Richtig trainieren im Alltag: Wie systematisches Training Körper und Geist stärkt

Training im Breiten- und Freizeitsport ist mehr als bloße Bewegung – es handelt sich um einen gezielten, planmäßig strukturierten und systematischen Prozess körperlicher Belastung, der funktionelle und strukturelle Anpassungsreaktionen im Organismus hervorruft. Diese Anpassungen dienen der Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit, Gesundheit und Lebensqualität.

Aktuelle Leitlinien empfehlen für gesunde Erwachsene mindestens 150-300 Minuten moderat-intensive oder 75-150 Minuten intensiv-ausdauernde Aktivität pro Woche, ergänzt durch muskelkräftigende Übungen an zwei Tagen [5].

Grundprinzipien des Trainings

Ein wirksames Training im Freizeit- und Gesundheitssport folgt drei zentralen Merkmalen:

  • Zielgerichtet:
    Trainingsmaßnahmen werden an individuelle Voraussetzungen, Ziele und Möglichkeiten angepasst. Diese können von Gewichtsreduktion über Verbesserung der Ausdauerleistung bis zu Stärkung der Rückenmuskulatur oder Stressabbau reichen. Messbare Ziele – etwa eine Reduktion des Körperfetts um 2 kg in vier Wochen oder die Verbesserung der 10-km-Laufzeit von 60 auf 55 Minuten in sechs Monaten – ermöglichen eine objektive Trainingskontrolle.
  • Planmäßig:
    Training ist ein prozesshaft aufgebautes System, bei dem Belastung und Erholung im Wechsel stehen. Periodisierte Trainingspläne, die Phasen unterschiedlicher Intensität beinhalten, sichern eine kontinuierliche Leistungsentwicklung und vermeiden Überlastungen.
  • Systematisch:
    Training basiert auf dem Prinzip der Regelmäßigkeit. Nur wiederholte, progressiv gesteigerte Reize führen zu Anpassungsreaktionen wie Muskelwachstum, verbesserter Kapillardichte, gesteigerter Mitochondriendichte (Mitochondrien = "Kraftwerke der Zellen") und optimierter Herz-Kreislauf-Leistung.

Ein Training, das dem Zufall überlassen bleibt – dem sogenannten „Lust-und-Laune-Prinzip“ – verfehlt langfristig seine physiologischen und gesundheitlichen Effekte.

Trainingsprinzipien und Steuerung der Belastung

Für ein sicheres und effektives Training gelten grundlegende sportwissenschaftliche Prinzipien, die die Trainingssteuerung bestimmen:

  • Prinzip des wirksamen Reizes:
    Nur Reize oberhalb einer bestimmten Schwelle lösen Anpassungsprozesse aus. Zu geringe Belastungen führen zu keiner Veränderung, zu hohe können Überlastungsschäden verursachen.
  • Prinzip der Superkompensation:
    Nach einer Belastung sinkt die Leistungsfähigkeit kurzfristig ab, steigt in der Erholungsphase jedoch über das Ausgangsniveau hinaus an. Wird in dieser Phase erneut trainiert, kommt es zur Leistungssteigerung.
  • Prinzip der Individualisierung:
    Trainingspläne müssen an Alter, Geschlecht, Leistungsstand, Gesundheitszustand und Motivation angepasst werden.
  • Prinzip der Variation:
    Regelmäßige Änderungen von Reizart, Intensität und Dauer verhindern Gewöhnungseffekte und fördern vielseitige Anpassungen.
  • Prinzip der Periodisierung:
    Ein Training sollte in Phasen mit unterschiedlicher Belastung und Erholung eingeteilt werden. So wechseln sich Wochen mit höheren und niedrigeren Intensitäten ab, um Fortschritte zu ermöglichen und gleichzeitig Überlastungen zu vermeiden.

Diese Prinzipien gelten unabhängig vom Leistungsniveau – sie sind sowohl im Spitzensport als auch im Freizeitbereich entscheidend für Effektivität und Nachhaltigkeit [2, 3].

Physiologische Anpassungen durch Training

Gezieltes Training führt zu einer Vielzahl messbarer Anpassungen im Organismus:

  • Herz-Kreislauf-System:
    Erhöhung des Schlagvolumens, Senkung der Ruheherzfrequenz, verbesserte Durchblutung der Muskulatur
  • Muskulatur:
    Zunahme der Muskelfaserquerschnitte, verbesserte Ansteuerung und Koordination der Muskeln durch das Nervensystem, Zunahme der Mitochondrien und oxidativen Enzyme
  • Stoffwechsel:
    Steigerung der Insulinsensitivität, Erhöhung der Fettverbrennung und Glykogenreserven (Glykogen = Speicherform der Kohlenhydrate), Senkung inflammatorischer (entzündlicher) Marker
  • Atmungssystem:
    Erhöhung des Atemminutenvolumens, verbesserte Sauerstoffaufnahme (VO₂max)
  • Psyche und Gehirn:
    Regelmäßiges Training wirkt antidepressiv, angstlindernd und verbessert kognitive Funktionen [4].

Diese systemischen Anpassungen zeigen, dass Bewegung eine medizinisch relevante Intervention darstellt – sowohl präventiv als auch therapeutisch.

Bedeutung von Regeneration und Erholung

Ein oft unterschätzter Aspekt des Trainingsprozesses ist die Regeneration. Während der Erholungsphasen erfolgen die eigentlichen Anpassungen an die Trainingsreize. Schlaf, Ernährung und aktive Erholung (z. B. lockere Bewegung, Dehnung, Sauna) sind essentiell, um Überlastungssyndrome und Leistungseinbußen zu vermeiden.

Chronische Überbelastung kann zum Übertrainingssyndrom führen, das sich durch Leistungsminderung, Schlafstörungen, Reizbarkeit und erhöhte Infektanfälligkeit äußert [6].

Fazit

Training im Breiten- und Freizeitsport ist ein Prozess mit messbaren positiven Effekten auf nahezu alle Körpersysteme. Entscheidend sind Zielorientierung, Struktur, Regelmäßigkeit und Regeneration. Aus medizinischer Sicht stellt körperliches Training eine der wirksamsten präventiven und therapeutischen Maßnahmen dar.

Literatur

  1. Hollmann W, Strüder HK: Sportmedizin: Grundlagen für körperliche Aktivität, Training und Präventivmedizin. 5. Auflage. Schattauer, Stuttgart; 2009.
  2. American College of Sports Medicine (ACSM): ACSM’s Guidelines for Exercise Testing and Prescription, 11th ed. Wolters Kluwer, Philadelphia; 2021.
  3. Bouchard C, Blair SN, Haskell WL (Hrsg.): Physical Activity and Health. 2nd ed. Human Kinetics, Champaign; 2012.
  4. Erickson KI et al.: Exercise training increases size of hippocampus and improves memory. Proc Natl Acad Sci USA. 2011;108(7):3017-3022. doi: 10.1073/pnas.1015950108.
  5. Bull FC et al.: World Health Organization 2020 Guidelines on Physical Activity and Sedentary Behaviour. Br J Sports Med. 2020;54(24):1451-1462. doi: 10.1136/bjsports-2020-102955.
  6. Kreher JB, Schwartz JB: Overtraining Syndrome: A Practical Guide. Sports Health. 2012;4(2):128-138. doi: 10.1177/1941738111434406.