Cybersex

Cybersex – Eine virtuelle Welt der Intimität

Cybersex (CS, C6; Synonyme: Internet-Sex, Online-Sex, virtueller Sex, Internet-Erotik) bezeichnet die sexuelle Interaktion zwischen Menschen, die sich online oder über Handy, Internet, in virtuellen Räumen oder durch digitale Kommunikationsmittel engagieren, z. B:

  1. Textbasiert: Austausch von erotischen Nachrichten und Fantasien
  2. Sexting: Versenden von sexuell expliziten Nachrichten, Fotos oder Videos über mobile Geräte (Smartphone, Handy)
  3. Camsex (Live-Cam-Sex, Webcam-Sex): Live-Videoübertragung sexueller Aktivitäten
  4. Rollenspiele: Darstellung verschiedener sexueller Szenarien oder Fantasien
  5. Virtuelle Welten: Interaktion in 3D-Online-Umgebungen mit Avataren
  6. Audio-Sex: Sexuelle Gespräche über Sprachanrufe oder Aufnahmen
  7. Online-Pornographie
  8. Anbahnung sexueller Kontakte über Chats oder soziale Netzwerke wie Facebook, TikTok
  9. Sex-Robotic als Sonderform von Cybersex [9]: Sex-Robotik bezieht sich auf den Einsatz von humanoiden Robotern oder virtuellen Avataren, um sexuelle Interaktionen und Fantasien zu ermöglichen. Diese Roboter können programmiert werden, um menschliche Bewegungen, Reaktionen und Gespräche zu imitieren. Sex-Roboter sind eine Sonderform von Cybersex, da sie eine physische Komponente in die sexuelle Interaktion einbringen. Menschen können mit diesen Robotern oder Avataren interagieren, um ihre sexuellen Wünsche auszuleben.

Cybersex bietet eine virtuelle sexuelle Erfahrung, die von der Realität getrennt ist. Während echter Sex physische Nähe erfordert, ermöglicht Cybersex Menschen, ihre sexuellen Fantasien auszuleben, ohne physisch präsent zu sein. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass Cybersex nicht den emotionalen und physischen Aspekt einer realen Beziehung ersetzen kann [1, 2].

Geschichte und Entwicklung von Cybersex

Die Wurzeln des Cybersex reichen zurück in die Anfänge des Internets. In den 1980er-Jahren begannen Menschen, erotische Texte und Bilder über Bulletin Board Systems (BBS) auszutauschen. Mit der Verbreitung des World Wide Web in den 1990er-Jahren nahm die Popularität von Cybersex rapide zu. Die Einführung von Webcams und Instant-Messaging-Diensten ermöglichte es den Nutzern, eine realistischere und interaktivere Erfahrung zu erleben.

Ablauf von Cybersex

Beim Cybersex schreiben die Teilnehmer sexuell aufgeladene Nachrichten, teilen möglicherweise erotische Bilder oder beteiligen sich an Live-Video-Chats. Die Aktivitäten können von sinnlichem Flirten bis zu expliziten sexuellen Handlungen reichen.

Schutz vor Gefahren

Um sicher im virtuellen Raum beim Cybersex zu bleiben, sollten Teilnehmer:

  • Anonymität bewahren, das heißt:
    • keine persönlichen Informationen preisgeben
    • zurückhaltend sein mit persönlichen Informationen in sozialen Medien
    • sichere, starke Passwörter verwenden und sie regelmäßig ändern
    • Informationen nur mit vertrauenswürdigen Kontakten teilen
  • Kommunikationsregeln, das heißt:
    • klare Grenzen und Respekt in der Kommunikation einhalten und durchsetzen
    • Wachsam sein, denn blindes Vertrauen ist gefährlich, da im Internet nicht immer klar ist, wer sich hinter einem Bildschirm verbirgt. Beim Cybersex kann es leicht zu Missverständnissen oder gar Ausnutzung kommen.
    • Immer daran denken, dass Handlungen im virtuellen Raum auch echte Konsequenzen haben können, neben Belästigung, Erpressung, Stalking, auch sexuelle Vergewaltigung und Cyberprostitution. Unter diesen Gesichtspunkten sind besonders große Vorsichtsmaßnahmen im Sinne einer Kombination aus technischen und kommunikativen Vorsichtsmaßnahmen notwendig!
  • Grenzen respektieren – Einwilligung und die Wünsche des Partners respektieren
  • Sichere Plattformen nutzen, das heißt:
    • vertrauenswürdige Plattformen
    • Software und Antivirenprogramm regelmäßig aktualisieren
    • sichere, verschlüsselte Verbindungen (https://) beim Surfen verwenden
    • öffentliche WLAN-Netzwerke mit Vorsicht benutzen
  • Überprüfung von Quellen – kritisch sein bei der Verwendung von Informationen aus dem Internet und Quellen überprüfen
  • Phishing vermeiden, das heißt:
    • misstrauisch gegenüber verdächtigen E-Mails und Links sein
    • keine Anhänge öffnen oder auf Links von unbekannten Absendern klicken

Was geschieht mit Fotos oder Videos vom Cybersex

Fotos oder Videos, die beim Cybersex erstellt werden, sollten mit äußerster Vorsicht behandelt werden. Sie könnten ohne Zustimmung weitergegeben oder veröffentlicht werden, wenn die andere Person unehrliche Absichten hat. Wichtig ist die Vermeidung von eventuell problematischen Inhalten oder besondere Erkennungszeichen der eigenen Person (Gesicht, Tattoos etc.). Es sei denn, man vertraut der anderen Person vollständig.

Rechtliche Aspekte

Cybersex ist in vielen Ländern legal, solange er zwischen erwachsenen Einwilligenden stattfindet. Die Gesetze variieren jedoch.

Strafbar sind (die Gesetze bzw. die Strafbarkeit können abhängig vom jeweiligen Land sein):

  • Kinderpornografie
  • Belästigung, Zwang, Nötigung, virtuelle Vergewaltigung
  • Verstoß gegen Gesetze zur Privatsphäre oder gegen Datenschutzbestimmungen

Drohungen, Belästigungen im Zusammenhang mit Cybersex

Bei Drohungen oder Belästigungen können folgende Schritte unternommen werden:

  • Blockieren der Person, um den Kontakt zu beenden
  • Sammeln aller Nachrichten oder Drohungen
  • Meldung an die Plattform, auf der dies stattgefunden hat
  • ggf. Information von Strafverfolgungsbehörden

Wissenschaftliche Perspektiven

Die wissenschaftliche Literatur zum Thema Cybersex und seine Auswirkungen ist umfangreich, aber es gibt nach wie vor Debatten und Forschungsbedarf auf diesem Gebiet.

Prävalenz und Häufigkeit

Die Prävalenzraten von Cybersex schwanken in den Studien erheblich, und zwar zwischen 33 % und 75 %. Das hängt zum Teil von verschiedenen Definitionen von Cybersex, der Population, der Altersgruppen und der Geschlechter, sowie kleinen Studien oder nicht repräsentativen Stichproben ab [4]. Gleiches gilt für das Suchtpotenzial (s. u.)

Zusammenhänge mit sexuellen Verhaltensweisen

Gründe für die zunehmende Entscheidung für Cybersex sind [4]:

  • Personen, die nicht in einer Beziehung leben
  • Personen, die mehrere Sexualpartner haben (im Vergleich zu einem)
  • Personen, die mehr als vier Sexualpartner haben, berichten zu >20 % über eine problematische Anwendung mit Suchtgefährdung.
  • Homosexuelle und bisexuelle Orientierungen (im Vergleich zu Heterosexualität), da sie häufigen sozialen Problemen ausgesetzt sind.
  • Alter: Zunahme im Alter von 10-17 Jahren, Abnahme von 18-24 Jahren
  • Personen, die Cybersex nutzen
    • zur Steigerung der Lust allgemein, (Vergnügungssucht, Unterhaltungssteigerung)
    • zur sexuellen Steigerung der Erregung
    • als Bewältigungsstrategien gegen Stress, Frustration, depressive Verstimmungen, Langweile

Suchtgefahr

Die Gefahr, süchtig nach Cybersex zu werden, besteht insbesondere, wenn die virtuelle Welt als Fluchtmechanismus genutzt wird. Die Diagnose von Cybersex-Sucht ist umstritten und deshalb bis 2021 noch nicht in diagnostischen Handbüchern wie dem DSM-5 (Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen) oder dem ICD-10 (Internationale Klassifikation der Krankheiten) enthalten. Allerdings hat die WHO in der Neufassung des CD 11 die Cyber-Sexsucht jetzt als Krankheit aufgenommen. Sie gehört zur Gruppe 06: Psychische Verhaltens- oder neurologische Entwicklungsstörungen und wird codiert als: zwanghafte sexuelle Verhaltensstörungen (6C72). Neben Cybersex gehören dazu auch Masturbation, Pornographie, Telefonsex und andere Formen sich wiederholenden Sexualverhaltens [5, 6].

Die Prävalenzraten (Krankheitshäufigkeit) liegen zwischen 2 und 8 % [7, 8, 9].

Diagnosekriterien sind [5]:

Die Unfähigkeit, intensive, sich wiederholende sexuelle Impulse oder Triebe über eine Dauer von mindestens 6 Monaten zu kontrollieren oder deutlich zu reduzieren mit den Folgen,

  • dass Gesundheit und Körperpflege sowie andere Interessen, Aktivitäten und Verantwortlichkeiten vernachlässigt werden.
  • dass das Muster des sich wiederholenden Sexualverhaltens zu deutlichem Stress oder erheblicher Beeinträchtigung in persönlichen, familiären, sozialen, pädagogischen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen führt.
  • der Persistenz,
    • trotz negativer Konsequenzen (z. B. Ehekonflikt, finanzielle oder rechtliche Folgen, negative Auswirkungen auf die Gesundheit).
    • trotz geringer oder gar keiner Befriedigung daraus.

Therapie

Therapeutisch kommen multimodale Therapieansätze sowohl als Einzel-, Gruppen,- Paar-, Familien- Therapie sowie Selbsthilfegruppen oder auch eine Psychopharmakotherapie infrage, geleitet von Fachleuten, die auf Sucht- und Verhaltensstörungen spezialisiert sind. Die Auswahl ist abhängig von den individuellen Bedürfnissen und den zugrunde liegenden Ursachen [7, 8], z. B. Stressbewältigung, emotionale Probleme und soziale Isolation (s. o.).

Sexuelle Gewalt im Internet

Sexuelle Gewalt im Internet kann in verschiedenen Formen auftreten, darunter Belästigung, Erpressung, Stalking und sogar Vergewaltigung. Die Täter nutzen oft die Anonymität des Internets, indem sie virtuelle Identitäten annehmen. Erwachsene können sich als Kinder und Jugendliche, Männer als Frauen ausgeben, um ihre Opfer zu bedrohen oder auszunutzen [7, 9, 10].

Dies kann in Form von expliziten Nachrichten, unerwünschten Bildern oder der Verbreitung von sexuell explizitem Material geschehen. Wege sind Grooming, indem Erwachsene gezielt an Kinder herantreten oder meist jugendliche Täterinnen oder Tätern aus dem sozialen Nahbereich über Chat-Räume oder Sexting aktiv werden. So erfolgt der Druck in die sexuelle Opferrolle häufig durch Hochladen von Videos oder Fotos auf „Community“-Plattformen wie z. B. YouTube oder TikTok. Die Veröffentlichungen von Nacktszenen einer Ex-Freundin oder gar die Preisgabe einer Vergewaltigungsszene können zu massiven psychischen Traumata führen.

Virtuelle Vergewaltigung

Eine virtuelle Vergewaltigung bezieht sich auf die simulierte oder symbolische Darstellung einer Vergewaltigung in virtuellen, z. B. „Second Life“ oder in textbasierten Rollenspielen. Sie ist eine besonders abscheuliche Form des Missbrauches. Auf keinen Fall darf sie als Spiel oder Fantasie verharmlost werden. Zum Beispiel könnte eine Person unter Druck gesetzt werden, sexuelle Handlungen vor der Kamera auszuführen mit anschließender Verbreitung der Bilder oder Videos im Internet. Die Täter nutzen dabei die Anonymität des Internets dazu, um die Opfer zu bedrohen oder einzuschüchtern. Die frühzeitige Sensibilisierung, Prävention und die Kombination von technischen und kommunikativen Maßnahmen, wie sie oben erwähnt sind, sind hier besonders wichtig. Es besteht die hohe Gefahr einer Traumatisierung.

Cyberprostitution und sexuelle Gewalt

Cyberprostitution bezieht sich auf die Ausübung von Prostitution oder sexuellen Dienstleistungen über das Internet. Diese Dienstleistungen können von Personen gegen Bezahlung angeboten werden. Sexuelle Gewalt kann in diesem Kontext auftreten, wenn Personen zur Prostitution gezwungen oder wenn sie auf illegale Weise dazu gebracht werden, sexuelle Handlungen vor der Kamera auszuführen.
Aufklärung, Prävention, Sensibilisierung, Bereitschaftserzeugung der Betroffenen Anzeige zu erstatten, sowie frühzeitige Einschaltung von Polizei und Staatsanwaltschaft zum Schutz der Betroffenen sind hier besonders wichtig.

Fazit

Insgesamt bietet Cybersex eine alternative Möglichkeit, Intimität und sexuelle Fantasien auszuleben, kann jedoch auch Gefahren mit sich bringen. Die Schlüssel sind Kommunikation, Einvernehmen und die Einhaltung von Sicherheitsvorkehrungen, um eine positive Erfahrung zu gewährleisten.

Literatur

  1. Cybersex Wikipedia.
  2. What Is Cybersex?: Center for Female and Male Sexual Medicine: Urologists
  3. Lilli.ch. Cybersex: Wie bleibe ich sicher im Netz?
  4. Studer J, Marmet S, Wicki M, Gmel G: Cybersex use and problematic cybersex use among young Swiss men: Associations with sociodemographic, sexual, and psychological factors. J Behav Addict. 2019 Dec 1; 8 (4): 794-803. doi: 10.1556/2006.8.2019.69.
  5. Convulsive sexual behaviour disorder ICD-11. 06 Mental, behavioural or neurodevelopmental disorders Impulse control disorders  6C72 Compulsive sexual behaviour disorder · Impulse control disorders.
  6. Zwanghaftes Sexualverhalten wird eine Krankheit: WHO Katalog
  7. Internetsucht Wikipedia.
  8. Eichenberg C: Cybersexsucht: evidenzbasierte Empfehlungen zur Therapie stehen noch aus. PP11, Ausgabe Oktober 2012, S. 417 ff.
  9. Eichenberg C: online Sexualität: eine Vielfalt sexueller Phänomene. Deutsches Ärzteblatt PP 16, Ausgabe Mai 2017, S. 238 ff.
  10. Eichenberg C, Malberg D: Sexualität und Internet. Psychotherapeut 2, 2012, S. 177-190
     
Wir helfen Ihnen in jeder Lebenslage
Die auf unserer Homepage für Sie bereitgestellten Gesundheits- und Medizininformationen ersetzen nicht die professionelle Beratung oder Behandlung durch einen approbierten Arzt.
DocMedicus Suche

 
ArztOnline.jpg
 
DocMedicus                          
Gesundheitsportal

Unsere Partner DocMedicus Verlag