Auditive Wahrnehmungsstörungen (AVWS)

Unsere Umwelt ist ein komplexes Netzwerk aus Reizen, die alle menschlichen Sinne ansprechen.
 
Sehen, Fühlen, Hören unsere Sinne stellen eine Verbindung zur Umwelt her und nehmen viele Reize auf.
Damit aber aus dem reinen „Hören“ ein „Verstehen“, aus dem „Sehen“ ein „Erkennen“ und aus dem „Fühlen“ ein „Begreifen“ wird, benötigen wir unser Gehirn, welches diese Reize weiterverarbeitet.

Doch nicht immer funktioniert dieses System reibungslos.

Definition

Einige Menschen hören zwar, was um sie herum geschieht, ihr Gehirn ist jedoch nicht in der Lage, die zahlreichen Reize und Informationen korrekt zu verarbeiten.

Dieses Phänomen wird als zentrale Hörstörung oder als auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (AVWS) bezeichnet.

Symptome und Beschwerden

Anzeichen einen AVWS bei Kindern können unter anderem sein:

  • Probleme beim Unterscheiden von Lauten
  • Häufiges Nachfragen im Gespräch
  • Schwierigkeiten, sich Kinderlieder, Gedichte oder mehrere Aufträge zu merken
  • Lese- und Schreibprobleme
  • Leichte Ablenkbarkeit durch Umgebungsgeräusche
  • Gestörte Schalllokalisation – Richtungshören

Die betroffenen Kinder haben oftmals Schwierigkeiten in der Schule, weil unsere Schulklassen oftmals viel zu laut und geräuschvoll sind. 
Eine verkürzte Hör-Gedächtnis-Spanne führt mitunter dazu, dass Gelerntes schnell wieder vergessen wird.  
Das Auftreten einer Lese-Rechtschreibschwäche ist bei den betroffenen Kindern keine Seltenheit.

Diagnostik

Um eine auditive Wahrnehmungsstörung (AVWS) bei Kindern zu diagnostizieren, ist eine präzise und fachgerechte Untersuchung erforderlich, da diese Störungen erhebliche Auswirkungen auf die Sprachentwicklung und das Lernverhalten haben können. Die Diagnostik erfolgt in der Regel durch spezialisierte Ärzte wie Phoniater, Pädaudiologen oder HNO-Ärzte mit entsprechender Weiterbildung. Hier eine detaillierte Übersicht über die verschiedenen diagnostischen Schritte und Tests:

Anamnese

  • Familiengeschichte: Erkundung genetischer oder entwicklungsbezogener Risikofaktoren.
  • Medizinische Vorgeschichte: Überprüfung früherer oder bestehender Hörprobleme, Mittelohrentzündungen oder anderer relevanter gesundheitlicher Bedingungen.

Audiologische Basisdiagnostik

  • Tonaudiometrie: Bestimmung der Hörschwelle für verschiedene Frequenzen.
  • Sprachaudiometrie: Bewertung des Sprachverstehens in Ruhe und bei Störgeräuschen.

Spezialisierte Hörtests zur Beurteilung der auditiven Verarbeitung

  • Lautunterscheidung: Überprüfung der Fähigkeit, ähnlich klingende Laute zu differenzieren.
  • Beidohriges Hören (Dichotisches Hören): Tests, die die Fähigkeit bewerten, Informationen, die gleichzeitig an beide Ohren gesendet werden, korrekt zu verarbeiten.
  • Hören im Lärm: Beurteilung der Fähigkeit, Sprache von Hintergrundgeräuschen zu unterscheiden.
  • Merkfähigkeit für Gehörtes: Überprüfung der Kapazität und Genauigkeit, Informationen kurzfristig auditiv zu speichern und wiederzugeben.

Differenzialdiagnostik

  • Neuropsychologische Tests: Ausschluss von oder Diagnosestellung bei anderen kognitiven oder entwicklungsbezogenen Störungen wie Aufmerksamkeitsdefiziten oder Lese-Rechtschreibschwäche.
  • Sprachentwicklungstests: Evaluierung der sprachlichen Fähigkeiten, um sprachbasierte von rein auditiven Verarbeitungsproblemen zu unterscheiden.

Therapie

Die Therapie von auditiven Wahrnehmungsstörungen (AVWS) sollte multimodal und speziell auf die Bedürfnisse des einzelnen Kindes zugeschnitten sein. Ziel der Therapie ist es, die auditive Verarbeitung und die damit verbundenen kognitiven Fähigkeiten zu verbessern, was sich positiv auf die Sprachentwicklung, das Lernen und die soziale Interaktion auswirken kann. Hier ist eine detaillierte Darstellung der verschiedenen therapeutischen Ansätze:

Auditives Training

  • Spezialisierte Therapiesitzungen: Training mit einem Logopäden oder Ergotherapeuten, die in der Diagnose und Behandlung von AVWS geschult sind. Diese Therapien fokussieren auf:
    • Allgemeine akustische Aufmerksamkeit: Verbesserung der Fähigkeit, auf spezifische akustische Signale zu achten und diese zu verarbeiten.
    • Tonhöhenunterscheidung: Schulung der Fähigkeit, Unterschiede in der Tonhöhe zu erkennen, was für das Sprachverständnis kritisch ist.
    • Rhythmusgehör: Training der Fähigkeit, rhythmische Muster zu erkennen und zu reproduzieren, was das Sprachtiming und die Prosodie unterstützt.

Musikbasierte Therapie

  • Musikalische Früherziehung: Einsatz von Musik als therapeutisches Mittel, durch:
    • Instrumentenlernen: Fördert nicht nur das Rhythmusgehör, sondern auch die feinmotorischen Fähigkeiten und die Konzentration.
    • Gesangsunterricht: Verbessert die Stimmbildung und das auditiv-motorische Feedback.
  • Besuch einer Musikschule: Kann die auditiven und sozialen Fähigkeiten durch Gruppenaktivitäten und performative Aspekte stärken.

Motorisch-auditive Übungen

  • Fingerspiele und Bewegungslieder: Diese traditionellen Spiele helfen Kindern, die Koordination zwischen Hören und Bewegung zu verbessern. Dies ist besonders wichtig für Aufgaben wie das Schreiben nach Gehör.

Technologische Hilfsmittel

  • Hörgeräte oder FM-Systeme: In Fällen, wo eine zugrundeliegende Hörbeeinträchtigung besteht, können solche Geräte das Hören unterstützen und die auditive Verarbeitung erleichtern.

Verhaltensanweisungen für den Alltag

  • Reduzierung von Hintergrundgeräuschen: Schaffung einer lernfreundlichen Umgebung durch Minimierung von Störgeräuschen, die das auditive Verständnis beeinträchtigen können.
  • Mediennutzung: Einschränkung von Fernsehen und Computerspielen, da diese oft zu einer Überlastung mit auditiven und visuellen Reizen führen und die Entwicklung der Hörwahrnehmung negativ beeinflussen können.

     
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