Pneumatische Venenfunktionsprüfung

Bei der pneumatischen Venenfunktionsprüfung (Synonym: Lichtreflexionsrheographie, LRR) handelt es sich um ein nicht-invasives (nicht eingreifendes), funktionelles Verfahren zur Untersuchung der venösen Hämodynamik (Blutströmung im Venensystem) der unteren Extremitäten (Beine). Die Methode ermöglicht die objektive Beurteilung der Muskelpumpe (Beinmuskulatur zur Unterstützung des Blutflusses), der venösen Füllung (Blutmenge in den Venen) sowie der Funktion der Venenklappen (Rückflussventile). Sie gehört zur Basisdiagnostik bei chronisch-venöser Insuffizienz (dauerhafte Venenschwäche) und eignet sich sowohl zur Verlaufskontrolle als auch zur präoperativen Beurteilung vor venenchirurgischen Maßnahmen (Operationen an den Venen).

Beurteilbare Funktionsparameter

  • Venöse Wiederauffüllzeit (VRT): Zeitspanne bis zur Wiederauffüllung der Venen nach standardisierter Entleerung durch Fußbewegungen
  • Kapazität der Muskelpumpe: Indirekt über Entleerungsgrad messbar
  • Klappeninsuffizienz (Klappenschwäche): Erkennbar über pathologisch verkürzte Wiederauffüllzeit
  • Venenfüllung: Gesamtvolumenbestimmung durch Drucksensorik (Druckmessung über Sensoren)
  • Seitenvergleich: Erlaubt die Einschätzung einseitiger Veränderungen oder postthrombotischer Syndrome (Spätfolgen einer Thrombose)

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Chronisch-venöse Insuffizienz (dauerhafte Venenschwäche) – Objektivierung des Schweregrads und des Funktionsstatus der Muskel-Venen-Pumpe
  • Varikose (Krampfadern) – Diagnostik und Operationsplanung
  • Verlaufsbeobachtung nach Sklerosierungs- oder Operationsverfahren (Behandlung durch Verödung oder Operation)
  • Postthrombotisches Syndrom (Spätfolge einer Thrombose) – Funktionelle Beurteilung der Restzirkulation
  • Venöse Ulzera (offene Beine) – Verlaufskontrolle und Dokumentation der Therapieeffizienz
  • Screening bei familiärer Belastung oder Risikofaktoren für Venenerkrankungen (Früherkennung bei erhöhtem Risiko)

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Akute Thrombose der tiefen Venen (akuter Blutgerinnselverschluss) – Gefahr der Embolisation (Verschleppung des Gerinnsels)
  • Massives Beinödem (starke Flüssigkeitsansammlung im Gewebe) – Messfehler durch veränderte Druckverhältnisse
  • Nicht-kooperative Patienten (z. B. bei Bewusstlosigkeit) – Bei fehlender aktiver Bewegung (z. B. Lähmung, Koma)
  • Frische Wundareale oder Ulzera (offene Hautstellen) – Gefahr mechanischer Irritation

Vorbereitung und Durchführung

  • Patientenlagerung: Untersuchung im Stehen oder in leichter Rückenlage mit hängenden Beinen
  • Bewegungsstandardisierung: Wiederholte Fußbewegungen zur Aktivierung der Muskelpumpe (z. B. 10-15 Dorsalextensionen, also Anheben der Fußspitze)
  • Messprinzip: Über Lichtdetektion (Messung reflektierten Infrarotlichts an venösem Blut) wird die Volumenveränderung quantifiziert
  • Ableitung: Sensorisch über lichtoptische Detektoren (Lichtsensoren, häufig an der Innenseite des Unterschenkels angebracht)

Referenzbereiche

  • Wiederauffüllzeit (VRT):
    • Normalwert: ≥ 25 Sekunden
    • Verdacht auf Klappeninsuffizienz: < 20 Sekunden
    • Schwere Insuffizienz: < 10 Sekunden

Mögliche Befunde

  • Normale venöse Funktion: Wiederauffüllzeit ≥ 25 Sekunden, vollständige Entleerung nach Bewegung
  • Leichte Klappeninsuffizienz: Wiederauffüllzeit 15-25 Sekunden
  • Ausgeprägte Insuffizienz: Wiederauffüllzeit < 10 Sekunden, unvollständige Entleerung, rasche Reperfusion (Wiederauffüllen)
  • Postthrombotisches Syndrom: verzögerte Entleerung, ggf. Paradoxien in der Volumenbewegung
  • Schwache Muskelpumpe: unzureichende Entleerung trotz korrekter Bewegungsführung (z. B. bei Immobilität, Muskelschwäche)

Vorteile der Methode

  • Nicht-invasiv (nicht eingreifend), schmerzfrei, ohne Strahlenbelastung
  • Gut standardisierbar
  • Günstig und schnell durchführbar
  • Ideal für Screening, Verlaufskontrollen und prä-/postoperative Funktionsbeurteilungen

Grenzen und ergänzende Verfahren

  • Keine Aussage über morphologische Veränderungen (z. B. Verlauf von Krampfadern oder Blutgerinnsel)
  • Bei auffälligem Befund Ergänzung durch venöse Farbduplexsonographie (Ultraschalluntersuchung mit Farbdarstellung des Blutflusses)
  • Geringe Aussagekraft bei starker Pigmentierung oder Ödem (Flüssigkeitseinlagerung)

Nach der Untersuchung

  • Sofortige Befundbesprechung möglich
  • Dokumentation zur Verlaufskontrolle empfohlen (v. a. bei Therapieeinleitung oder -umstellung)
  • Ergänzende Maßnahmen je nach Befund (z. B. Kompressionstherapie, Gefäßoperationen)