Medizingerätediagnostik bei Herz-, Kreislauf- und Gefäßerkrankungen – strukturierte Übersicht moderner Verfahren
Die Diagnostik von Herz-Kreislauf-Erkrankungen stützt sich auf ein breites Spektrum moderner medizintechnischer Verfahren. Diese ermöglichen die Beurteilung von Herzfunktion, Kreislaufregulation, Gefäßintegrität, hämodynamischer Belastbarkeit sowie Durchblutungs- und Sauerstoffversorgungsstatus. Je nach Fragestellung kommen nicht-invasive Methoden wie die Pulswellengeschwindigkeit (Messung der Ausbreitungsgeschwindigkeit der Pulswelle) oder Herzfrequenzvariabilität (Messung der zeitlichen Abstände zwischen Herzschlägen) ebenso zur Anwendung wie bildgebende Verfahren wie die Angio-Magnetresonanztomographie (Gefäßdarstellung per Kernspintomographie) oder invasive Katheterdiagnostik (Herzkatheter).
Die nachfolgend aufgeführten Verfahren lassen sich systematisch in funktionell definierte Gruppen gliedern:
Elektrophysiologische Diagnostik und Herzrhythmusanalyse
- Ruhe-EKG (Elektrokardiogramm)
Erfassung der Herzstromkurve in Ruhe zur Diagnostik von Rhythmusstörungen (z. B. Vorhofflimmern), Myokardinfarktzeichen (Herzinfarkt) oder Leitungsstörungen (Reizweiterleitungsprobleme).
- Langzeit-EKG (Langzeit-Elektrokardiographie)
24-72-stündige kontinuierliche Aufzeichnung der Herzaktivität zur Detektion intermittierender Arrhythmien (gelegentlich auftretende Herzrhythmusstörungen).
- Belastungs-EKG
EKG-Registrierung unter standardisierter körperlicher Belastung, u. a. zur Ischämie-Diagnostik (Durchblutungsstörungen am Herzen) oder Einschätzung der Belastbarkeit.
- Ergometer-Test
Stufenweise Belastungsuntersuchung auf dem Fahrradergometer zur Herzfrequenz-, Blutdruck- und EKG-Auswertung.
- Herzfrequenzvariabilität (HFV)
Analyse der zeitlichen Schwankungen zwischen Herzschlägen als Maß für autonome Regulationsfähigkeit und Stressbelastung.
- Schlaganfall-Risiko-Analyse (SRA-Analyse)
Softwaregestützte Auswertung von EKG-Daten zur Erkennung von Vorhofflimmern (häufige Rhythmusstörung) als Risikofaktor für zerebrovaskuläre Ereignisse (Schlaganfälle).
Funktionstests zur kardiopulmonalen Leistungsdiagnostik
- 6-Minuten-Gehtest
Messung der Gehstrecke unter standardisierter Belastung bei Herzinsuffizienz (Herzschwäche) oder pulmonal-hypertensiven Erkrankungen (Lungenhochdruck).
- Spiroergometrie
Analyse von Atemgasen unter Belastung zur Beurteilung von Herz-Kreislauf- und Lungenfunktion.
- Stress-Echokardiographie
Ultraschall des Herzens unter Belastung zur Diagnostik von Myokardischämien (Durchblutungsstörungen des Herzmuskels) oder Wandbewegungsstörungen.
Bildgebende Verfahren des Herzens
- Röntgen-Thorax
Konventionelle Röntgenaufnahme des Brustkorbs zur Beurteilung von Herzgröße, Lungenstruktur und Mediastinum (Mittelfellraum). Das Verfahren spielt eine wichtige Rolle bei der Abklärung von kardiopulmonalen Symptomen wie Atemnot, Brustschmerzen oder Husten. Es dient der Erkennung von Herzvergrößerungen (Kardiomegalie), Lungenstauung, Pleuraergüssen (Flüssigkeitsansammlungen) oder mediastinalen Raumforderungen. Der Röntgen-Thorax ist eine unverzichtbare Basisuntersuchung in der Notfalldiagnostik sowie zur Verlaufskontrolle bei Herzinsuffizienz (Herzschwäche) oder nach kardialen Eingriffen.
- Herzultraschall (Echokardiographie)
Beurteilung der Herzkammern, Klappenfunktion und Herzleistung mittels transthorakaler oder transösophagealer Sonographie (Ultraschall von außen oder durch die Speiseröhre).
- Kardio-CT (Herz-Computertomographie)
Röntgenbasierte Darstellung der Koronargefäße (Herzkranzgefäße) und Herzstruktur – auch zur Koronarkalk-Quantifizierung (Messung von Ablagerungen in den Gefäßen).
- Kardio-MRT (Herz-Magnetresonanztomographie)
Schnittbildverfahren mit hoher Weichteilkontrastauflösung zur Funktions- und Vitalitätsdiagnostik des Myokards (Herzmuskels).
- Herzkatheteruntersuchung
Invasive Druck- und Flussmessung in Herzhöhlen und Koronargefäßen mit Option zur therapeutischen Intervention (z. B. Stent).
- Koronarangiographie
Kontrastmittelgestützte invasive Darstellung der Koronararterien – Goldstandard bei KHK-Diagnostik (koronare Herzkrankheit).
- Szintigraphie des Herzmuskels (Myokardszintigraphie)
Nuklearmedizinische Durchblutungsdarstellung des Myokards in Ruhe und Belastung (Perfusionsszintigraphie).
- Single-Photon-Emissions-Tomographie (SPECT)
Schnittbildverfahren zur funktionellen Bildgebung des Myokards, oft kombiniert mit Myokardszintigraphie.
Bildgebende Gefäßdiagnostik (Angiographische Verfahren)
- Angiographie – Konventionelle Röntgendarstellung der Gefäße nach direkter Kontrastmittelgabe über einen Katheter. Sie dient der exakten Beurteilung von Gefäßverläufen, Engstellen (Stenosen), Gefäßverschlüssen (Embolien) oder Aussackungen (Aneurysmen) und wird v. a. dann eingesetzt, wenn gleichzeitig eine therapeutische Intervention (z. B. Ballondilatation oder Stentimplantation) geplant ist.
- Angio-CT (CT-Angiographie) Kontrastmittelgestützte Computertomographie der arteriellen und venösen Gefäße – z. B. zur Darstellung von Aneurysmen (Gefäßaussackungen), Stenosen (Verengungen) oder Embolien (Gefäßverschlüssen).
- Angio-MRT (MRT-Angiographie) Schnittbildverfahren mit Magnetresonanztechnik zur hochauflösenden Darstellung der Gefäße ohne oder mit Kontrastmittel. Anwendung bei Durchblutungsstörungen, Gefäßentzündungen und venösen Abflussstörungen.
Blutdruck- und Pulsdiagnostik
- Blutdruckmessung
Standardisierte Einzelmessung am Oberarm mittels Manschette – Grundlage jeder kardiovaskulären Diagnostik.
- 24-Stunden-Blutdruckmessung
Langzeitprofil unter Alltagsbedingungen zur Hypertonie-Diagnostik (Bluthochdruck) und Therapiekontrolle.
- Pulsmessung
Erhebung der Herzfrequenz durch Palpation (Fühlen des Pulses) oder elektronische Sensorik.
- Pulsoxymetrie
Nicht-invasive Messung der arteriellen Sauerstoffsättigung und Pulsfrequenz über Infrarotsensoren (meist am Finger).
- Pulswellengeschwindigkeitsmessung
Erfassung der Geschwindigkeit der Pulswelle als Marker arterieller Steifigkeit und kardiovaskulärer Prognose.
- Arterienelastizität (ASI)
Berechnung des arteriellen Steifigkeitsindex über verschiedene Ableitpunkte zur Früherkennung von Gefäßalterung.
- Arteriograph
Messgerät zur simultanen Bestimmung zentraler Blutdruckwerte, Pulswellengeschwindigkeit und AIx (Augmentationsindex = Maß für reflektierte Pulswellen).
Gefäßdiagnostik – peripher-arteriell und venös
Nuklearmedizinische Spezialverfahren
- Immunszintigraphie
Darstellung entzündlicher oder ischämischer Prozesse (Durchblutungsstörungen) durch markierte Antikörper oder Immuntracer.
- Nierenfunktionsszintigraphie
Beurteilung der Nierenperfusion (Durchblutung) und -funktion, v. a. bei hypertensiver Nephropathie (Nierenschäden durch Bluthochdruck) oder renaler Hypertonie (nierenbedingter Bluthochdruck).
Körperzusammensetzung und Kreislaufregulation
- Elektrische Impedanzanalyse (BIA)
Messung von Körperfett, Muskelmasse und Wasserverteilung zur kardiometabolischen Risikoeinschätzung.
- Herzkreislauf-Check
Komplexe Diagnostik aus mehreren Parametern (Blutdruck, EKG, Echokardiographie, Labor), je nach Anbieter.
Elektrophysiologische Diagnostik und Rhythmusanalyse
Methode |
Technik |
Vorteile |
Nachteile |
Ruhe-EKG |
12-Kanal-Oberflächenableitung in Ruhe |
Schnell, verfügbar, kostengünstig |
Keine Erfassung intermittierender Störungen |
Langzeit-EKG |
24–72h kontinuierliche EKG-Aufzeichnung |
Detektion seltener Arrhythmien |
Artefaktanfällig, Compliance nötig |
Belastungs-EKG |
EKG unter standardisierter Belastung (z. B. Ergometer) |
Ischämiediagnostik, Belastbarkeit |
Eingeschränkte Sensitivität, Kontraindikationen beachten |
Ergometer-Test |
Stufenweise Belastung mit EKG-, HF-, BD-Messung |
Belastungsprofil, Trainingsdiagnostik |
Belastungsabhängig limitiert |
Herzfrequenzvariabilität (HFV) |
Analyse der Zeitintervalle zwischen R-R-Zacken |
Maß für autonome Regulation, Stressdiagnostik |
Unspezifisch, störanfällig |
SRA-Analyse |
Softwaregestützte Auswertung von EKG-Daten |
Früherkennung von Vorhofflimmern |
Nicht validiert als alleiniger Marker |
Funktionstests der kardiopulmonalen Leistungsdiagnostik
Methode |
Technik |
Vorteile |
Nachteile |
6-Minuten-Gehtest |
Gehstrecke unter standardisierter Belastung |
Einfache Durchführung, praxistauglich |
Geringe Spezifität |
Spiroergometrie |
Atemgasanalytik unter Belastung |
Klare Differenzierung kardial vs. pulmonal |
Aufwendig, patientenabhängig |
Stress-Echokardiographie |
Ultraschall des Herzens unter Belastung |
Beurteilung von Wandbewegung, Ischämien |
Expertiseabhängig, ggf. limitierte Bildqualität |
Bildgebende Verfahren des Herzens
Methode |
Technik |
Vorteile |
Nachteile |
Röntgen-Thorax |
Konventionelles Röntgen in 2 Ebenen |
Basisdiagnostik, Beurteilung von Herzgröße, Lungenstatus |
Keine Funktionsdarstellung, geringe Sensitivität |
Herzultraschall (Echo) |
Transthorakal oder transösophageal |
Nicht-invasiv, dynamische Beurteilung |
Bildqualität abhängig von Schallfenster |
Kardio-CT |
Röntgenbasiert mit Kontrastmittel |
Hochauflösend, Koronarkalk-Score, schnelle Durchführung |
Strahlenbelastung, jodhaltiges Kontrastmittel |
Kardio-MRT |
MRT mit Kontrastmittel |
Hoher Weichteilkontrast, Vitalitätsdiagnostik |
Zeitaufwändig, Kontraindikationen (z. B. Metallimplantate) |
SPECT |
Szintigrafische Schnittbildgebung |
Funktionelle Bildgebung, Kombinierbar mit Myokardszinti |
Strahlenbelastung, limitierte räumliche Auflösung |
Myokardszintigraphie |
Durchblutungsdarstellung mittels Radiotracer |
Ischämiediagnostik unter Ruhe- und Belastung |
Nuklearmedizinische Infrastruktur notwendig |
Invasive Verfahren
Methode |
Technik |
Vorteile |
Nachteile |
Herzkatheter |
Invasive Druck- und Flussmessung, ggf. Intervention |
Goldstandard bei Koronardiagnostik, Intervention möglich |
Invasiv, Risiko von Komplikationen, Kontrastmittel nötig |
Koronarangiographie |
Kontrastmittelgestützte Darstellung der Koronargefäße |
Direkte Bildgebung, sofortige Therapieoption (z. B. Stent) |
Invasiv, strahlenexponiert |
Angiographische Verfahren (Gefäßdarstellung)
Methode |
Technik |
Vorteile |
Nachteile |
Angiographie (konventionell) |
Kathetergestützte Kontrastmitteldarstellung |
Hohe Auflösung, Intervention möglich |
Invasiv, Kontrastmittel, Strahlenbelastung |
Angio-CT |
CT mit jodhaltigem Kontrastmittel |
Schnell, präzise Darstellung arteriell und venös |
Strahlenexposition, jodhaltiges KM |
Angio-MRT |
MRT mit (oder ohne) Kontrastmittel |
Keine Strahlung, gut bei Entzündungen und Venenproblemen |
Zeitaufwendig, eingeschränkt bei Metallimplantaten |
Blutdruck- und Pulsdiagnostik
Methode |
Technik |
Vorteile |
Nachteile |
Blutdruckmessung |
Manschette am Oberarm |
Standardverfahren, kostengünstig |
Einzelmessung wenig aussagekräftig |
24-h-Blutdruckmessung |
Automatisierte Langzeitmessung |
Tagesprofil, Therapiemonitoring |
Unangenehm für Patienten, Artefakte |
Pulswellengeschwindigkeit |
Geschwindigkeit der arteriellen Pulswelle |
Frühmarker für Arteriensteifigkeit |
Spezielle Geräte, Interpretation komplex |
Arteriograph |
Kombinationsverfahren zur Messung zentraler Blutdruckparameter |
Umfangreiche hämodynamische Daten |
Geräteabhängig, teils erklärungsbedürftig |
Autoren:
Dr. med. Werner G. Gehring
Letzte Aktualisierung: 04.07.2025