Raucherentwöhnung per Verhaltenstherapie

Bei der Verhaltenstherapie zur Raucherentwöhnung handelt es sich um ein therapeutisches Verfahren der Psychologie und Psychoanalytik, welches den Raucher bei der Aufgabe des Rauchens mithilfe einer sogenannten Neukonditionierung unterstützen soll. Diese Neukonditionierung stellt die Basis für das therapeutische Verfahren dar und beschreibt die Aufgabe beziehungsweise die Änderung eines bestehenden Reiz-Reaktions-Musters. Die Konditionierung wird als Folgereaktion auf einen Stimulus angesehen. Damit jedoch eine Neukonditionierung erfolgen kann, muss davon ausgegangen werden, dass das Rauchen eine Reaktion auf einen Stimulus ist und somit "erlernt" wurde.  

Die Verhaltenstherapie zur Raucherentwöhnung kann mit Hilfe verschiedener Methoden der Psychoanalytik durchgeführt werden. Gemeinsam haben die Methoden jedoch alle, dass als Ziel der Verfahren die vorhandene Konditionierung ausgelöscht wird und eine Neukonditionierung mithilfe einer Substitution (Austausch) der Handlung erfolgt.  Zur Durchführung der Verhaltenstherapie ist jedoch keine lineare Problemlösung sinnvoll, stattdessen muss eine Förderung sowohl der Motivation als auch weiterer Faktoren wie dem sozialen Umfeld und der hieraus hervorgehenden Unterstützung durchgeführt werden.

Beachte: Die Maßnahmen der Verhaltenstherapie können gemäß der S3-Leitlinie mit einer medikamentösen Therapie kombiniert werden.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Verhütung von Folgeerkrankungen
  • sekundären Prävention bereits bestehender Erkrankungen – z. B. chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) oder Hypertonie (Bluthochdruck)
  • (Bestandteil der) Rehabilitation nach Erkrankungen, die mit dem Rauchen assoziiert sind
  • Schutz von Nichtrauchern
  • Schutz des ungeborenen Kindes in der Schwangerschaft

Kontraindikationen (Gegenanzeigen) 

Sollte der Raucher das Verfahren als ungeeignet zum Beenden des Rauchens empfinden, so ist dies als Zeichen für einen notwendigen Therapieabbruch zu werten, da aufgrund der Einstellung kein Erfolg erreicht werden kann. Medizinische Gründe für den zwangsläufigen Verzicht auf das Verfahren gibt es jedoch nicht.

Vor der Therapie

  • Individuelle Beurteilung des Suchtverhaltens: Erfassung des Rauchverhaltens und Identifizierung von Auslösern.
  • Festlegung der Therapieziele: Bestimmung individueller Ziele und Motivation zur Rauchentwöhnung.
  • Vorbereitung auf Veränderung: Mentale Vorbereitung des Patienten auf die Therapie und das Erlernen neuer Verhaltensmuster.

Das Verfahren

Um eine erfolgreiche Verhaltenstherapie zur Raucherentwöhnung durchführen zu können, ist eine individuelle Beurteilung des Suchtverhaltens unabdingbar. Allerdings lassen sich verschiedene Faktoren für Entstehung des Rauchverhaltens nachweisen.

Unabhängig vom gewählten Verfahren der Verhaltenstherapie erhöht sich die Wahrscheinlichkeit der dauerhaften Rauchabstinenz signifikant. Neben der allgemeinen Erfolgsquote ist jedoch bei der Auswahl des Verfahrens zu beachten, dass nicht jeder Patient dieselben Wünsche und Bedürfnisse in der Therapie hat, sodass eine individuelle Beurteilung des Patienten notwendig ist.

Bedingungen für die Entstehung der Sucht

  • Attraktivität des Rauchens – der Reiz des Rauchens wird zunächst nicht über biologische Faktoren erzeugt, sondern stattdessen über soziale Bedingungen. Besonders Vorbilder oder Peer Groups (Mitschüler oder Freunde und Bekannte) und das Image des Rauchens führen primär zur Aufnahme des Rauchverhaltens. Insbesondere das in der Werbung erzeugte Bild der Assoziation der Freiheit und der Selbstbestimmung mit dem Rauchen stellt einen Stimulus dar, auf den insbesondere Jugendliche mit dem Beginn des Rauchens reagieren. Aufgrund dessen ist die Neukonditionierung nur dann zu erreichen, wenn das Bild ausgelöscht wird, was primär zur Aufnahme des Suchtverhaltens beigetragen hat.
  • Wahrnehmungsverzerrung – betrachtet man die Tabaksucht aus der Perspektive der Psychoanalytik, so lässt sich das Rauchen als Störung des Ichs darstellen. Die Störung beruht auf einer Schwäche des Ichs, die mit einer veränderten Wahrnehmung einhergeht und somit einen direkten Abwehrmechanismus darstellt. Somit stellt das Rauchen eine Kompensation dieser Schwäche dar. Deshalb wird bei der Verhaltenstherapie angeregt, dass die Wahrnehmung des Patienten korrigiert wird, sodass eine dauerhafte Rauchfreiheit erreicht werden kann. 
  • Nikotinaufnahme durch Tabakkonsum – obwohl es sich bei der Verhaltenstherapie um einen ausschließlich mentalen Prozess zur Suchtbehandlung handelt, ist es von entscheidender Bedeutung, die Funktion des Nikotins und den Einfluss auf den humanen Organismus zu beachten. Besonders problematisch ist die Toleranzentwicklung beim Nikotin, da die benötigte Menge zur Erreichung des gleichen Zustandes wie zu Beginn des Suchtverhaltens nur durch eine verstärkte Aufnahme erreicht werden kann. Neben dem Effekt der Gefäßverengung führt die Substanz zu einer Steigerung des Wohlbefindens, der Wachheit und der Reduktion von Ängsten. Außerdem wird das Hungergefühl signifikant reduziert, sodass besonders junge Frauen die Zigarette zur Gewichtsreduktion einsetzen. Besonders problematisch ist jedoch die Ausschüttung von Hormonen wie zum Beispiel Serotonin, die unter anderem Glücksgefühle hervorrufen. Diese positiven Effekte des Rauchens müssen jedoch vom behandelnden Therapeuten in Kontext mit den Nachteilen gesetzt werden, um eine Beendigung des Suchtverhaltens zu erreichen. Hierzu werden die Entzugssymptome thematisiert, zu denen unter anderem ein starkes Rauchverlangen, Reizbarkeit, Unruhe, Frustration, Ärger, negative Stimmung, Angst und Schlafstörung gehören.

Methoden der Verhaltenstherapie zur Raucherentwöhnung

Kurzintervention

  • Häufig befinden sich Raucher in einem Stadium, in dem sie gerne das Suchtverhalten ablegen möchten, jedoch keine präzisen Pläne für das Beenden des Verhaltens erstellen. Die Kurzintervention greift an diesem Punkt ein, in dem eine verstärkte Motivierung des Rauchers zur Aufgabe der Sucht erreicht werden soll.
  • Als Strategie dient beispielsweise die Motivationsstrategie nach Schmidt, bei der neben der Abfrage des Rauchstatus auch ein Anraten auf einen Verzicht und eine Motivationsförderung durchgeführt werden. Ziel dieser Motivationssteigerung ist die Erkenntnis des Rauchers, dass nur durch eine Vereinbarung mit definiertem Zeitpunkt ein Rauchstopp realisierbar ist. Neben der Vereinbarung muss jedoch auch eine aktive und auf die Person bezogene Hilfestellung vom Therapeuten gegeben werden.
  • Von entscheidender Bedeutung ist jedoch auch die Rückfallprophylaxe, die mithilfe von Nachfolgeterminen nach der eigentlich abgeschlossenen Behandlung erfolgt.
  • Das Grundprinzip der Kurzintervention beruht auf verschiedenen Ansätzen zur Raucherentwöhnung, die zur erfolgreichen Therapie kombiniert werden müssen. Es ist sowohl ein Aufzeigen der positiven Auswirkungen einer Beendigung des Rauchens in Bezug auf die gesundheitlichen und sozialen Faktoren als auch eine präzise Benennung der Risiken bei einer Beibehaltung des Verhaltens notwendig. Außerdem müssen auch mögliche Faktoren bestimmt und benannt werden, die das Aufhören erschweren können, um Wege zu finden, diese Faktoren zu umgehen. Sollte ein Betroffener rückfällig werden, so sind neue Motivationsstrategien wichtig.  

Gruppentherapie

  • Im Vergleich zur Einzeltherapie bietet die Gruppentherapie die Möglichkeit, dass die Therapie zusammen mit weiteren Betroffenen erfolgt und somit ein positiver Effekt durch die soziale Unterstützung erzielt wird. In der Regel umfasst die Behandlung zwischen drei und zehn Terminen. Das Grundprinzip der Gruppentherapie variiert jedoch nur leicht von der Einzelintervention.
  • Analog zu diesem Verfahren wird auch bei der Gruppentherapie in der ersten Phase die Motivation determiniert und gefördert. Als Maßnahmen der ersten Phase können beispielsweise die Vorteilsbegründung für ein Beenden des Suchtverhaltens oder eine Bilanzierung zur Entscheidungsfindung genannt werden.
  • In der zweiten Phase der Therapie liegt der Behandlungsfokus auf Selbstkontrollmethoden, die der Sicherstellung dienen, dass kein Rückfall in das Suchtverhalten erfolgen kann. Hierzu dient unter anderem die Vermeidung von Settings (Situationen), die den Patienten zum Rauchen verleiten könnten. Auch Alternativen zum Rauchen werden in der zweiten Phase genannt und evaluiert (bewertet).
  • Die dritte Phase der Therapie dient hauptsächlich der Stabilisierung des erlernten Verhaltensmusters. Die Rauchfreiheit soll zum Beispiel durch sportliche Aktivitäten unterstützt werden.

Nach der Therapie

  • Überwachung und Bewertung: Regelmäßige Überprüfung des Fortschritts und Anpassung der Therapiemethoden.
  • Unterstützung bei Rückfällen: Strategien zur Bewältigung von Rückfällen und zur Aufrechterhaltung der Rauchfreiheit.
  • Nachsorge und langfristige Begleitung: Fortsetzung der Unterstützung zur Festigung der neuen Verhaltensmuster und Prävention von Rückfällen.

Mögliche Komplikationen

  • Frühkomplikationen:
    • Schwierigkeiten bei der Anpassung an neue Verhaltensmuster.
    • Emotionale Schwankungen oder Stress aufgrund der Veränderungen.
  • Spätkomplikationen:
    • Risiko eines Rückfalls, besonders ohne adäquate Nachsorge.
    • Mögliche langfristige psychische Belastungen bei unzureichender Bewältigung der Suchtproblematik.

Die Verhaltenstherapie zur Raucherentwöhnung erfordert eine aktive Teilnahme und Engagement des Patienten. Sie kann als Einzel- oder Gruppentherapie durchgeführt werden und wird oft mit anderen Methoden wie der medikamentösen Therapie kombiniert. Die Behandlung sollte individualisiert sein und das soziale Umfeld des Patienten einbeziehen.

Literatur

  1. Batra A: Verhaltenstherapie. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2009
  2. Margraf J: Lehrbuch der Verhaltenstherapie. Springer Verlag 2009
  3. Batra A: Tabakentwöhnung. Kohlhammer Verlag 2004
  4. Haustein K: Tabakabhängigkeit. Springer Verlag 2008

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Rauchen und Tabakabhängigkeit: Screening, Diagnostik und Behandlung. (AWMF-Registernummer: 076-006), Januar 2021 Kurzfassung Langfassung

     
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