Wie Muskelkater entsteht und was wirklich dagegen hilft
Muskelkater beschreibt Schmerzen und Funktionseinschränkungen der Muskulatur, die typischerweise Stunden bis Tage nach ungewohnter oder intensiver körperlicher Belastung auftreten. Er ist ein häufiges, meist harmloses, aber klinisch interessantes Phänomen, das in Sportmedizin, Rehabilitation und Trainingswissenschaft große Bedeutung hat.
Entstehung von Muskelkater: Mikrotraumen im Muskel
Muskelkater entsteht durch mikroskopisch kleine Muskelfaserschädigungen (Mikrotraumen). Diese treten besonders nach exzentrischen Muskelkontraktionen auf – also Bewegungen, bei denen sich der Muskel unter Spannung verlängert (z. B. beim Bergablaufen oder Abbremsen einer Bewegung).
Die Mikrotraumen führen zu Störungen der Muskelzellstruktur und aktivieren Entzündungsprozesse im Muskelgewebe. Dadurch entstehen Schwellungen und ein erhöhter Druck in der Muskelfaszie, was als Schmerz wahrgenommen wird [1, 4].
Neben mechanischen Faktoren können energetische und metabolische Komponenten (z. B. lokale Energiedefizite, Elektrolytverschiebungen, oxidative Belastung) die Muskelschädigung verstärken [1, 2].
Zelluläre Prozesse und pathophysiologische Mechanismen
Nach der Schädigung kommt es zu einer Kaskade zellulärer Reaktionen:
- Proteinabbau (katabolische Prozesse)
- Apoptose (programmierter Zelltod geschädigter Zellen)
- Entzündungsreaktionen mit Einwanderung von Makrophagen (Fresszellen) und Neutrophilen (wichtige Art von weißen Blutkörperchen, die zur unspezifischen Immunabwehr gehören und Bakterien und Pilzinfektionen bekämpfen)
- Freisetzung von Schmerzmediatoren (z. B. Prostaglandine)
Diese Prozesse führen zur Regeneration des Gewebes, gehen aber mit den typischen Muskelkaterbeschwerden einher.
Diagnostik: Bedeutung des CK-Wertes
Durch die Mikroverletzungen gelangen muskuläre Enzyme wie Creatinkinase (CK) in den Blutkreislauf. Ein 4- bis 5-facher Anstieg des individuellen Ruhewertes gilt als Hinweis auf strukturelle Muskelschädigung. Allerdings ist der CK-Wert nicht spezifisch für Muskelkater, da er auch bei anderen Muskelverletzungen oder Myopathien (Muskelerkrankungen) erhöht sein kann.
Im Gegensatz dazu ist der CK-Anstieg beim Myokardinfarkt (Herzinfarkt) Folge einer Zerstörung von Herzmuskelzellen infolge von Sauerstoffmangel [1, 4, 5].
Klinische Symptome und Verlauf
Die Symptome treten verzögert, meist 24-72 Stunden nach der Belastung auf und erreichen ihr Maximum nach etwa zwei Tagen. Typische Anzeichen sind:
- Muskelsteifigkeit und Spannungsgefühl
- Bewegungsschmerz bei Druck oder Dehnung
- Kraftverlust (verringerte maximale Muskelkraft um 10-30 %)
- Erhöhter Muskeltonus
- Schwellung oder Gefühl „geschwollener Muskeln“
- Funktionseinschränkungen angrenzender Gelenke
Der Muskelkater klingt in der Regel nach 5-7 Tagen vollständig ab. Wiederholte ähnliche Belastungen führen durch den sogenannten „Repeated Bout Effect“ zu einer deutlichen Abschwächung künftiger Beschwerden [1, 2, 4].
Prävention und Behandlung
Präventive Maßnahmen
- Langsame Belastungssteigerung: Der Körper gewöhnt sich an neue Trainingsreize und reagiert mit geringerer Muskelreaktion.
- Ausreichendes Aufwärmen: Mobilisation und dynamisches Dehnen können das Risiko für Mikroverletzungen verringern.
- Optimierte Technik und Trainingssteuerung: Besonders wichtig bei exzentrischen Übungen und intensiven Krafteinheiten.
Therapeutische Ansätze
Aktuelle Studien [2-5] empfehlen verschiedene unterstützende Maßnahmen:
- Kälteanwendungen (Kryotherapie): Reduziert Schmerzen und Entzündungszeichen, wenn sie unmittelbar nach der Belastung erfolgen
- Wärmebehandlungen: Entspannen die Muskulatur und fördern die Durchblutung – sinnvoll nach Auftreten der Symptome
- Leichte Bewegung und Massagen: Unterstützen den Lymphabfluss und die Regeneration
- Kompressionstherapie: Kann Schwellungen vermindern und die Erholung beschleunigen
- Mikronährstoffe: Magnesium, Omega-3-Fettsäuren und antioxidative Vitamine (z. B. Vitamin E, C) können Muskelstress reduzieren und die Regeneration fördern.
Medizinische Bedeutung
Obwohl Muskelkater eine reversible Anpassungsreaktion des Körpers ist, sollte bei übermäßig starken Schmerzen, lang anhaltenden Schwellungen oder stark erhöhtem CK-Wert eine differentialdiagnostische Abklärung erfolgen. Zu erwägen sind u. a. Muskelfaserrisse, Myositiden (Muskelentzündungen) oder Rhabdomyolysen (akute Auflösungen (Zerfall) von Muskelzellen).
Fazit
Muskelkater ist eine zeitlich begrenzte, entzündlich-regenerative Reaktion auf ungewohnte Muskelbelastung. Durch gezieltes Training, angemessene Regeneration und bedarfsgerechte Mikronährstoffzufuhr lässt sich das Risiko verringern und die Leistungsfähigkeit langfristig verbessern.
Literatur
- Schroeter S, Bloch W, Hirschmüller A, Engelhardt M, Grim C, Heiss R, Hotfiel T: Update: Delayed Onset Muscle Soreness (DOMS) – Muscle Biomechanics, Pathophysiology and Therapeutic Approaches. Dtsch Z Sportmed. 2024; 75(5):189-194. doi: 10.5960/dzsm.2024.608.
- de Morais ACL, Machado ÁS, Pereira MEF et al.: Intensity and volume of physical exercise influence DOMS and skin temperature differently in healthy adults. Sci Rep. 2024; 14:30282. doi: 10.1038/s41598-024-79785-2.
- Sonkodi B: Delayed-Onset Muscle Soreness Begins with a Transient Neural Switch. Int J Mol Sci. 2025; 26(5):2319. doi: 10.3390/ijms26052319.
- Hotfiel T, Freiwald J, Hoppe MW et al.: Advances in Delayed-Onset Muscle Soreness (DOMS): Part I: Pathogenesis and Diagnostics. Sportverletz Sportschaden. 2018; 32(4):243-250. doi: 10.1055/a-0753-1884.
- Heiss R, Lutter C, Freiwald J et al.: Advances in Delayed-Onset Muscle Soreness (DOMS) – Part II: Treatment and Prevention. Sportverletz Sportschaden. 2019; 33(1):21-29. doi: 10.1055/a-0810-3516.