzer, Sauerstoffmangelzustände und unregelmäßige Atemmuster identifizieren. Ziel ist es, relevante Störungen zu erkennen, die sowohl die Schlafqualität als auch die allgemeine Gesundheit beeinträchtigen können, und auf Grundlage der Ergebnisse eine weiterführende Diagnostik oder Therapie einzuleiten.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

Die kardiorespiratorische Polygraphie wird als vorgeschaltete Diagnostik von schlafbezogenen Atmungsstörungen verwendet. Hierzu zählen:

  • Cheyne-Stokes-Atmung (CSA) – Pathologische Atmung, die durch eine periodische Zu- und Abnahme sowohl der Atemtiefe als auch der Atemfrequenz charakterisiert ist und bei mangelnder Hirndurchblutung vorkommt.
  • Höhenbedingte periodische Atmung – Pathologische Atmung bei Aufenthalt in großen Höhen, die durch ein vermindertes Sauerstoffangebot zu einer höhenbedingten Hyperventilation (verstärkte Atmung) mit Durchschlafstörungen und verstärkter Tagesmüdigkeit führt.
  • Hypoxämie-Syndrom (verminderter Sauerstoffgehalt im Blut) bei Lungenerkrankungen – z. B. chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)
  • Hypoxämie-Syndrom (verminderter Sauerstoffgehalt im Blut) bei neuromuskulären Erkrankungen – z. B. amyotrophe Lateralsklerose (ALS; degenerative Erkrankung des motorischen Nervensystems)
  • Hypoxämie-Syndrom (verminderter Sauerstoffgehalt im Blut) bei muskuloskelettalen Erkrankungen – z. B. Erkrankungen des Skeletts bzw. der Muskulatur, die für die Atembewegungen zuständig sind.
  • Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom (OSAS)
  • Pickwick-Syndrom – Das Obestitas-Hypoventilationssyndrom ist eine Sonder- bzw. Maximalform des OSAS und tritt bei extrem übergewichtigen Patienten auf.
  • Verlaufskontrolle bei Verwendung eines CPAP-Gerätes (Atemhilfe, die einen Überdruck erzeugt und dadurch der Verengung der Atemwege entgegen wirkt.)
  • Zentrales Schlafapnoe-Syndrom (ZSAS) – Pathologische Atmung infolge einer Schädigung des Atemzentrums (Formatio reticularis) im ZNS (Zentrales Nervensystem). Zu den Ursachen gehören auch unerwünschte Wirkungen zentral wirksamer Medikamente.

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

Bei der kardiorespiratorischen Polygraphie handelt es sich um ein nicht-invasives diagnostisches Verfahren, sodass, bis auf die ausreichende Indikationsstellung, keine Kontraindikationen zu beachten sind. Voraussetzung für die Durchführung ist jedoch eine ausreichende Compliance (Patientenmitarbeit) sowie Anleitungsfähigkeit zur Benutzung des Gerätes durch den Patienten.

Vor der Untersuchung

Vor der Untersuchung sind eine ausführliche internistische Anamnese sowie eine eingehende körperliche Untersuchung notwendig, um die Diagnose einzugrenzen. Bei der kardiorespiratorischen Polygraphie handelt es sich um eine nicht-invasive diagnostische Methode, die keinerlei intensivere Vorbereitung des Patienten erforderlich macht. Da es sich jedoch um ein ambulantes Verfahren handelt, ist der Patient bezüglich der Benutzung des Polygraphie-Gerätes zu schulen.

Das Verfahren

Die kardiorespiratorische Polygraphie wird ambulant durchgeführt und beinhaltet die Registrierung, Aufzeichnung und Bewertung der folgenden Parameter:

Parameter
Sensor (Messung/Messgerät)
Atemflussmessung
Nasendruckkanüle (Nasenbrille), Thermistor (Widerstandsthermometer)
Schnarchgeräusche
Mikrophon
Atmungsbewegungen (abdominelle (Bauchatmung) als auch die thorakale (Brustatmung) Atembewegungen) Manometer
Herzfrequenz
Pulsoymetrie (Messung der Sauerstoffsättigung des arteriellen Blutes sowie der Pulsfrequenz) oder EKG (Elektrokardiogramm; Aufzeichnung der elektrischen Herzaktivität)
Sauerstoffsättigung (SpO2)
Pulsoxymetrie oder Oxymetrie (Bestimmung der Sauerstoffsättigung des oxygenierbaren Hämoglobins (roter Blutfarbstoff, der Sauerstoff bindet und über die Blutbahn zu den Organen transportiert))
Körperlage
Akzelerometer
Maskendruckmessung
Staudruckmessung (durch Schlauchverbindung zur Maske)

 

Alle genannten Parameter werden simultan (zeitgleich) während einer mindestens 6-stündigen Schlafphase abgeleitet und aufgezeichnet. Der Patient erhält von einem niedergelassenen Schlafmediziner ein sogenanntes Polygraphie-Gerät, das er für eine Nacht zu Hause selbstständig benutzt. Die Auswertung erfolgt anschließend anhand der Rohdaten durch den Schlafmediziner. Da bei dieser Untersuchung keine Schlafstadien mittels EEG (Elektroenzephalographie; Registrierung der Hirnströme) ermittelt werden, ist die Aussagefähigkeit der kardiorespiratorischen Polygraphie begrenzt, sodass sich in der Regel eine Polysomnographie anschließt.

Mögliche Befunde der kardiorespiratorischen Polygraphie

  • Normalbefund: Keine signifikanten Atemaussetzer, stabile Sauerstoffsättigung und normale Atmungsmuster während des Schlafs. Solch ein Befund schließt schwere Formen von Atmungsstörungen weitgehend aus, allerdings kann eine leichte Form nicht vollständig ausgeschlossen werden.
  • Obstruktive Schlafapnoe (OSAS): Häufige Atemaussetzer, die durch partielle oder vollständige Blockade der oberen Atemwege verursacht werden, gefolgt von Weckreaktionen. Typische Merkmale sind eine reduzierte Sauerstoffsättigung und periodische Atmungsanstrengungen ohne Luftstrom.
  • Zentrale Schlafapnoe (CSA): Atemaussetzer aufgrund fehlender respiratorischer Anstrengung, was auf eine Dysfunktion der Atemsteuerung im zentralen Nervensystem hindeutet. Dies kann in Verbindung mit neurologischen Erkrankungen oder als Reaktion auf bestimmte Medikamente stehen.
  • Cheyne-Stokes-Atmung: Ein Atmungsmuster mit schrittweise zunehmender und dann abnehmender Atemtiefe, gefolgt von Perioden der Apnoe, häufig bei Patienten mit Herzinsuffizienz oder Schlaganfall.
  • Hypoxämie: Verminderte Sauerstoffsättigung während des Schlafs, die auf eine unzureichende Atmungsfunktion oder Lungenerkrankungen hinweisen kann.
  • Pickwick-Syndrom: Extreme Form von OSAS mit starkem Übergewicht und Hypoventilation (Verminderung der normalen Lungenbelüftung), verbunden mit erhöhten CO2-Werten und schwerer Hypoxämie.

Nach der Untersuchung

Nach der Polysomnographie sind keine besonderen Maßnahmen am Patienten notwendig. In Abhängigkeit des Untersuchungsergebnisses müssen gegebenenfalls medikamentöse oder andere therapeutische Maßnahmen durchgeführt werden. Bei Fehlmessungen, Artefakten oder nicht gegebener Aussagekräftigkeit ist eine Wiederholung der Untersuchung zu erwägen.

Mögliche Komplikationen

Da es sich bei der kardiorespiratorischen Polygraphie um ein nicht invasives Verfahren handelt, sind keine Komplikationen zu erwarten. Jedoch ist auf Fehlmessungen z. B. in Verbindung mit Anwendungsfehlern durch den Patienten hinzuweisen.

Literatur

  1. Matthys H, Seeger W: Klinische Pneumologie. Springer Verlag 2008
  2. Hufschmidt A, Lücking CH: Neurologie Compact: Für Klinik und Praxis. Georg Thieme Verlag 2009
  3. Köhler D, Schönhofer B, Voshaar T: Pneumologie. Georg Thieme Verlag 2010
  4. Müller T, Paterok B: Schlaftraining: Ein Therapiemanual zur Behandlung von Schlafstörungen. Hogrefe Verlag 2010

     
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