Low-Carb oder Keto im Sport – Chancen und Risiken für Leistungsfähigkeit
Ernährungsformen mit stark reduzierter Kohlenhydratzufuhr – wie Low-Carb oder ketogene Ernährung – finden zunehmend Einzug in den Sportalltag. Sie versprechen stabile Energieniveaus, eine verbesserte Fettverbrennung und eine optimierte Körperzusammensetzung. Gleichzeitig stehen sie im Spannungsfeld zu klassischen sportphysiologischen Konzepten, die Kohlenhydrate als primären Leistungstreiber betrachten. Der folgende Fachartikel beleuchtet Chancen und Risiken beider Ernährungsformen – differenziert für Freizeit- und Leistungssport.
Stoffwechselanpassungen durch Low-Carb und ketogene Ernährung
Die Reduktion der Kohlenhydrate führt zu einer metabolischen Umstellung: Der Körper nutzt bevorzugt Fettsäuren und Ketonkörper zur Energiebereitstellung. Im Low-Carb-Bereich (< 150 g Kohlenhydrate/Tag) bleibt ein gemischter Energiestoffwechsel erhalten, während die ketogene Ernährung (< 50 g Kohlenhydrate/Tag) in eine stabile Ketose (Zustand erhöhter Ketonkörper im Blut) führt.
Für Freizeitsportler kann dieser flexible Stoffwechsel Vorteile bringen, etwa stabilere Blutzuckerwerte und eine verbesserte Fettnutzung bei moderater Belastung. Im Leistungssport ist die Situation komplexer: Zwar verbessert sich die mitochondriale Effizienz, jedoch sinkt die Fähigkeit, Kohlenhydrate bei hohen Intensitäten rasch zu verwerten – ein entscheidender Faktor in Wettkampfsituationen.
Auswirkungen auf Ausdauerleistung
Niedrige Kohlenhydratzufuhr steigert nachweislich die Fettverbrennung. Studien zeigen, dass besonders bei langen, gleichmäßigen Belastungen Vorteile entstehen können – etwa eine geringere Abhängigkeit von Energiegels und Sportdrinks.
Freizeitsportler profitieren häufig von einem subjektiv stabileren Energiegefühl und geringerem Hungergefühl. Leistungssportler hingegen müssen ein mögliches Leistungsplateau beachten: Die maximale Belastungsintensität kann durch den eingeschränkten Kohlenhydratstoffwechsel reduziert sein. Im Wettkampf, wo Tempowechsel, Sprints und Endspurts entscheidend sind, kann dies Leistungsnachteile erzeugen.
Effekte auf Krafttraining und Muskelaufbau
Ketogene Ernährung kann den Fettabbau fördern, aber der Muskelaufbau hängt stark von der Verfügbarkeit von Kohlenhydraten ab. Kohlenhydrate unterstützen die Ausschüttung von Insulin (anaboles Hormon) und füllen die Muskelspeicher (Glykogen) – entscheidend für Trainingsintensität und Regeneration.
Freizeitsportler, deren Fokus auf allgemeiner Fitness oder Gewichtsmanagement liegt, können auch unter Low-Carb gute Fortschritte erzielen. Im Leistungssport, insbesondere im Kraft- und Schnellkraftbereich, sind niedrige Glykogenspeicher jedoch ein limitierender Faktor. Die Trainingsqualität kann sinken, und die Anpassung an hohe Trainingsumfänge wird erschwert.
Risiken und potenzielle Nebenwirkungen
Die schnelle Umstellung auf Low-Carb oder Keto kann zu vorübergehenden Symptomen führen, oft als „Keto-Grippe“ bezeichnet: Müdigkeit, Kopfschmerzen, reduzierte Belastbarkeit. Auch Elektrolytverluste (v. a. Natrium, Magnesium) können auftreten. Ein weiterer kritischer Punkt ist die ausreichende Zufuhr von Mikronährstoffen wie B-Vitaminen, Kalium oder Ballaststoffen, insbesondere bei strenger ketogener Ernährung.
Freizeitsportler erleben diese Anpassungsphase meist als moderat belastend. Für Leistungssportler kann die temporäre Leistungsminderung jedoch problematisch sein – insbesondere in intensiven Trainingsphasen oder Wettkampfvorbereitung.
Elektrolyte und B-Vitamine als Schlüssel für mehr Energie – jetzt Versorgung optimieren! (Anzeige)
Für wen eignet sich Low-Carb oder Keto im sportlichen Kontext?
- Freizeitsport: geeignet zur Verbesserung der metabolischen Flexibilität, Gewichtsmanagement und Stabilisierung des Energiehaushalts.
- Leistungssport: eingeschränkt geeignet; sinnvoll vor allem in Grundlagenphasen, jedoch kritisch in Wettkampfphasen mit hohen Belastungsintensitäten. Sportarten mit anaeroben Anteilen (z. B. Fußball, Sprint, CrossFit) sind weniger kompatibel mit strenger Kohlenhydratrestriktion.
Fazit
Low-Carb und ketogene Ernährung können im Sport Chancen bieten – insbesondere für die Optimierung der Fettverbrennung und des Körpergewichts. Gleichzeitig bergen sie Risiken für die maximale Leistungsfähigkeit, insbesondere in intensiven oder wettkampfnahen Situationen. Für Freizeitsportler sind beide Ernährungsformen oft praktikabel, während Leistungssportler differenziert planen müssen, wann und in welchem Umfang Kohlenhydrate reduziert werden. Eine individuelle Anpassung, regelmäßige Kontrolle der Leistungsentwicklung und gegebenenfalls sportmedizinische Beratung sind empfehlenswert.
Literatur
- Burke LM, Whitfield J, Heikura IA, Ross MLR, Tee N, Forbes SF, Hall R, McKay AKA, Wallett AM, Sharma AP. Adaptation to a low carbohydrate high fat diet is rapid but impairs endurance exercise metabolism and performance despite enhanced glycogen availability. J Physiol. 2021 Feb;599(3):771-790. doi: 10.1113/JP280221
- Shaw DM, Merien F, Braakhuis A, Maunder ED, Dulson DK. Effect of a Ketogenic Diet on Submaximal Exercise Capacity and Efficiency in Runners. Med Sci Sports Exerc. 2019 Oct;51(10):2135-2146. doi: 10.1249/MSS.0000000000002008
- Volek JS, Noakes T, Phinney SD. Rethinking fat as a fuel for endurance exercise. Eur J Sport Sci. 2015;15(1):13-20. doi: 10.1080/17461391.2014.959564
- McSwiney FT, Wardrop B, Hyde PN, Lafountain RA, Volek JS, Doyle L. Keto-adaptation enhances exercise performance and body composition responses to training in endurance athletes. Metabolism. 2018 Apr;81:25-34. doi: 10.1016/j.metabol.2017.10.010