Die Untersuchung des Urins gibt Aufschluss über:
- Zustand der Nieren sowie der Harnröhre, der Harnleiter und der Harnblase – z. B. akute und chronische Niereninsuffizienz, akutes Nierenversagen, nephrotisches Syndrom, Verletzungen
- Infektionen der Harnröhre (Urethritis), der Harnblase – Cystitis – der Nieren (Glomerulonephritis, Pyelonephritis)
- Nierensteinleiden (Urolithiasis)
- Tumore des Harntraktes – sowohl gutartige als auch bösartige
- Veränderungen in der Urinzusammensetzung als Hinweis für Stoffwechselerkrankungen,
- Säure-Basen-Therapie wg. latenter metabolischer Azidose
- Diabetes mellitus (erhöhtem Glucose-Gehalt)
- Konsum von Medikamenten, Drogen, Dopingmitteln etc.
- Umweltbelastung
Das Verfahren
Anhand einer Urinprobe werden folgende Parameter bestimmt:- ph-Wert des Urins
- Eiweißgehalt (Proteingehalt)
- Zuckergehalt (Glucosegehalt)
- Nitritgehalt
- Bilirubin
- Ketone
- Urinsediment
- Bakterien
pH-Wert
Der pH-Wert des Urins liegt normalerweise zwischen 4,5 und 8,0.
Er ist bei Fleischnahrung sauer – niedriger – und bei pflanzlicher Ernährung alkalisch – höher. Nach dem Mittagessen ist der Urin leicht alkalisch, nach Mitternacht sauer.
Der Urin, welcher 2 Stunden nach einer großen Mahlzeit gesammelt oder für mehrere Stunden bei Raumtemperatur stehen gelassen wurde, neigt zu alkalischen Werten.
Der pH-Wert des Urins ist bei einigen spezifischen klinischen Situationen wichtig. Patienten mit Harnsäuresteinen haben selten einen pH-Wert über 6,5, denn Harnsäure ist löslich in alkalischem Harn. Patienten mit Calcium-Oxalat-Steinen, Nephrokalzinose oder beidem können eine renal tubuläre Azidose aufweisen und sind nicht in der Lage, den pH-Wert des Harnes unter 6,0 zu senken.
Harnwegsinfektionen mit Urease-Aktivität – meistens mit Bakterien der Proteus-Art – weisen einen pH-Wert über 7,0 auf.
Eiweißgehalt (Proteingehalt)
Unter normalen Umständen wird Eiweiß (Protein) vom Filterapparat der Niere herausgefiltert und ist somit nicht beziehungsweise nur in sehr geringen Mengen im Urin nachweisbar. Treten jedoch Störungen auf, so ist Eiweiß im Urin – auch Proteinurie genannt – vorhanden.Ein erhöhter Eiweißgehalt weist demnach auf Nierenschädigungen hin, wie bei Patienten mit:
- Chronischer Glomerulonephritis
- Diabetes mellitus
- Gichtniere
- Nephrotischem Syndrom – Sammelbegriff für Symptome, die bei verschiedenen Erkrankungen des Glomerulums (Nierenkörperchen) auftreten; Symptome sind: Proteinurie (Ausscheidung von Eiweiß mit dem Urin) mit einem Proteinverlust von mehr als 1g/m²/Körperoberfläche pro Tag; Hypoproteinämie, periphere Ödeme durch eine Hypalbuminämie von < 2,5 g/dl im Serum, Hyperlipoproteinämie (Fettstoffwechselstörung)
- Kollagenosen − Autoimmunerkrankungen des Bindegewebes
- Pyelonephritis (Nieren-Nierenbeckenentzündung)
- Phenacetinniere
- Schwangerschaftsnephropathie
- Schwermetallvergiftung
Zuckergehalt (Glucosegehalt)
Zucker ist immer in geringer Menge im Urin vorhanden (Glucosurie). Normwerte liegen bei unter 15 mg/dl (0,84 mmol/l).Durch einen einfachen Teststreifen kann der Zuckergehalt des Urins gemessen werden.
Der Zuckergehalt des Urins ist erhöht (Glucosurie) bei:
- Diabetes mellitus – eine Abklärung ist dann unbedingt erforderlich
- Debré-Toni-Fanconi-Syndrom – Defekt der renalen Glucosereabsorption; Defekt der Wiederaufnahme von Glucose durch die Nieren
- Cushing Syndrom
- Chronischer Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung)
- Krebserkrankungen – z. B. Pankreaskarzinom (Bauchspeicheldrüsenkrebs)
- Vergiftungen mit Schwermetallen, welche zu einer Nierenschädigung führen – z. B. Blei, Cadmium
- Schwangerschaft
Nitritgehalt
Nitrite sind nur bei Harnwegsinfektionen nachweisbar, da sie von einigen Bakterien aus Nitrat chemisch zu Nitrit reduziert werden.
Der Nitrit-Test kann aber die kulturelle Keimzahlbestimmung nicht ersetzen und ist falsch negativ bei:
- Fehlender Nitratausscheidung – z. B. bei Frühgeborenen, Neugeborenen
- Weniger als 105/ml Urin Kolonie bildender Bakterien
- Sehr hoher Bakterienzahl – Nitrit wird dann zu elementarem Stickstoff reduziert
- Infektion mit Bakterien, die kein Nitrit aus Nitrat bilden – z. B. Staphylokokken und Enterokokken
Bilirubin
Bilirubin entsteht beim Abbau des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin und wird normalerweise über die Galle in den Darm geleitet. Ist dieses jedoch durch Gallensteine oder einen Tumor nicht möglich – durch Verlegung der Gallenwege –, sammelt sich das Bilirubin im Blut und wird über die Nieren ausgeschieden (Bilirubinurie). Auch Hepatitiden (Leberentzündungen) oder Leberzirrhose können zu erhöhten Bilirubin-Werten führen.Ketone
Gesunde Menschen weisen keine Ketone im Urin auf. Diese können jedoch bei schlecht eingestellten Diabetikern (Ketonurie) vorhanden sein und geben Anlass zur Neueinstellung des Insulins.Urinsediment
Diese Untersuchung wird auch als Sediment-Gesichtsfeld-Methode bezeichnet. Nach Zentrifugation von 10 ml Urin, der nicht älter als zwei Stunden sein sollte, werden ungefärbte Zellen bei 400-facher Vergrößerung mit Hilfe der so genannten Hellfeldmikroskopie ausgezählt.
Das Urinsediment dient zur Untersuchung auf Mikrohämaturie – mit dem bloßen Auge nicht sichtbare Erythrozyturie = Ausscheidung roter Blutkörperchen im Harn-, Leukozyturie – Auftreten von Leukozyten im Urin –, zur Suche auf Zylinder – walzenförmige Ausgüsse der unteren Abschnitte der Nierenkanälchen – und Nierenepithelien sowie zur quantitativen Beurteilung der Harnwegsepithelien.
Anhand des Urinsedimentes kann unterschieden werden, ob eine Hämaturie – Ausscheidung roter Blutkörperchen (Erythrozyten) im Harn-, eine renale – nierenbedingte – oder eine postrenale – die ableitenden Harnwege betreffende – Ursache hat. Weiterhin können Lymphozyten und eosinophile Granulozyten sowie spezielle Bakterien und Parasiten – z. B. Trichomonaden, Schistosomen, Spirochäten, Tbc – identifiziert werden.
- Erythrozyten (rote Blutkörperchen): Normal < 0–5/ml (0–1/Gesichtsfeld), Ausscheidung 1500/Min
- Leukozyten (weiße Blutkörperchen): Normal < 0–3/ml (5/Gesichtsfeld), Ausscheidung 3000/Min
- Bakterien: Form und Färbeverhalten geben vor der Kultur Hinweise auf den Erreger
- Epithelien: Runde und polygonale Zellen stammen v.a. aus der Niere
- Zylinder: Vereinzelte hyaline Zylinder sind normal, in große Menge Zeichen einer glomerulären Proteinurie (Eiweißausscheidung im Harn). Leukozytenzylinder bei Pyelonephritis, interstitieller Nephritis, SLE-Nephritis. Erythrozyten- bzw. Hb-Zylinder sind ein Zeichen für Glomerulonephritis, Erythrozytenzylinder sind immer krankhaft. Epithelzylinder oder granulierte Zylinder treten bei akutem Nierenversagen, interstitieller Nephritis, rapid-progressiver Glomerulonephritis und gelegentlich beim Gesunden auf.
- Kristalle: nur selten von klinischer Bedeutung
Bakterien
Bakterien werden mit Hilfe von Nährböden bestimmt, um die Erreger einer Infektion sowie das passende Antibiotikum zu ermitteln.
Eine Harnwegsinfektion besteht, wenn pathogene Keime in Harn, Harnröhre, Harnblase, der Niere oder Prostata entdeckt werden.
Normalerweise zeigt eine Keimzahl von >105/ml – aus dem „sauberen“ Mittelstrahlurin gewonnen – eine Infektion (Bakteriurie) an. In einigen Fällen von Harnwegsinfektion kann aber auch der Bakteriennachweis im Urin vermindert sein oder vollständig fehlen. Insbesondere bei symptomatischen Patienten kann eine geringere Bakterienzahl von 102 bis 104/ml eine Infektion anzeigen.
Ihr Nutzen
Eine Urinuntersuchung ist einfach und schmerzlos und trägt dazu bei, Veränderungen der harnbildenden Organe und harnableitenden Wege frühzeitig zu erkennen, so dass eine gezielte Therapie erfolgen kann.