Proteinzufuhr, Wasserbedarf und Nierenfunktion bei Sportlern
Im Kontext von Kraft- und Leistungssport steht die gezielte Proteinzufuhr (Eiweißzufuhr) im Mittelpunkt der Ernährungsstrategie zur Förderung des Muskelaufbaus (Hypertrophie) und der Regeneration. Parallel besteht ein erhöhter Bedarf an Flüssigkeit (Hydration), bedingt durch gesteigerte Stoffwechsel- und Ausscheidungsvorgänge (z. B. Harnstoffbildung), erhöhte Schweißverluste und eine verstärkte renale Filtrationsleistung (Nierenfilterung). Ziel dieses Artikels ist die Darstellung der wissenschaftlich gesicherten Evidenz zu Proteinbedarf und Flüssigkeitszufuhr bei sportlich aktiven Personen sowie die Formulierung praxisnaher Empfehlungen.
Proteinzufuhr – Anforderungen und Empfehlungen
Empfohlene Zufuhrmengen
Die International Society of Sports Nutrition (ISSN) und die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfehlen für sportlich aktive Personen eine tägliche Proteinzufuhr von 1,4-2,0 g/kg Körpergewicht, um Muskelaufbau und Regeneration zu unterstützen [1, 2].
In besonderen Situationen (Energiedefizit, hochintensives Training, Bodybuilding) können kurzzeitig bis 2,2 g/kg Körpergewicht sinnvoll sein. Eine darüber hinausgehende Zufuhr bringt nach aktuellem Forschungsstand keine weiteren Vorteile [1, 3].
Qualität und Verteilung
- Entscheidend sind die biologische Wertigkeit und der Gehalt an essenziellen Aminosäuren (Eiweißbausteine, insbesondere Leucin).
- Die Tagesmenge sollte gleichmäßig über den Tag verteilt werden (alle 3-4 h proteinreiche Mahlzeiten).
Wasser- und Flüssigkeitsbedarf bei erhöhter Proteinzufuhr und sportlicher Aktivität
Allgemeiner Bedarf
Die tägliche Gesamtwasserzufuhr (Trinkmenge plus Wasser aus fester Nahrung) sollte bei sportlich aktiven Personen 35-40 ml/kg Körpergewicht betragen [4].
- 70 kg Körpergewicht → 2,5-2,8 l/Tag
- 80 kg Körpergewicht → 2,8-3,2 l/Tag
- 90 kg Körpergewicht → 3,2-3,6 l/Tag
Bei hoher Umgebungstemperatur, starkem Schwitzen oder langen Trainingseinheiten (> 60 min) sind zusätzlich 0,5-1,0 l pro Trainingsstunde erforderlich [4, 5].
Anteil aus Getränken und Nahrung
Die Gesamtwasserzufuhr setzt sich aus zwei Quellen zusammen:
- Getränke: etwa 70-80 % der Gesamtmenge
- Feste Nahrung: etwa 20-30 % der Gesamtmenge
| Körpergewicht | Gesamtwasserzufuhr | Davon aus Getränken | Davon aus Nahrung |
|---|---|---|---|
| 70 kg | 2,5-2,8 l/Tag | 1,8-2,2 l | 0,5-0,8 l |
| 80 kg | 2,8-3,2 l/Tag | 2,0-2,5 l | 0,6-0,9 l |
| 90 kg | 3,2-3,6 l/Tag | 2,3-2,8 l | 0,7-1,0 l |
Eine ballaststoff- und obst-/gemüsereiche Ernährung kann bis zu 1 l Wasser pro Tag über die Nahrung liefern.
Bei eiweißreicher Kost (≥ 1,6 g/kg Körpergewicht) sollte der Getränkeanteil im oberen Bereich liegen (2,5-3,0 l/Tag), um den erhöhten Harnstoff- und Flüssigkeitsumsatz auszugleichen und die Nierenfunktion (Leistungsfähigkeit der Niere) zu entlasten [6].
Sportbezogene Hydrationsstrategie
- Vor dem Training: 5-10 ml Flüssigkeit/kg Körpergewicht in den letzten 2-4 h.
- Während des Trainings: 0,4-0,8 l/h - abhängig von Schweißrate und Umgebungstemperatur.
- Nach dem Training: 1,2-1,5 l Flüssigkeit pro verlorenem Kilogramm Körpergewicht.
Zur Aufrechterhaltung des Elektrolytgleichgewichts (Mineralstoffbalance) sind natriumhaltige, isotonische Getränke sinnvoll [4, 5].
Zusammenhang zwischen Proteinzufuhr und Hydration
Eine erhöhte Proteinzufuhr führt zu einer gesteigerten Bildung stickstoffhaltiger Metabolite (z. B. Harnstoff), wodurch der renale Wasserbedarf zunimmt. Studien zeigen, dass die glomeruläre Filtrationsrate (GFR - Maß der Nierenleistung) bei hoher Proteinzufuhr adaptiv ansteigt („renale Hyperfiltration“), was unter adäquater Hydration in der Regel kompensiert wird [6]. Bei unzureichender Flüssigkeitszufuhr kann dies jedoch zu einer Belastung des Nierenparenchyms (Nierengewebe) führen - insbesondere bei Risikokonstellationen wie Hyperurikämie (erhöhte Harnsäure), Nephrolithiasis (Nierensteine) oder Dehydratation (Austrocknung).
Spezielle Aspekte und Risiken
Nierenfunktion
Bei gesunden Sportlern zeigen Untersuchungen bis etwa 2,2-2,5 g Protein/kg Körpergewicht/Tag keine Beeinträchtigung der Nierenfunktion [1, 6].
Langfristige Zufuhrmengen > 3 g/kg/Tag sind wissenschaftlich unzureichend untersucht und potenziell mit erhöhter renaler Belastung assoziiert, insbesondere bei unzureichender Hydration.
Überhydration
Eine übermäßige Flüssigkeitszufuhr ohne adäquate Elektrolytzufuhr kann bei Ausdauerbelastung zur Hyponatriämie (zu niedriger Natriumspiegel im Blut) führen, insbesondere wenn die Trinkmenge den Schweißverlust übersteigt [4].
Praktische Empfehlungen für die Praxis
- Proteinzufuhr:
- 1,6-2,0 g Protein/kg Körpergewicht/Tag (bei hoher Belastung bis 2,2 g/kg).
- Gleichmäßige Verteilung über den Tag (alle 3-4 h).
- Hochwertige, kombinierte Proteinquellen (tierisch und pflanzlich).
- Flüssigkeitszufuhr:
- Gesamtwasserbedarf: 35-40 ml/kg/Tag.
- Davon 70-80 % Getränke, 20-30 % feste Nahrung.
- Bei erhöhter Proteinzufuhr oder Hitze: 2,5-4,0 l/Tag.
- Urinfarbe als einfaches Monitoring: hellgelb = ausreichend hydriert.
- Nach dem Training:
- Flüssigkeitsdefizit ausgleichen (1,2-1,5 l pro kg Gewichtsverlust).
- Elektrolyte und Kohlenhydrate ergänzen bei längerem Training.
Zusammenfassung
- Eine tägliche Proteinzufuhr von 1,6-2,0 g/kg Körpergewicht ist zur Förderung des Muskelaufbaus und der Trainingsanpassung ausreichend.
- Die Flüssigkeitszufuhr sollte 35-40 ml/kg Körpergewicht/Tag betragen.
- Etwa 70-80 % der Wasserzufuhr stammen aus Getränken, 20-30 % aus fester Nahrung.
- Eine ausreichende Hydration schützt die Nierenfunktion und erhält die Leistungsfähigkeit.
- Eine Proteinzufuhr > 2,2 g/kg Körpergewicht bringt keine zusätzlichen Vorteile und erfordert eine konsequente Flüssigkeitsbilanzierung.
Literatur
- Jäger R, Kerksick CM, Campbell BI, Cribb PJ, Wells SD, Skwiat TM et al.: International Society of Sports Nutrition Position Stand: Protein and Exercise. J Int Soc Sports Nutr. 2017;14:20. https://doi.org/10.1186/s12970-017-0177-8
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr - Protein. DGE Referenzwerte-Portal; 2025. https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/protein/
- Phillips SM, van Loon LJC. Dietary Protein for Athletes: From Requirements to Optimum Adaptation. J Sports Sci. 2011;29(Suppl 1):S29-38. https://doi.org/10.1080/02640414.2011.619204
- Mosler SC, Braun H, Carlsohn A, Großhauser M, König D, Lampen A et al. Fluid Replacement in Sports - Position of the Working Group Sports Nutrition of the German Nutrition Society (DGE). Ernährungs-Umschau. 2019;66(3):52-59. https://doi.org/10.4455/eu.2019.011
- Sawka MN, Burke LM, Eichner ER, Maughan RJ, Montain SJ, Stachenfeld NS. American College of Sports Medicine Position Stand: Exercise and Fluid Replacement. Med Sci Sports Exerc. 2007;39(2):377-390. https://doi.org/10.1249/MSS.0b013e31802ca597
- Ko GJ, Rhee CM, Kalantar-Zadeh K, Joshi S. The Effects of High-Protein Diets on Kidney Health and Longevity. J Am Soc Nephrol. 2020;31(8):1667-1679. https://doi.org/10.1681/ASN.2020010028