Wachstumsstörung beim Baby in der Schwangerschaft: Ursachen, Risikofaktoren und Prävention
Eine fetale Wachstumsstörung (intrauterine Wachstumsrestriktion) liegt vor, wenn ein Kind im Mutterleib kleiner ist, als es dem Schwangerschaftsalter entspricht. Betroffene Kinder tragen ein erhöhtes Risiko für Komplikationen während der Schwangerschaft, Geburt und später im Leben. Die Ursachen sind vielfältig und beinhalten sowohl mütterliche als auch kindliche und plazentare Faktoren [1].
Verhaltensbedingte Ursachen
Mehrere Einflüsse aus Lebensstil und Gesundheit der Mutter können das Wachstum des Kindes beeinträchtigen:
- Rauchen: Nikotin verringert die Durchblutung der Plazenta (Mutterkuchen) und reduziert das durchschnittliche Geburtsgewicht um rund 200 g. Auch Passivrauchen ist schädlich.
- Alkoholkonsum und Drogen: Alkohol wirkt direkt toxisch auf den Feten (fetales Alkoholsyndrom). Substanzen wie Kokain oder Opiate können Wachstumsverzögerungen und Fehlbildungen verursachen.
- Gewichtszunahme in der Schwangerschaft: Eine zu geringe Gewichtszunahme (< 7-8 kg) erhöht das Risiko für ein zu niedriges Geburtsgewicht, während eine exzessive Zunahme (> 20 kg) ebenfalls mit Wachstumsstörungen in Verbindung gebracht wird.
- Mangelernährung und Anämie (Blutarmut): Eine unzureichende Versorgung mit Eisen, Folsäure, Vitamin D oder Omega-3-Fettsäuren kann die Plazentafunktion beeinträchtigen. Eisenmangelanämien vermindern zusätzlich die Sauerstoffversorgung des Kindes.
Schwangerschaftsassoziierte Erkrankungen
- Gestationsdiabetes: Kann paradoxerweise sowohl zu übermäßigem Wachstum (Makrosomie) als auch zu Wachstumsrestriktion führen. Entscheidend ist die Blutzuckereinstellung.
- Gestose/Präeklampsie ("Schwangerschaftsvergiftung"): Gekennzeichnet durch Hypertonie (Bluthochdruck), Eiweißausscheidung im Urin und Ödeme. Sie führen zu einer reduzierten Durchblutung der Plazenta.
- Plazentainsuffizienz (Mutterkuchenschwäche): Eine zentrale Ursache für Wachstumsstörungen. Der Mutterkuchen kann das Kind nicht ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgen.
Infektiöse Ursachen
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Intrauterine Infektionen (z. B. Cytomegalievirus, Toxoplasmose, Röteln) stören die Zellteilung und Organentwicklung des Feten und können zu bleibenden Schäden führen.
Chronische Erkrankungen der Mutter
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Herz- und Nierenerkrankungen: Eine eingeschränkte Funktion dieser Organe kann die Blutzirkulation verschlechtern. Dadurch wird das Kind schlechter mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt.
Mehrlingsschwangerschaft
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Bei Zwillingen und Mehrlingen steigt das Risiko einer Wachstumsverzögerung deutlich, da die Plazenta auf mehrere Kinder verteilt werden muss und weniger Platz im Uterus vorhanden ist.
Ernährungsempfehlungen zur Prävention
Eine ausgewogene Ernährung ist eine der wichtigsten präventiven Maßnahmen:
- Eiweißzufuhr: 1,1 g/kg Körpergewicht pro Tag sind in der Schwangerschaft empfohlen, um das Wachstum zu sichern.
- Eisen: Der Bedarf steigt in der Schwangerschaft auf 30 mg pro Tag. Eisenreiche Lebensmittel sind Fleisch, Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte. Gegebenenfalls sind Supplemente erforderlich.
- Folsäure: Bereits vor der Schwangerschaft sollten täglich 400 µg Folsäure eingenommen werden, um Fehlbildungen und Wachstumsstörungen vorzubeugen.
- Vitamin D: Ein Spiegel von mindestens 20-30 ng/ml ist anzustreben. Supplemente sind in vielen Fällen sinnvoll.
- Omega-3-Fettsäuren: Besonders Docosahexaensäure (DHA) fördert die Gehirn- und Augenentwicklung und wirkt positiv auf die Plazentadurchblutung. Empfehlenswert sind 200-300 mg DHA täglich (z. B. aus fettreichem Fisch oder Algenöl).
- Flüssigkeitszufuhr: Mindestens 2 Liter pro Tag, vorzugsweise Wasser oder ungesüßte Tees.
Ärztliche Betreuung
Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen sind entscheidend, um Wachstumsstörungen frühzeitig zu erkennen. Bei Risikoschwangeren (z. B. Raucherinnen, Mehrlingsschwangerschaft, Vorerkrankungen) sind engmaschigere Kontrollen erforderlich. Dazu zählen:
- Sonographien (Ultraschalluntersuchungen) mit Wachstumskontrolle und Doppleruntersuchungen der Plazentadurchblutung
- Blutdruck- und Urinkontrollen zur Präeklampsie-Früherkennung
- Laboruntersuchungen auf Anämien oder Infektionen
Was kann die werdende Mutter bei fetaler Retardierung tun?
Wenn sich die werdende Mutter tagsüber auf der linken Seite liegend ausruht, begünstigt es das fetale Wachstum von SGA-Kindern (Small for Gestational Age). Schon nach zwei Wochen Bettruhe war das fetale Wachstum signifikant größer als bei Kontrollen ohne mütterliche Bettruhe [3].
Literatur
- Malhotra A, Allison BJ, Castillo-Melendez M, Jenkin G, Polglase GR, Miller SL: Neonatal morbidities of fetal growth restriction: pathophysiology and impact. Front Endocrinol (Lausanne). 2019;10:55. doi: 10.3389/fendo.2019.00055.
- Kamphof HD, Posthuma S, Gordijn SJ, Ganzevoort W: Fetal Growth Restriction: Mechanisms, Epidemiology, and Management. Maternal-Fetal Medicine. 2022 Jul;4(3):186-196. doi: 10.1097/FM9.0000000000000161.