Pulswellengeschwindigkeitsmessung

Die Pulswellengeschwindigkeit (engl. pulse wave velocity, PWV) ist die Geschwindigkeit, mit der die Druckwelle die Arterien durchläuft. Er ist ein physiologischer Parameter, der sowohl eine Aussage bezüglich einer pathologischen (krankhaften) arteriellen Gefäßsteifigkeit (Steifigkeit arterieller Gefäße) ermöglicht, als auch Auskunft über die Endothelfunktion (Zellschicht an der Innenfläche der Blutgefäße) gibt. 

Im Alter nimmt die Gefäßsteifigkeit und damit auch die Pulswellengeschwindigkeit natürlicherweise zu. Dieses ist durch Umbauvorgänge bedingt, wobei in elastischen Arterien wie der Aorta elastisches Bindegewebe durch kollagenes Bindegewebe ersetzt wird. Vor allem aber sind Erkrankungen, die Atherosklerose (Arteriosklerose; Arterienverkalkung) begünstigen oder verursachen, maßgeblich an diesem Prozess beteiligt.

Die Messung der Pulswellengeschwindigkeit ermöglicht die Beurteilung kardiovaskulärer Risikofaktoren.

Erkrankungen, die Arteriosklerose begünstigen bzw. bei denen eine Veränderung der Pulswellengeschwindigkeit vorliegen kann:

  • Adipositas
  • Arterielle Hypertonie (Bluthochdruck)
  • Chronische Niereninsuffizienz (chronisches Nierenversagen)
  • Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
  • Hypercholesterinämie
  • Hyperurikämie (Gicht)
  • Koronare Herzkrankheit (KHK; Herzkranzgefäßerkrankung)
  • Nikotinabusus (starkes Rauchen)

Zielsetzung der Messung der Pulswellengeschwindigkeit

  • Beurteilung der arteriellen Gefäßsteifigkeit: Die PWV ist ein direkter Indikator für die Steifigkeit der arteriellen Gefäße. Ein erhöhter Wert weist auf eine Zunahme der Steifigkeit hin, die oft mit Alterungsprozessen oder pathologischen Zuständen wie Atherosklerose verbunden ist.
  • Früherkennung von kardiovaskulären Risiken: Durch die Messung der PWV können Risiken für kardiovaskuläre Ereignisse frühzeitig erkannt werden. Eine erhöhte PWV ist mit einem höheren Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und andere vaskuläre Ereignisse assoziiert.
  • Evaluierung von Endorganschäden: Die PWV hilft bei der Einschätzung von Schäden an Zielorganen, die durch langfristigen Bluthochdruck und andere chronische kardiovaskuläre Erkrankungen verursacht werden können.
  • Überwachung therapeutischer Interventionen: Die PWV-Messung dient dazu, die Effektivität von medikamentösen und nicht-medikamentösen Therapien zu bewerten, die darauf abzielen, die arterielle Steifigkeit zu verringern und das allgemeine kardiovaskuläre Risiko zu senken.
  • Prognostische Bedeutung: Studien haben gezeigt, dass eine Veränderung der PWV um 1 m/s mit einer signifikanten Veränderung der Mortalitätsrate verbunden ist. Daher ist die PWV ein wertvolles Werkzeug, um die langfristige Prognose von Patienten zu beurteilen.
  • Förderung präventiver Maßnahmen: Durch regelmäßige Überwachung der PWV können präventive Maßnahmen wie Lebensstilanpassungen, Diätänderungen und frühzeitige medizinische Interventionen gezielt eingesetzt werden, um das Fortschreiten der arteriellen Steifigkeit und der damit verbundenen Risiken zu minimieren.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

Die Messung der Pulswellengeschwindigkeit dient der Einschätzung von bereits bestehenden Endorganschäden im vaskulären System (Gefäßsystem) als Folge der oben genannten Erkrankungen. Sie ermöglicht die Erstellung eines Risikoprofils und in der Konsequenz sollten therapeutische Maßnahmen zur Behandlung dieser Erkrankungen eingeleitet werden.

Vor der Untersuchung

  • Ruhephase: Es wird empfohlen, dass der Patient vor der Untersuchung eine Ruhephase von mindestens 5 bis 10 Minuten in einer entspannten Umgebung einhält, um eine Stabilisierung der Herz-Kreislauf-Parameter zu ermöglichen.
  • Vermeidung von Stimulanzien: Patienten sollten am Tag der Messung Stimulanzien wie Koffein und Nikotin vermeiden, da diese Substanzen kurzfristige Veränderungen der Herzfrequenz und des Blutdrucks bewirken können, was die PWV beeinflussen könnte.
  • Bequeme Kleidung: Patienten sollten bequeme Kleidung tragen, die es dem medizinischen Personal leicht macht, Zugang zu den Messstellen (typischerweise am Arm und am Bein) zu erhalten.
  • Information über Medikamente: Der Arzt oder das medizinische Personal sollte über alle Medikamente informiert werden, die der Patient regelmäßig einnimmt, insbesondere über solche, die den Blutdruck oder die Herzfrequenz beeinflussen, da diese die PWV beeinflussen können.
  • Körperliche Aktivität: Es wird empfohlen, dass der Patient vor der Messung keine anstrengende körperliche Aktivität ausführt, da dies ebenfalls kurzfristig die Ergebnisse beeinflussen kann.
  • Patientenaufklärung: Der Patient sollte über den Zweck und den Ablauf der Untersuchung informiert werden, um etwaige Ängste zu reduzieren und die Kooperation zu fördern.

Das Verfahren

Die Pulswellengeschwindigkeit wird in Meter pro Sekunde angegeben und beschreibt die Geschwindigkeit, mit der durch die Kontraktion des Herzens erzeugten Blut-Druckwelle das arterielle Gefäßsystem durchläuft. Im Vergleich zur Strömungsgeschwindigkeit des Blutes ist die Geschwindigkeit der Pulswellen höher. Entscheidender Parameter für die Pulswellengeschwindigkeit ist die Elastizität des Gefäßes. Je starrer die Gefäßwand, desto schneller ist die Pulswelle. Aufgrund der unterschiedlichen Größe und Wandstruktur der Gefäße des arteriellen Systems ist die Pulswellengeschwindigkeit je nach Lokalisation anders. In der Aorta, die sehr elastisch ist, beträgt sie 4-6 m/s. In den peripheren Gefäßen steigt die Pulswellengeschwindigkeit aufgrund einer erhöhten Steifigkeit und kleineren Gefäßlumina auf 8-12 m/s.

Die Berechnung der Pulswellengeschwindigkeit erfolgt auf der Basis einer Messung der Pulswelle an zwei Messpunkten einer durchgehenden Gefäßstrecke. Dabei wird der Zeitverzug des Eintreffens der Pulswelle an den Messpunkten erfasst. Diese Zeit wird ins Verhältnis zur Strecke zwischen den beiden Messpunkten gesetzt, sodass eine Geschwindigkeit berechnet werden kann. Praktisch werden zwei Druckpulsmesser an den genannten Messpunkten angebracht (z. B. im Verlauf der Beinarterien), die die Pulswelle erfassen. Die Berechnung erfolgt anhand der folgenden Formel (PWG: Pulswellengeschwindigkeit; B, A: Messpunkte): PWG (m/s) = Distanz/Zeit (B-A)

Interpretation

Ist die Pulswellengeschwindigkeit (PWV) erhöht, begünstigt die Pulswellenreflexion in der Peripherie eine Erhöhung des systolischen Blutdrucks (erster Wert bei einer Blutdruckmessung) und folglich eine Erniedrigung des diastolischen Blutdrucks (zweiter Wert bei einer Blutdruckmessung). Dies führt in der Konsequenz zu einer vermehrten Arbeitsbelastung des Herzens während der Systole (Herzauswurfphase), sowie zu einer geringeren Koronarperfusion in der Diastole (Abnahme der Durchblutung der Herzkranzgefäße, die in der Diastole (Herzfüllungsphase) durchblutet werden).

Die PWV steigt kontinuierlich bei gesunden Kindern von ca. 6 m/s auf größer 10 m/s im höheren Alter an.

Somit stellt die Pulswellengeschwindigkeit einen entscheidenden Faktor in der Beurteilung der arteriellen Gefäßsteifigkeit dar. Mit zunehmendem Alter verringert sich der Anteil der elastischen Fasern innerhalb der Gefäßwand und wird durch kollagenes Bindegewebe ersetzt, sodass die Gefäße steifer sind. Eine vorliegende Arteriosklerose lässt die Gefäßsteifigkeit ebenfalls signifikant ansteigen. Die Pulswellengeschwindigkeit ist von entscheidender Bedeutung, da sie bei einer deutlichen Erhöhung der Geschwindigkeit mit einer vermehrten Mortalität (Sterblichkeit) der Patienten assoziiert ist. In verschiedenen Studien konnte ein Anstieg der Pulswellengeschwindigkeit von bereits 1 m/s ist mit einer erhöhten Mortalität (Sterblichkeitsrate) um 10-39 % in Verbindung gebracht worden.

Nahrungsergänzungsmittel zur Optimierung der Pulswellengeschwindigkeit

Literatur

  1. Lenz T: Hypertonie in Klinik und Praxis. Schattauer Verlag 2008
  2. Klinke R: Lehrbuch der Physiologie. Georg Thieme Verlag 2005
  3. Müller MJ: Ernährungsmedizinische Praxis: Methoden – Prävention – Behandlung. Springer Verlag 2007
  4. Weber T, Eber B, Zweiker R, Horn S, Sock S, Grüner P, Pichler M, Mayer G, Eisserer G, Magometschnigg D, Illyes M: Pulswellengeschwindigkeit zentraler Blutdruck und Augmentationsindex – "neue" Parameter zur Beschreibung eines Endorganschadens der arteriellen Strombahn bei Hypertonie. Pathophysiologie, Methodik, prognostische Bedeutung, Empfehlungen. Journal für Hypertonie. 2008;12(1),7-13
  5. Baulmann J, Weber T, Mortensen K: Messmethoden der Arteriellen Gefäßsteifigkeit. Journal für Hypertonie. 2010. 14:18-24