Kohlenhydrate: Übersicht und Bedeutung für die Energieversorgung
Kohlenhydrate zählen zu den wichtigsten Energiequellen des Menschen. Sie entstehen in Pflanzen durch Fotosynthese und liefern dem Körper rasch verfügbare Energie. In der Ernährung spielen sie eine zentrale Rolle – sowohl in Form schnell verfügbarer Kohlenhydrate (Mono- und Disaccharide bzw. Einfach- und Zweifachzucker) als auch in Form von Stärke und Ballaststoffen.
Unterteilung der wichtigsten Kohlenhydrate
Kohlenhydrate lassen sich nach ihrer chemischen Struktur und Länge unterscheiden. Entscheidend ist, aus wie vielen Grundeinheiten (Monosacchariden) sie bestehen.
Monosaccharide (Einfachzucker)
- Glucose (Traubenzucker)
- Fructose (Fruchtzucker)
- Galactose (Schleimzucker)
Disaccharide (Zweifachzucker)
- Maltose (Malzzucker = Glucose + Glucose)
- Lactose (Milchzucker = Glucose + Galactose)
- Saccharose (Haushaltszucker = Glucose + Fructose)
Polysaccharide bzw. komplexe Kohlenhydrate (Vielfachzucker)
- Stärke (pflanzliche Speicherform aus hunderten bis tausenden Glucosemolekülen)
- Glykogen (tierische Speicherform; ebenfalls aus vielen Glucosemolekülen aufgebaut)
- Dextrine (Abbauprodukte der Stärke)
Funktionen
Kohlenhydrate enthalten, anders als Fette und Proteine (Eiweiße), keine essentiellen (lebensnotwendigen) Nährstoffe. Sie dienen vor allem der Energieversorgung:
- 1 g Kohlenhydrate liefert etwa 4 kcal.
Allein das Gehirn benötigt täglich rund 120-140 g Glucose, um optimal zu arbeiten.
Verdauung und Aufnahme
Der Körper kann nur Monosaccharide (Einfachzucker) aufnehmen. Deshalb müssen alle Kohlenhydrate zunächst in Monosaccharide zerlegt werden:
- Die Verdauung von Stärke beginnt bereits im Mund durch das im Speichel enthaltene Enzym α-Amylase.
- Die entstandenen Disaccharide (Zweifachzucker) und die Disaccharide aus der Nahrung werden im Dünndarm durch Enzyme an der Darmschleimhaut zu Monosacchariden abgebaut und in die Darmzellen aufgenommen.
- Anschließend gelangen sie in den Blutkreislauf.
Je komplexer ein Kohlenhydrat ist, desto langsamer wird es verdaut. Das wirkt sich positiv auf den Blutglucosespiegel (Blutzuckerspiegel) und die Sättigung aus.
Stoffwechsel und Regulation
Nach der Aufnahme ins Blut gelangen die Monosaccharide in die Leber, wo sie größtenteils zu Glucose umgewandelt werden. Glucose steht dann allen Körperzellen als wichtigste Energiequelle zur Verfügung.
Energiegewinnung
Damit Glucose zu Energie verarbeitet werden kann, muss sie zunächst mithilfe des Hormons Insulin, das in den ß-Zellen der Bauchspeicheldrüse gebildet wird, in die Zellen gelangen. In den Zellen, vor allem in den Mitochondrien („Kraftwerken der Zellen“), wird sie über mehrere Stoffwechselschritte abgebaut und liefert dabei Energie (ATP; Adenosintriphosphat) – vorausgesetzt, genügend Sauerstoff steht zur Verfügung. Ist dies der Fall, gewinnt der Körper aus einem Molekül Glucose deutlich mehr Energie. Steht dagegen kurzfristig zu wenig Sauerstoff zur Verfügung – etwa bei Rauchern oder flacher Atmung unter Stress –, greift der Körper auf weniger effiziente, aber schnell verfügbare Stoffwechselwege zurück.
Speicherung
Der Teil der Glucose, der nicht zur Energiegewinnung genutzt wird, wird gespeichert:
- Die Leber kann ca. 150 g Glykogen (Speicherform von Glukose) speichern.
- Die Muskulatur speichert etwa 0,5 kg Glykogen. Die dort gespeicherte Glucose kann nur im Muskel selbst genutzt und nicht wieder ans Blut abgegeben werden, da den Muskeln das dazu benötigte Enzym fehlt.
Fettbildung
Wird mehr Glucose zugeführt, als der Körper benötigt, wandelt er sie in Fett um (Lipogenese). Langfristig kann dies zu einem erhöhten Körperfettanteil und gegebenenfalls zu Übergewicht führen. Ein hoher Kohlenhydratanteil – vor allem in Form schnell verfügbarer Kohlenhydrate – kann zudem den Triglyceridspiegel (Blutfette) im Blut erhöhen.
Regulation des Blutglucosespiegels
Die Zellen des zentralen Nervensystems (ZNS), des Nieren- und Knochenmarks sowie Leukozyten (weiße Blutkörperchen) und Erythrozyten (rote Blutkörperchen) sind in besonderem Maße auf die Energiegewinnung aus Glucose angewiesen. Glucose ist daher das wichtigste Kohlenhydrat im Körper. Damit diese Versorgung jederzeit gesichert ist, hält der Körper den Blutglucosespiegel (Blutzuckerspiegel) in einem engen Bereich. Insulin ermöglicht, wie bereits beschrieben, die Aufnahme von Glucose in die Zellen (→ Blutzuckerspiegel sinkt), während die Hormone Glukagon (Hormon der Bauchspeicheldrüse) und Adrenalin den Blutglucosespiegel bei Hunger oder Stress erhöhen, indem sie gespeichertes Glykogen wieder zu Glucose abbauen.
Überhöhte Zufuhr
Wer dauerhaft zu viele Kohlenhydrate – vor allem Mono- und Disaccharide – aufnimmt, riskiert:
- erhöhte Triglyceridwerte
- vermehrte Fetteinlagerung durch Lipogenese
- eine höhere Kalorienzufuhr ohne ausreichende Sättigung (besonders bei zuckerhaltigen Getränken)
Besonders freie Zucker wie Saccharose und Fructose sollten begrenzt werden.
Mangel
Bei zu geringer Kohlenhydratzufuhr greift der Körper auf Reserven und alternative Energiewege zurück:
- Abbau der Glykogenspeicher (meist innerhalb von 24 Stunden)
- Gluconeogenese: Bildung von Glucose aus:
- Aminosäuren (→ Muskelabbau)
- Glycerin aus Fettabbau
- Bildung von Ketonkörpern, die als Ersatzenergie dienen, z. B. für das Gehirn und die Erythrozyten (roten Blutkörperchen)
Bei langfristig sehr kohlenhydratarmer Ernährung (Fasten, extrem einseitige Ernährung) können sich Ketonkörper im Blut anreichern. Dies kann zu Übersäuerung (Ketoazidose) führen und Stoffwechselprozesse belasten.
Vorkommen
Kohlenhydrate finden sich vor allem in pflanzlichen Lebensmitteln:
- Getreideprodukte (Brot, Nudeln, Reis)
- Kartoffeln
- Hülsenfrüchte
- Obst
- Gemüse
- Süßwaren und zuckerhaltige Getränke
Saccharose (Haushaltszucker) ist der wichtigste Zucker in der Ernährung. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt, Zucker auf < 10 % der täglichen Energiezufuhr zu begrenzen, um Karies und Stoffwechselbelastungen zu vermeiden.
Stärkehaltige Lebensmittel wie Kartoffeln, Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte machen den größten Teil der gesundheitsförderlichen Kohlenhydrate aus.
Zufuhr-Empfehlungen
Mehr als 50 % der täglichen Energie sollten aus Kohlenhydraten stammen.
Empfohlen werden vor allem:
- komplexe Kohlenhydrate aus Vollkorn, Gemüse, Hülsenfrüchten
- ballaststoffreiche Lebensmittel
- ein moderater Konsum von Mono- und Disacchariden (Zucker)
Komplexe Kohlenhydrate sorgen für eine längere Sättigung, stabilere Blutzuckerwerte und eine bessere Versorgung des Darms mit Ballaststoffen.
Literatur
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE): Referenzwerteübersicht – Kohlenhydrate. Bonn; DGE.
- Scientific Advisory Committee on Nutrition (SACN): Carbohydrates and Health. London:TSO; 2015.
- World Health Organization (WHO): Guideline: Sugars Intake for Adults and Children. 2015.