Polysomnographie
Schlaflabor

Die Polysomnographie (PSG) ist ein schlafmedizinisches Verfahren und dient der Diagnostik von Schlafstörungen. Hier ist unter anderem das häufige obstruktive Schlafapnoe-Syndrom (OSAS) zu nennen, welches im Rahmen des metabolischen Syndroms (klinische Bezeichnung für die Symptomkombination Adipositas (Übergewicht), Hypertonie (Bluthochdruck), erhöhte Nüchternglucose (Nüchternblutzucker) und Nüchterninsulin-Serumspiegels (Insulinresistenz) und Fettstoffwechselstörung (erhöhte VLDL-Triglyceride, erniedrigtes HDL-Cholesterin)) häufig adipöse (fettleibige) Patienten betrifft. Diese Erkrankung ist durch obstruktive (Verengung der Atemwege) Apnoen (Atemstillstände) oder Hypopnoen (Phasen, in denen der Patient im Schlaf nicht oder zu wenig atmet) sowie häufig durch Schnarchen (Rhonchopathie) gekennzeichnet. Aber auch andere Schlafstörungen vielfältigen Ursprungs wie z. B. Hypersomnien (erhöhte bis exzessive Tagesschläfrigkeit), Insomnien (Einschlaf- oder Durchschlafstörungen), Parasomnien (unerwünschte Ereignisse oder Empfindungen während der verschiedenen Schlafphasen) oder schlafbezogene Bewegungsstörungen können untersucht werden.

Die Polysomnographie wird stationär in einem Schlaflabor durchgeführt. Mithilfe der Aufzeichnungen kann ein individuelles Schlafprofil erstellt werden, das in der Regel eine präzise Diagnose von Schlafstörungen ermöglicht. Da Schlafdiagnostik sehr störanfällig ist und Schlafstörungen wechselhafte Verläufe aufweisen, können Wiederholungsuntersuchungen notwendig sein.

Zielsetzung der Polysomnographie

Die Polysomnographie (PSG) ist ein diagnostisches Verfahren zur Untersuchung von Schlafstörungen. Sie ermöglicht die Erfassung der Schlafarchitektur und der Schlafstadien sowie die Aufzeichnung verschiedener physiologischer Parameter während des Schlafs.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Albträume
  • Apnoe (Atempause, Atemaussetzer)
  • Epilepsie (Krampfanfallsleiden)
  • Enuresis nocturna – Nächtliches Einnässen bei Kindern nach dem 4. Lebensjahr.
  • Exploding head syndrome – Beim Aufwachen oder Einschlafen erlebt der Patient ein lautes, nicht schmerzhaftes, explosionsartiges Geräusch.
  • Hypopnoe (Unteratmung, reduzierter Atmung
  • Hypersomnische Störungen – Zustand exzessiver, nicht durch eine inadäquate Schlafdauer erklärbarer Schläfrigkeit während des Tages; zu diesem Krankheitsbild gehören:
    • Idiopathische Hypersomnie – Extreme Tagesschläfrigkeit mit sehr langen, jedoch nicht erholsamen Schlafepisoden.
    • Hypersomnie als Folge einer anderen psychischen oder körperlichen Erkrankung 
    • Narkolepsie (Schlafkrankheit) – Die Narkolepsie ist eine neurologische Erkrankung und zählt zu den Hypersomnien, sie ist charakterisiert durch extreme Tagesschläfrigkeit, Einschlafattacken, Kataplexien (plötzlicher Tonusverlust der Muskulatur mit Sturz) sowie durch lebhafte Albträume. (< 1 %),
    • Kleine-Levin-Syndrom – Genetisches Syndrom, das zu den rezidivierenden Hypersomnien zählt und durch starke Tagesschläfrigkeit mit zentraler Ursache (Ursache liegt im zentralen Nervensystem) gekennzeichnet ist. Die Hypersomnien treten periodisch über Tage bis Wochen auf und können zwischenzeitlich komplett in Remission (temporäre oder dauerhafte Nachlassen von Krankheitssymptomen) gehen. Zusätzlich leiden die Patienten an Verhaltensauffälligkeiten wie Hypersexualität, Polyphagie (krankhaft gesteigerter Appetit), kognitiven Funktionsverlusten (Verlust geistiger Leistung), aggressiven Verhaltens und psychotischen Symptomen wie z. B. Halluzinationen.
  • Insomnische Störungen – Beschwerdebild mit ungenügender Dauer und/oder Qualität des Schlafes inkl. Einschlafstörungen, Durchschlafstörungen und frühmorgendlichem Erwachen 
  • Katathrenie – Schlafbezogenes Stöhnen
  • Letale familiäre Insomnie – Erkrankung aus der Gruppe der Prionen-Erkrankungen mit progressiver spongiformer Enzephalopathie (fortschreitende schwammformartige Gehirnerkrankung, die letal (tödlich) verläuft. Ursächlich sind fehl geformte Eiweißstrukturen (Prionen), die Nervenzellen zerstören) und initialen Einschlafstörungen.
  • Menstruationsbedingte Hypersomnie – Rezidivierende Hypersomnie-Episoden, die in Zusammenhang mit der Menstruation (Monatsblutung der Frau) stehen.
  • Nicht atembezogene Schlafstörung:
    • Restless-Legs-Syndrom ("Rastlose Beine") – Erkrankung, die durch schmerzhafte, äußerst unangenehme Empfindungen in den Beinen gekennzeichnet ist. Durch ständige Bewegung kann sich der Patient Erleichterung verschaffen – inklusive des Syndroms nächtlicher periodischer Beinbewegungen (PLMD)
  • Nicht obstruktive Schlafapnoe (Nicht-Atmung, d. h. Aussetzen der Atmung):
    • Zentrales Schlafapnoe-Syndrom (es kommt trotz offener oberer Atemwege immer wieder zu einem verminderten oder einem (reflektorisch) gesteigerten Atemantrieb)
    • Schlafbezogene Hypoventilationssyndrome (reduzierte Atmung über ein längeres Zeitfenster während des Schlafes)
  • Non-REM-Parasomnien
    • Pavor nocturnus – "Schlafterror": Betroffen sind vor allem Kinder. Die Patienten erwachen mit einem lauten Initialschrei unter starker Furcht, die von vegetativen Symptomen (Schwitzen, Unruhe) begleitet wird. Im Gegensatz zu Albträumen ist ein Schlafereignis nicht durch den Patienten erinnerlich.
    • Verwirrtheitszustände aus dem Schlaf heraus
    • Schlafbezogene Essstörungen – Essen und Trinken während einer unvollständigen Weckreaktion ohne Bewusstwerden dieses Vorganges durch den Patienten.
    • Schlafbezogene Halluzinationen
  • Obesitas-Hypoventilationssyndrom – Hypoventilationssyndrom mit reversibler Grunderkrankung, der Obesitas (extremes Übergewicht/Adipositas)
  • Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom (OSAS) – Bei gesicherter Diagnose zur Einleitung einer Therapie sowie routinemäßig nach drei, sechs oder zwölf Monaten.
  • Psychophysiologische Insomnie – Schlafstörung, die ihren Ursprung in einer erhöhten körperlichen oder emotionalen Anspannung hat.
  • Psychogene Lähmung – Lähmungen des ganzen Körpers oder einzelner Körperteile, für die keine organische Ursache nachweisbar ist.
  • Panikattacken
  • Paradoxe Insomnie – Subjektive Schlafstörung, die in der Polysomnographie nicht objektivierbar ist.
  • Parasomnien – unerwünschte Verhaltensweisen bezeichnet, die überwiegend während des Schlafes oder am Schlaf-Wach-Übergang auftreten
  • Periodische Beinbewegungen im Schlaf – Wiederholte Beinbewegungen, die von Aufwachepisoden begleitet werden können.
  • Rhythmische Bewegungsstörungen – Rhythmische Bewegungen des Körpers oder einzelner Körperteile während des Einschlafens.
  • Rhonchopathie (krankhaftes Schnarchen)
  • Schlafbezogene dissoziative Störung – Vorkommen von dissoziativen Ereignissen während des Schlaf-Wach-Übergangs (Als dissoziative Störung wird ein Verlust der psychischen Integration von Verhalten und Erleben bezeichnet.).
  • Schlafbezogene Bewegungsstörungen
    • Restless-Legs-Syndrom ("Rastlose Beine") – Erkrankung, die durch schmerzhafte, äußerst unangenehme Empfindungen in den Beinen gekennzeichnet ist. Durch ständige Bewegung kann sich der Patient Erleichterung verschaffen – inklusive des Syndroms nächtlicher periodischer Beinbewegungen (PLMD)
    • schlafbezogene Beinkrämpfe,
    • rhythmische Bewegungsstörungen oder benigne Myoklonien (rasche unwillkürliche Muskelzuckungen) im Kindes- und Jugendalter,
    • Zähneknirschen (Bruxismus)
  • Verhaltensstörung im REM-Schlaf – Erkrankung, bei der es zum Verlust der natürlichen Schlafhemmung der Motorik (Körperbewegung) kommt. Dabei ist aggressives Verhalten innerhalb von Traumerlebnissen zu beobachten, ein gehäuftes Vorkommen im Zusammenhang mit Alkohol- oder Benzodiazepinentzug (Schlafmittelentzug) sowie als mögliche Erstmanifestation eines Morbus Parkinson (Schüttelkrankheit) ist beschrieben.
  • Zirkadiane Rhythmusstörungen – Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus mit Desynchronisierung desselben.

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

Bei der kardiorespiratorischen Polygraphie handelt es sich um ein nicht-invasives diagnostisches Verfahren, sodass, bis auf eine ausreichende Indikationsstellung, keine Kontraindikationen zu beachten sind. Voraussetzung für die Durchführung ist jedoch eine ausreichende Compliance (Patientenmitarbeit).

Vor der Untersuchung

Vor der Untersuchung sind eine ausführliche internistische Anamnese sowie eine eingehende körperliche Untersuchung notwendig, um die Diagnose einzugrenzen. Bei der Polysomnographie handelt es sich größtenteils um eine nicht-invasive diagnostische Methode, die keinerlei intensivere Vorbereitung des Patienten erforderlich macht. Wird eine intrathorakale Druckmessung mittels Ösophagussonde durchgeführt, ist der Patient bezüglich möglicher Komplikationen aufzuklären und sein Einverständnis einzuholen. Da eine Vielzahl diagnostischer Messgeräte zur selben Zeit eingesetzt wird, ist der Patient über den Verlauf der Untersuchung zu schulen.

Das Verfahren

Ziel der Polysomnographie ist die Erfassung der Schlafarchitektur bzw. der Schlafstadien und die Kontinuität des Schlafes. Dabei werden sowohl neurologische Parameter als auch Kreislauf-Parameter erhoben und aufgezeichnet. Zusätzlich ist eine Videoüberwachung erforderlich, die eine durchgängige Anwesenheit medizinischen Personals nötig macht. Dies dient der Überwachung des Patientenverhaltens sowie der Kontrolle der störanfälligen Technik, da sich häufig z. B. EEG-Sonden lösen. Als kleine Polysomnographie wird eine Untersuchung bezeichnet, die zur Diagnose von psychiatrischen Krankheitsbildern, zur Differentialdiagnose von Epilepsien sowie zur Therapiekontrolle atmungsbedingter Schlafstörungen wie dem OSAS eingesetzt wird. Dabei werden folgende Parameter aufgezeichnet:

  • Elektroenzephalogramm (EEG) – Aufzeichnung der Hirnströme
  • Elektrokardiogramm (EKG) – Aufzeichnung der elektrischen Herzaktivität
  • Pulsoxymetrie – Aufzeichnung der Sauerstoffsättigung des Blutes und der Herzfrequenz
  • Elektrookulographie (EOG) – Aufzeichnung der Augenbewegungen; Erfassung der REM-Phasen (rapid-eye-movement Phasen; schnelle Augenbewegungen; die meisten Träume finden in dieser Phase statt)
  • Submentale Elektromyographie  (EMG) – Aufzeichnung der Muskelaktivität, z. B. der Beine oder der Kaumuskulatur
  • Atemfluss und Atmungsbewegungen – Gemessen werden sowohl die abdominellen (Bauchatmung) als auch die thorakalen (Brustatmung) Atembewegungen.

Die kontinuierliche Registrierung erfolgt über mindestens 6 Stunden.

Eine große Polysomnographie wird bei therapieresistenten Schlafstörungen (z. B. nach initialem Verdacht auf eine psychogene Störung), bei Tagesschläfrigkeit und bei Verdacht auf atmungsbedingte Schlafstörungen durchgeführt. Zusätzlich zu den oben genannten Parametern können folgende weitere Messgrößen überwacht werden:

  • Blutdruck
  • Bewegungen und Körperlage
  • Erektionsmessung
  • Körpertemperatur
  • Intrathorakaler Druck (Druck im Brustkorb) – Mittels Ösophagussonde (Sonde zur Druckmessung in der Speiseröhre)
  • Maskendruckmessung – Anwendung bei Einsatz eines CPAP-Gerätes bei OSAS (Atemhilfe, die einen Überdruck erzeugt und dadurch einer Verengung der Atemwege entgegenwirkt.).
  • Schnarchgeräusche
  • Tonüberwachung mittels Mikrofon

Zur Untersuchung von nächtlichen Hypoventilationen wird die Standard-Polysomnographie um eine kontinuierliche Aufzeichnung des Kohlendioxidpartialdrucks (pCO 2) ergänzt. Am häufigsten wird hierzu die transkutane Messung eingesetzt.

Die Polysomnographie ist die umfangreichste Schlafuntersuchung und wird in zertifizierten Schlaflaboren durchgeführt. Die Untersuchung findet in den meisten Fällen stationär an zwei aufeinander folgenden Tagen und Nächten statt.

Während die Polysomnographie im Schlaflabor erfolgt, findet die Polygraphie im eigenen Bett statt. Der Umfang der durchgeführten Untersuchungen reduziert sich dabei auf die Bestimmung der nächtlichen Sauerstoffsättigung und Pulsfrequenz sowie über die Körperlage und Atmung im Schlaf inklusive Schnarchen. Je nach Gerätetyp ist auch ein Elektrokardiogramm (EKG) und eine Elektromyographie (EMG) Bestandteil der Polygraphie. Das EMG ermöglicht, die nächtliche Aktivität der Beinmuskulatur im Schlaf zu erfassen. Mit der Bestimmung der Daten ist unter anderem die Diagnose einer Schlafapnoe oder einem Restless-Legs-Syndrom (unruhige Beine) sicherzustellen.

Mögliche Befunde

Die Polysomnographie kann eine Vielzahl von Schlafstörungen und damit verbundenen Befunden aufdecken. Dazu gehören:

  • Elektroenzephalogramm (EEG): Aufzeichnung der Hirnströme, die verschiedene Schlafstadien anzeigen können.
  • Elektrokardiogramm (EKG): Aufzeichnung der Herzaktivität, die mögliche Herzrhythmusstörungen während des Schlafs identifizieren kann.
  • Pulsoxymetrie: Aufzeichnung der Sauerstoffsättigung des Blutes und der Herzfrequenz, die auf Atemprobleme hinweisen kann.
  • Elektrookulographie (EOG): Aufzeichnung der Augenbewegungen, insbesondere während der REM-Phasen des Schlafs.
  • Submentale Elektromyographie (EMG): Aufzeichnung der Muskelaktivität, die Bewegungen der Beine oder des Kiefers während des Schlafs erfassen kann.
  • Atemfluss und Atmungsbewegungen: Messung der Atembewegungen, die auf obstruktive Schlafapnoen oder Hypopnoen hinweisen können.

Weitere mögliche Befunde umfassen Blutdruck, Bewegungen und Körperlage, Erektionen, Körpertemperatur, intrathorakalen Druck, Maskendruck, Schnarchgeräusche und Tonüberwachung mittels Mikrofon.

Nach der Untersuchung

Nach der Polysomnographie sind keine besonderen Maßnahmen am Patienten notwendig. In Abhängigkeit des Untersuchungsergebnisses müssen gegebenenfalls medikamentöse oder andere therapeutische Maßnahmen durchgeführt werden. Bei Fehlmessungen, Artefakten oder nicht gegebener Aussagekräftigkeit ist eine Wiederholung der Untersuchung zu erwägen.

Mögliche Komplikationen

Da es sich bei der Polysomnographie um ein nicht invasives Verfahren handelt, sind keine Komplikationen zu erwarten.
Wird eine Druckmessung mittels Ösophagussonde durchgeführt, ist zu beachten, dass das Einführen einer Ösophagussonde sehr unangenehm ist und mit einer hohen Patientenbelastung verbunden ist. Selten treten Verletzungen des Nasen-Rachen-Raumes oder der Ösophagus-Schleimhaut auf.

Literatur

  1. Kramme R: Medizintechnik: Verfahren, Systeme, Informationsverarbeitung. Springer Verlag 2007
  2. Hien P: Praktische Pneumologie. Springer Verlag 2012
  3. Hufschmidt A, Lücking CH, Rauer S: Neurologie Compact. Georg Thieme Verlag 2013

Leitlinien

  1. Frase L et al.: Empfehlungen zur Durchführung einer Polygraphie oder Polysomnographie im Bereich Psychiatrie und Psychotherapie Positionspapier des DGPPN-Referats Schlafmedizin. Der Nervenarzt 2020;9:843-853  https://doi.org/10.1007/s00115-019-00855-2

     
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