Schwangerschaft und häufiger Harndrang: Was dahintersteckt und wie Beschwerden gelindert werden können

Häufiger Harndrang gehört zu den typischen Beschwerden in der Schwangerschaft. Viele Frauen erleben diese Veränderung bereits in den ersten Wochen, und sie hält häufig bis zur Geburt an. Auch wenn der Harndrang im Regelfall ein normales Phänomen ist, kann er belastend sein. Für Schwangere ist es wichtig zu wissen, welche Ursachen dahinterstecken, wie sich Beschwerden lindern lassen und wann eine ärztliche Abklärung notwendig wird.

Warum tritt häufiger Harndrang in der Schwangerschaft auf?

  • Hormonelle und renale Anpassungen
    Schon früh in der Schwangerschaft steigt die Durchblutung der Nieren, und die sogenannte glomeruläre Filtrationsrate (GFR) erhöht sich um bis zu 50 %. Dadurch entsteht mehr Harn, was sich direkt im verstärkten Harndrang bemerkbar macht [1].
  • Wachsender Druck auf die Blase
    Mit zunehmender Größe der Gebärmutter nimmt der Platz im Bauchraum ab. Die Blase kann sich nicht mehr so stark füllen, sodass sie schneller Entleerungssignale sendet. Besonders im letzten Schwangerschaftsdrittel drückt das tief ins Becken eintretende Kind verstärkt auf die Blase [3].
  • Veränderungen im Beckenboden
    Der Beckenboden wird während der Schwangerschaft durch das zunehmende Gewicht stärker belastet. Dies kann das Gefühl verstärken, häufiger Wasser lassen zu müssen.

Häufigkeit und Risikofaktoren

Studien zeigen, dass fast alle Schwangeren im Verlauf der Schwangerschaft über häufiger werdenden Harndrang berichten. Besonders ausgeprägt sind die Beschwerden im 3. Trimenon (Schwangerschaftsdrittel), wenn der Druck der Gebärmutter am stärksten ist [3].
Verstärkend wirken Faktoren wie Übergewicht, Mehrlingsschwangerschaften oder bereits vorbestehende Blasenschwäche.

Wann sollte ein Arzt aufgesucht werden?

Häufiger Harndrang allein ist in der Regel harmlos. Bestimmte Begleitsymptome können jedoch auf eine Harnwegsinfektion hindeuten, die in der Schwangerschaft häufiger vorkommt und behandelt werden muss:

  • Brennen beim Wasserlassen
  • Blut im Urin
  • Schmerzen im Unterbauch oder in der Flanke
  • Fieber oder allgemeines Krankheitsgefühl

Bei solchen Beschwerden sollte umgehend eine ärztliche Abklärung erfolgen, da eine unbehandelte Infektion zu Komplikationen wie Nephritis (Nierenentzündung) oder Frühgeburt führen kann [4].

Was hilft gegen häufigen Harndrang?

Zwar lässt sich der Harndrang nicht vollständig verhindern, es gibt aber bewährte Strategien zur Linderung:

  • Ausreichend, aber bewusst trinken
    Eine Flüssigkeitsmenge von 1,5-2 Litern pro Tag ist wichtig. Abends kann die Menge etwas reduziert werden, um nächtliche Toilettengänge zu verringern.
  • Koffein einschränken
    Kaffee, schwarzer Tee, Cola oder Energydrinks können den Harndrang verstärken. Fachgesellschaften empfehlen in der Schwangerschaft nicht mehr als 200 mg Koffein pro Tag (entspricht etwa 2-3 Tassen Kaffee) [4].
  • Geplante Toilettengänge
    Regelmäßige Entleerung entlastet die Blase. Beim Wasserlassen hilft es, sich leicht nach vorne zu beugen, damit die Blase vollständig geleert wird.
  • Beckenbodentraining
    Gezielte Übungen stärken die Muskulatur, verbessern die Blasenkontrolle und beugen späterer Inkontinenz vor. Studien zeigen, dass Beckenbodentraining sowohl während als auch nach der Schwangerschaft wirksam ist [2].
  • Vermeidung von Blasenreizen
    Sehr scharfe Speisen, enge Kleidung, kohlensäurehaltige Getränke oder Kälte können die Beschwerden verstärken.

Fazit

Häufiger Harndrang in der Schwangerschaft ist ein normales Symptom, das durch hormonelle Umstellungen, veränderte Nierenfunktion und mechanischen Druck entsteht. Mit einfachen Maßnahmen wie bewusstem Flüssigkeitsmanagement, Koffeinreduktion und Beckenbodentraining lassen sich die Beschwerden deutlich abmildern. Wichtig ist, auf Warnsignale zu achten und bei Verdacht auf eine Harnwegsinfektion frühzeitig ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Literatur

  1. Lopes van Balen VA, van Gansewinkel TAG, de Haas S et al.: Maternal kidney function during pregnancy: systematic review and meta-analysis. Ultrasound Obstet Gynecol. 2019;54(3):297-307. doi: 10.1002/uog.20137.
  2. Zhang D, Wang Q, Zheng Y et al.: Influence of pelvic floor muscle training alone or as part of a program during pregnancy on prevention of urinary incontinence: A systematic review and meta-analysis. Acta Obstet Gynecol Scand. 2024;103(7):701-713. doi: 10.1111/aogs.14744.
  3. Bosio S, Frigerio M, Barba M et al.: Prevalence and severity of lower urinary tract symptoms in the third trimester of pregnancy. Int Urogynecol J. 2023;34(9):2155-2161. doi: 10.1007/s00192-023-05515-3.
  4. American College of Obstetricians and Gynecologists (ACOG): Urinary Tract Infections in Pregnant Individuals. Obstet Gynecol. 2023;142(2):435-445. doi: 10.1097/AOG.0000000000005269.