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Kältetherapie
Kryotherapie

Die Kältetherapie, auch als Kryotherapie (griech. kryo: kalt) bezeichnet, gehört zu den Verfahren der physikalischen Medizin und besteht sowohl in der lokalen als auch in der systemischen Anwendung von Kälte zu therapeutischen Zwecken.
Die Hauptanwendungsgebiete der Kryotherapie sind die Traumatologie (Wissenschaft bzw. Lehre der Verletzungen und Wunden einschließlich ihrer Therapie) und die Rheumatologie (Wissenschaft bzw. Lehre von der Entstehung, Behandlung und Verhütung von Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises).

Das Verfahren

Das Ziel der Kälteanwendung ist der Wärmeentzug des zu behandelnden Gewebes. Die Wirkung beruht allgemein auf einer Vasokonstriktion (Gefäßverengung), einer Muskeldetonisierung (Verringerung der inneren muskulären Spannung) und auf einem analgetischen Effekt (Schmerz verringernd).

Kälte hat folgende physiologische Wirkungen auf Gewebestrukturen und Gewebeprozesse:

  • Blutgefäße – Vasokonstriktion (Gefäßverengung)
  • Zellstoffwechsel – Herabsetzung des Stoffwechsels
  • Kapillarpermeabilität (Durchlässigkeit kleinster Blutgefäße) – Herabsetzung der Permeabilität (dadurch werden vor allem Ödeme (lokale Wasseransammlungen) verringert)
  • Gewebeentzündungen – Abschwächung von Entzündungsprozessen
  • Nervenleitgeschwindigkeit – Verminderung der Nervenleitgeschwindigkeit
  • Muskeltonus – kurzfristige Erhöhung und langfristige Verminderung des Muskeltonus
  • Muskelkontraktilität – Herabsetzung der Muskelkontraktilität
  • Viskosität der Synovialflüssigkeit ("Gelenkschmiere") – Erhöhung der Viskosität der "Gelenkschmiere"

Grundsätzlich muss die kurzfristige Anwendung der Kältetherapie von der Langzeitanwendung unterschieden werden, da sie durch eine unterschiedliche Wirkung gekennzeichnet sind:

  • Kurzzeitanwendung (ca. 10-15 Minuten): Die Folge ist eine Vasokonstriktion mit verminderter lokaler Durchblutung sowohl in den oberflächlichen als auch in den tieferen Muskelschichten.
    Nach Entfernen der Kältequelle erfolgt eine reaktive Hyperämie (kurzfristig verstärkte Durchblutung des Gewebes), die wellenförmig verläuft. Diese Wiedererwärmung kann z. B. mit der Thermographie verfolgt werden.
  • Langzeitanwendung (ca. 1-2 Stunden): Durch die anhaltende Kälte ist die Durchblutung erheblich verringert, bei gleichzeitiger Antiphlogese (Stoffwechseldämpfung) und Einschränkung enzymatischer Prozesse. Dies ist vor allem bei Entzündungen hilfreich, da ein erhöhter Metabolismus (Stoffwechsel) vorliegt. Der muskuläre Tonus erhöht sich kurzfristig, anschließend ist die Muskulatur lang anhaltend detonisiert. Bei einer Hauttemperatur von +15 C° besteht eine komplette Analgesie (Schmerzunempfindlichkeit) durch Herabsetzung der nervalen Aktivität. Außerdem bestehen eine Ödem- und Blutungshemmung, eine Erhöhung des Blutdruckes und der Herzfrequenz sowie eine Erhöhung der Viskosität der Synovialflüssigkeit und des venösen Drucks.

Die Anwendung des Kältereizes kann auf mehreren Wegen stattfinden. Die folgenden kryotherapeutischen Maßnahmen werden genutzt:

  • Eistauchbad: Eintauchen des Körpers in kaltes Wasser (6-12 C°)
  • Kaltwasserbad: Eintauchen einzelner Körperteile, z. B. Hände oder Füße in kaltes Wasser (10-15 C°)
  • Eisbeutel: Massagen, Packungen oder Tupfungen
  • Eiskompressen (1-3 C°)
  • Chemische Kompresse (Kälteentwicklung durch Reaktion zweier chemischer Komponenten; 0 C°)
  • Tiefgekühlte Solewickel
  • Packungen mit gefrorenen Gelbeuteln (Silikatmasse; -15 bis -20 C°)
  • Verdunstungskälte durch Flüssigkeiten wie Chloräthyl
  • Ganzkörperkälteexposition in einer Kältekammer für ca. 1-3 Minuten (-60 bis -120 C°; durch Stickstoff, Kohlenstoffdioxid oder Kaltluft)

Die Applikation dieser verschiedenen Methoden unterscheidet sich in Temperatur, Anwendungsdauer und Anwendungsort. Wenn es sich um eine langfristige lokale Anwendung eines Kältereizes handelt, z. B. durch eine Packung, muss diese auf eine trockene Zwischenlage gebettet sein und darf die Haut nicht direkt berühren. Außerdem sollte der Rest des Körpers z. B. mit Wolldecken warm gehalten werden, um die Gefahr der Unterkühlung und der Erkältung zu minimieren.

Der Patient empfindet zunächst ein Kältegefühl gefolgt von einem brennenden bzw. stechenden Schmerz (1. Kälteschmerz). Nach 7-8 Minuten folgt die Analgesie (Schmerzunempfindlichkeit), die in einen weiteren stechenden Schmerz (2. Kälteschmerz) münden kann. Aus diesem Grund sollte der behandelnde Arzt oder Therapeut immer in Reichweite des Patienten sein. Der genaue Verlauf der Kryotherapie ist abhängig von der Methode und der Indikation.

Die Kryotherapie ist sinnvoll bei:
  • Postoperative lokale Gewebereizzustände (z. B. Schwellungen)
  • Traumatische Arthritis – Gelenksentzündung nach Verletzung
  • Rheumatische Arthritis – Gelenksentzündung im Rahmen einer infektiös, metabolisch (stoffwechselbedingt) oder autoimmun bedingten Rheumaerkrankung
  • Gichtarthritis – Gicht ist ein Stoffwechseldefekt, der eine schmerzhafte Abscheidung von Kristallen der Harnsäure an unterschiedlichen Körperstellen, aber vor allem im Bereich der Gelenke, zur Folge hat.
  • Aktivierte Arthrose (Gelenksverschleiß)
  • Hämatome (Blutergüsse)
  • Kontusionen (Prellungen)
  • Distorsionen (Verstauchung)
  • Akute Periarthritis – Reizungen und Entzündungen im Weichteilbereich an einem Gelenk
  • Tendovaginitis (Sehnenscheidenentzündung)
  • Periostose – reaktive Verbreiterung der Knochenhaut
  • Bursitis – Schleimbeutelentzündung
  • Ödembehandlung bzw. Prophylaxe
  • Schmerzhafte Muskelverspannungen im Bereich der lumbalen Wirbelsäule
  • Lokale Verbrennungen
  • Postapoplektische Hemiplegien – Halbseitenlähmung nach einem Schlaganfall
  • Zerebrale Paresen – Lähmung durch Schäden im zentralen Nervensystem (Gehirn)

Die Kryotherapie sollte nicht angewendet werden, wenn der Patient unter Kälteallergien, Durchblutungsstörungen oder unter einer akuten Nieren- bzw. Blasenentzündung leidet.

Ihr Nutzen

Die Kryotherapie ist ein vielseitiges Verfahren, das vor allem bei Verletzungen am Bewegungsapparat als einfache Kühlung wirksam ist. Außerdem sind komplexere Anwendungen des Kältereizes möglich, die eine nachhaltige Wirkung haben können. Die Therapie sollte von einem erfahrenen Therapeuten durchgeführt werden.


Literatur

  1. Physikalische Therapie, Massage, Elektrotherapie und Lymphdrainage; Elisabeth Badde-Borcherding/Antje Hüter-Becker/ Mechthild Dölken/ Renato Kasserolla; Georg Thieme Verlag 2006
  2. Rheumatologie: Diagnostik, Klinik und Therapie; Hans-Jürgen Hettenkofer; Georg Thieme Verlag 2003
  3. Physikalische Medizin; Jürgen Heisel; Georg Thieme Verlag 2005

     
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