Zahnfleischbluten und Zahnschmerzen in der Schwangerschaft: Ursachen, Risiken und Tipps zur Vorbeugung
Zahnfleischbluten und Zahnschmerzen gehören zu den häufigsten oralen Beschwerden in der Schwangerschaft. Hormonelle Veränderungen, eine veränderte Immunantwort und eine gesteigerte Durchblutung der Mundschleimhaut führen dazu, dass das Zahnfleisch empfindlicher reagiert und entzündliche Prozesse leichter entstehen. Solche Beschwerden sind nicht nur unangenehm, sondern können auch Auswirkungen auf den gesamten Schwangerschaftsverlauf haben [1, 2].
Ursachen von Zahnfleischbluten und Zahnschmerzen
- Hormonelle Veränderungen
Der erhöhte Spiegel an Östrogen und Progesteron während der Schwangerschaft führt zu einer stärkeren Gefäßdurchblutung der Schleimhäute und zu einer veränderten Immunantwort. Dadurch wird das Zahnfleisch empfindlicher und reagiert bereits auf geringe Plaquemengen mit Schwellung und Blutung. Typisch ist die Schwangerschaftsgingivitis, die bei bis zu 60-70 % der Schwangeren beobachtet wird [1]. - Veränderte Immunabwehr
In der Schwangerschaft kommt es zu einer physiologischen Immunsuppression, um die Toleranz gegenüber dem Fetus aufrechtzuerhalten. Dies begünstigt das Wachstum bestimmter Bakterien im Zahnbelag (Plaque) und verstärkt die Neigung zu Zahnfleischentzündungen und Parodontitis (entzündliche Erkrankung des Zahnhalteapparates). Schmerzen, Zahnfleischbluten und im fortgeschrittenen Verlauf auch Zahnlockerungen können die Folge sein [2]. - Veränderte Mundhygiene
Schwangerschaftsübelkeit und Erbrechen erschweren die tägliche Mundpflege. Zudem können saure Erbrochenreste die Zahnsubstanz angreifen. Auch Heißhunger auf süße oder saure Lebensmittel trägt zur Erosion des Zahnschmelzes und zu einer erhöhten Empfindlichkeit der Zähne bei. - Schwangerschaftsepulis
Diese gutartige, tumorähnliche Wucherung am Zahnfleisch tritt häufig im zweiten oder dritten Trimenon (Schwangerschaftsdrittel) auf. Sie ist harmlos, kann jedoch das Zahnfleischbluten verstärken und beim Kauen Beschwerden verursachen [4].
Mögliche Folgen für Mutter und Kind
Unbehandelte Parodontalerkrankungen in der Schwangerschaft sind nicht nur ein ästhetisches oder lokales Problem. Studien zeigen einen Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko für Frühgeburten, Präeklampsie („Schwangerschaftsvergiftung“, d. h. Hypertonie (Bluthochdruck) in der Schwangerschaft, Proteinurie (Eiweiß im Urin), Ödeme (Wasseransammlungen)) und ein vermindertes Geburtsgewicht [3]. Die zugrunde liegenden Mechanismen sind vermutlich systemische Entzündungsreaktionen und die Freisetzung von Bakterienprodukten aus dem entzündeten Zahnfleisch in den Blutkreislauf.
Für die Schwangere selbst können unbehandelte Zahnfleischentzündungen zu chronischen Schmerzen, Lockerung der Zähne und Funktionsstörungen führen, die sich auch nach der Schwangerschaft nur schwer beheben lassen.
Vorsorgemöglichkeiten
Eine frühzeitige und konsequente Prophylaxe kann die meisten Beschwerden verhindern oder deutlich lindern.
- Regelmäßige Zahnpflege
Mindestens zweimal täglich Zähneputzen mit einer weichen Zahnbürste und fluoridhaltiger Zahnpasta. Zahnseide oder Interdentalbürsten reinigen die Zahnzwischenräume, wo sich Plaque besonders leicht ansammelt. - Professionelle Zahnreinigung (PZR)
Empfehlenswert ist eine prophylaktische Zahnreinigung beim Zahnarzt, am besten im zweiten Trimenon. Diese Maßnahme ist für Mutter und Kind unbedenklich und reduziert die Bakterienlast deutlich. - Antimikrobielle Mundspüllösungen
Bei akuten Entzündungen können kurzfristig Chlorhexidin-haltige Spülungen eingesetzt werden. Eine längerfristige Anwendung sollte jedoch vermieden werden, da Verfärbungen und Geschmacksstörungen auftreten können. - Ernährung
Eine ausgewogene Ernährung mit reichlich Gemüse, Obst und Milchprodukten liefert Calcium und Vitamin C, die für gesunde Zähne und Zahnfleisch wichtig sind. Zuckerhaltige Snacks sollten reduziert werden, um das Kariesrisiko gering zu halten. - Schonende Zahnputztechnik
Durch sanfte, kreisende Bewegungen lassen sich mechanische Irritationen des Zahnfleisches minimieren. Bei Übelkeit hilft es, abends auf fluoridiertes Mundwasser auszuweichen, wenn Zähneputzen nicht möglich ist. - Behandlung akuter Beschwerden
Treten Zahnschmerzen auf, sollte eine zeitnahe zahnärztliche Abklärung erfolgen. Lokale Betäubungen sind in der Schwangerschaft möglich. Als Schmerzmittel gilt Paracetamol als Mittel der ersten Wahl; Ibuprofen sollte im dritten Trimenon vermieden werden.
Prävention
Die zahnärztliche Vorsorge sollte idealerweise bereits vor einer geplanten Schwangerschaft erfolgen. Frauen mit Kinderwunsch profitieren von einer gründlichen Sanierung bestehender Zahnerkrankungen, da so das Risiko von Komplikationen reduziert wird. Während der Schwangerschaft sind Kontrolluntersuchungen in jedem Trimenon (Schwangerschaftsdrittel) sinnvoll.
So lassen sich Zahnfleischbluten und Schmerzen frühzeitig erkennen, sicher behandeln und mögliche Auswirkungen auf den Schwangerschaftsverlauf minimieren.
Literatur
- Gürsoy M, Pajukanta R, Sorsa T, Könönen E: Clinical changes in periodontium during pregnancy and post-partum. J Clin Periodontol. 2008;35(7):576-583. doi: 10.1111/j.1600-051X.2008.01236.x.
- Wu M, Chen SW, Jiang SY: Relationship between Gingival Inflammation and Pregnancy. Mediators Inflamm. 2015;2015:623427. doi: 10.1155/2015/623427.
- Ide M, Papapanou PN: Epidemiology of association between maternal periodontal disease and adverse pregnancy outcomes – systematic review. J Clin Periodontol. 2013;40(Suppl 14):S181-S194. doi: 10.1111/jcpe.12063.
- Pecci-Lloret MP et al.: Oral Manifestations in Pregnant Women: A Systematic Review. J Clin Med. 2024;13(3):707. doi: 10.3390/jcm13030707.