Bauchaorten-Screening mittels Sonographie (Ultraschalluntersuchung)
Beim Bauchaorten-Screening handelt es sich um ein bildgebendes, nicht-invasives (nicht eingreifendes) Verfahren der Gefäßdiagnostik (Gefäßuntersuchung) zur Früherkennung eines abdominalen Aortenaneurysmas (Bauchaussackung der Hauptschlagader, AAA). Ziel ist die frühzeitige Identifikation asymptomatischer Aneurysmen (Gefäßaussackungen) zur Vermeidung einer potenziell lebensbedrohlichen Ruptur (Gefäßzerreißung). In Deutschland ist das Screening für Männer ab dem 65. Lebensjahr als Kassenleistung etabliert.
Synonyme: Aortenscreening, Aneurysma-Screening, Bauchaortenaneurysma-Screening, AAA-Screening
Beurteilbare Strukturen
- Aorta abdominalis (Bauchaorta, ab Truncus coeliacus (Zöliakalarterie) bis Bifurkation (Gefäßaufzweigung))
- Infrarenaler Aortenabschnitt (unterhalb der Nierenarterien) mit Messung des maximalen Querdurchmessers
- Aneurysmen (sakkulär oder fusiform, sackförmig oder spindelförmig), mit/ohne Thrombus (Blutgerinnsel)
- Aneurysma-Begleitzeichen: Wandverkalkungen (Ablagerungen), Intimaveränderungen (Veränderungen der Gefäßinnenwand), Dissektionen (Gefäßwandschichtablösungen)
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Gesetzliches Screening bei Männern ≥65 Jahren
- Familiäre Belastung mit Aortenaneurysma (Aussackung der Hauptschlagader)
- Raucher oder Ex-Raucher mit >10 Packungsjahren
- Bestehende Atherosklerose (Gefäßverkalkung, z. B. pAVK (periphere arterielle Verschlusskrankheit), KHK (Koronare Herzkrankheit), zerebrovaskuläre Erkrankungen (Durchblutungsstörungen des Gehirns))
- Status nach thorakalem Aneurysma (Aussackung im Brustbereich)
- Präoperative Beurteilung (vor einer Operation) vor endovaskulärem (innerhalb des Gefäßes) oder offenem Aorteneingriff (Operation an der Hauptschlagader)
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Keine absoluten Kontraindikationen
- Relative Einschränkungen:
- Meteorismus (übermäßige Gasansammlung im Darm)
- Adipositas per magna (extremes Übergewicht)
- Große postoperative Narben oder Stomata (künstliche Darmausgänge) im Epigastrium (Oberbauch)
Das Verfahren
Benötigte Technik/ Material
- Ultraschallgerät mit konvexem Schallkopf (gebogenem Schallkopf, 3,5-5 MHz)
- Standardisierte Messprotokolle für Aortendurchmesser (Durchmesser der Hauptschlagader)
Vorbereitung des Patienten
- Idealerweise nüchtern (nichts essen oder trinken), um Luftüberlagerung im Darm zu reduzieren – aber nicht zwingend erforderlich
- Rückenlage, ggf. Knierolle zur Entspannung der Bauchmuskulatur
Technische Durchführung
- Transabdominale (durch die Bauchdecke) B-Bild-Sonographie in Längs- und Querschnitt
- Messung des maximalen Aortendurchmessers von Außenwand zu Außenwand (outer-to-outer)
- Dokumentation von Morphologie (Form), Thromben (Gerinnseln), Wandverkalkungen
Normbereiche
- Normal: < 3,0 cm
- Aneurysma: ≥ 3,0 cm
- Klein: 3,0-4,4 cm → jährliche Kontrolle
- Mittel: 4,5-5,4 cm → halbjährliche Kontrolle
- Groß: ≥ 5,5 cm → elektive (geplante) OP-Indikation (bei Männern)
Mögliche Befunde
- Normale infrarenale Aorta (unterhalb der Nierenarterien, 1,5–2,5 cm)
- Asymptomatisches infrarenales Aneurysma
- Intraluminaler Thrombus (Gerinnsel im Gefäßinneren; zentraler Blutfluss erkennbar, periphere Echoarme)
- Wandverkalkungen
- Dissektion oder Rupturzeichen (selten, Notfallkonstellation)
Mögliche Komplikationen
Die Sonographie selbst ist komplikationsfrei. Fehlerhafte Befundung kann jedoch indirekte Folgen haben:
- Übersehen kleiner oder atypischer Aneurysmen bei unzureichender Technik
- Fehlklassifikation bei Thrombusbeteiligung
- Verunsicherung bei Zufallsbefunden mit geringer klinischer Relevanz
Vergleich der Methoden
Methode | Technik | Vorteile | Nachteile |
---|---|---|---|
Abdominelle Sonographie (Ultraschall über die Bauchdecke) | B-Bild, transabdominal, 3,5–5 MHz | Nicht-invasiv, kosteneffektiv, keine Strahlenbelastung, breite Verfügbarkeit | Eingeschränkte Bildqualität bei Adipositas, Meteorismus |
CT-Angiographie (Computertomographie mit Kontrastmittel) | Spiral-CT mit Kontrastmittel | Hohe Auflösung, Darstellung auch thorakaler Aorta und Iliakalgefäße | Strahlenexposition, Kontrastmittelbelastung, nicht für Screening geeignet |
MRT-Angiographie (Magnetresonanztomographie mit Kontrastmittel) | T1-/T2-gewichtete Sequenzen mit Kontrastmittel | Keine Strahlenbelastung, gute Gewebecharakterisierung | Geringere Verfügbarkeit, höhere Kosten, Kontraindikationen bei Implantaten |
Fazit
Das Bauchaorten-Screening mittels Sonographie stellt ein etabliertes, effektives Verfahren zur Früherkennung eines asymptomatischen Aortenaneurysmas dar. Aufgrund der potenziellen Rupturgefahr bei großen Aneurysmen ermöglicht das Screening eine rechtzeitige therapeutische Intervention. Die einfache, nicht-invasive Durchführung und hohe diagnostische Aussagekraft machen die Sonographie zur Methode der Wahl.
Literatur
- Wanhainen A, Verzini F, Van Herzeele I et al.: European Society for Vascular Surgery (ESVS) 2019 Clinical Practice Guidelines on the Management of Abdominal Aorto-iliac Artery Aneurysms. Eur J Vasc Endovasc Surg. 2019;57(1):8–93. https://doi.org/10.1016/j.ejvs.2018.09.020