Schmerzen im Schambereich in der Schwangerschaft: Behandlung bei Symphysenlockerung
Während der Schwangerschaft verändert sich der Körper tiefgreifend, um das heranwachsende Kind zu tragen und den Geburtsvorgang vorzubereiten. Ein wichtiger Teil dieser Anpassung ist die hormonell gesteuerte Auflockerung der Symphyse, also der faserknorpeligen Verbindung zwischen den beiden Schambeinästen. Das Hormon Relaxin sorgt für eine erhöhte Elastizität des Bandapparates im Becken. Dadurch kann sich das Becken zur Geburt hin erweitern.
Bei manchen Schwangeren führt diese Lockerung jedoch zu deutlichen Schmerzen im Schambereich, die sich bis in den Unterbauch, die Leisten oder den unteren Rücken erstrecken können. Die Beschwerden reichen von leichter Belastungsempfindlichkeit bis zu einer erheblichen Einschränkung der Beweglichkeit.
Ursachen
Die Symphysenlockerung entsteht nicht durch eine einzelne Ursache, sondern durch ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren:
- Hormonelle Veränderungen: Relaxin und Progesteron lockern die Bänder und erhöhen die Beweglichkeit der Symphyse.
- Veränderte Körperhaltung: Der wachsende Bauch verschiebt den Körperschwerpunkt nach vorne und belastet das Becken zusätzlich.
- Ungleichmäßige muskuläre Belastung: Insbesondere eine schwache Becken- und Rumpfmuskulatur kann die Instabilität verstärken.
- Vorerkrankungen oder Verletzungen: Vorangegangene Beckenfrakturen, Operationen oder eine frühere Symphysenlockerung erhöhen das Risiko.
Typische Symptome
Die Beschwerden treten oft schleichend auf und nehmen mit fortschreitender Schwangerschaft zu. Typisch sind:
- Schmerzen im Bereich des Schambeins oder des unteren Bauches
- Verstärkung der Schmerzen beim Gehen, Treppensteigen, Aufstehen aus dem Sitzen oder beim Drehen im Bett
- Schwellungs- oder Druckgefühl im Bereich der Symphyse
- In ausgeprägten Fällen ein Gefühl von Instabilität im Becken oder „auseinanderklaffenden Schambeinen“
Etwa 1-5 % aller Schwangeren entwickeln eine klinisch relevante Symphysenlockerung mit deutlichen Einschränkungen. Mildere Formen mit gelegentlichen Schmerzen sind jedoch deutlich häufiger.
Behandlungsmöglichkeiten
Die Therapie richtet sich nach dem Schweregrad der Beschwerden und umfasst vor allem konservative Maßnahmen:
Konservative Maßnahmen
- Gezielte Übungen: Beckenboden- und Rumpfstabilisation, vorzugsweise unter physiotherapeutischer Anleitung
- Schonung und Bewegungskontrolle: Vermeidung von einseitigen Belastungen, schwerem Heben oder langem Treppensteigen
- Hilfsmittel: Symphysen- oder Beckenbandagen können das Gelenk stabilisieren und Schmerzen lindern.
- Wärme- oder Kälteanwendungen: Wärme entspannt verspannte Muskulatur, Kälte lindert akute Schmerzen.
- Physiotherapie: Manuelle Techniken und spezifische Stabilisationsprogramme können die Beweglichkeit verbessern.
Medikamentöse Behandlung
- Paracetamol ist in empfohlenen Dosierungen während der Schwangerschaft möglich.
- Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR wie Ibuprofen, Diclofenac) sind vor allem im dritten Trimenon (Schwangerschaftsdrittel) kontraindiziert und sollten nur in Ausnahmefällen und nach ärztlicher Rücksprache eingenommen werden.
Weitere Empfehlungen
- Auf eine ergonomische Haltung achten, etwa durch breites Aufstehen oder vorsichtiges Umdrehen im Bett.
- Schwimmen oder Aquafitness gelten als besonders gelenkschonend.
- Schlafposition: Seitlage mit Kissen zwischen den Knien zur Entlastung des Beckenrings.
Prognose
In den meisten Fällen verschwinden die Beschwerden nach der Geburt allmählich. Eine vollständige Rückbildung erfolgt in der Regel innerhalb weniger Wochen bis Monate. Bei schweren Lockerungen oder ungünstiger Belastung kann die Symptomatik länger bestehen bleiben. Chronische Verläufe sind selten, sollten aber erkannt und behandelt werden, um eine dauerhafte Beckeninstabilität zu vermeiden.
Wann ärztliche Hilfe nötig ist
Eine ärztliche Abklärung ist erforderlich, wenn:
- plötzliche, starke oder zunehmende Schmerzen auftreten.
- Gehen oder Stehen kaum noch möglich ist.
- eine auffällige Schwellung, Rötung oder Blutung im Schambereich sichtbar wird.
- zusätzliche Symptome wie vorzeitige Wehen oder vaginale Blutungen auftreten.
Prävention
Eine völlige Verhinderung der Symphysenlockerung ist nicht möglich, aber das Risiko für ausgeprägte Beschwerden kann gesenkt werden durch:
- Frühzeitiges Training von Beckenboden- und Rumpfmuskulatur – bereits vor oder zu Beginn der Schwangerschaft
- Aufrechte Haltung beim Sitzen und Stehen
- Vermeidung einseitiger Belastungen im Alltag (z. B. schweres Tragen nur auf einer Seite)
Literatur
- Vleeming A, Albert HB, Ostgaard HC, Sturesson B, Stuge B: European guidelines for the diagnosis and treatment of pelvic girdle pain. Eur Spine J. 2008 Jun;17(6):794-819. doi: 10.1007/s00586-008-0602-4.