Effektiv dehnen: Welche Methode wirklich die Beweglichkeit verbessert
Beim Dehnen werden im Wesentlichen zwei Methoden unterschieden: statisches und dynamisches Dehnen. Beide Ansätze zielen darauf ab, die Beweglichkeit zu verbessern und können – richtig angewendet – sowohl im Freizeit- als auch im Leistungssport sinnvoll eingesetzt werden.
Statisches Dehnen
Beim statischen Dehnen wird eine Dehnposition eingenommen und ohne Bewegung für eine bestimmte Zeit gehalten, meist zwischen 20 und 60 Sekunden. Dabei wird der gedehnte Muskel passiv verlängert, bis ein deutliches, aber nicht schmerzhaftes Dehngefühl spürbar ist.
Langfristige Studien zeigen, dass regelmäßiges statisches Dehnen über mehrere Wochen zu einer nachhaltigen Verbesserung der Beweglichkeit führt. Die Dehnung verändert die mechanischen Eigenschaften von Muskeln und Sehnen, indem sie deren Steifigkeit reduziert. Damit lassen sich Bewegungsradien (Range of Motion, ROM) messbar erweitern [1].
Dynamisches Dehnen
Beim dynamischen Dehnen wird der Muskel aktiv durch den Bewegungsumfang geführt. Typische Übungen sind kontrollierte, rhythmische Bewegungen wie Arm- oder Beinschwünge. Diese Form des Dehnens ist besonders im Aufwärmprogramm vor dem Sport geeignet, da sie die Muskulatur aktiviert, die Durchblutung steigert und das Nervensystem auf die bevorstehende Belastung vorbereitet [2].
Studien belegen, dass dynamisches Dehnen die Leistungsfähigkeit beim anschließenden Training verbessert, insbesondere bei Sportarten, die Sprungkraft, Schnelligkeit oder Reaktionsfähigkeit erfordern [3].
Vergleich und Anwendung
Beide Methoden haben ihre Berechtigung – die Wahl hängt vom Trainingsziel und Zeitpunkt der Anwendung ab:
- Vor dem Sport: Dynamisches Dehnen ist ideal zur Aktivierung und Vorbereitung auf Bewegung. Längeres statisches Dehnen (> 60 s pro Muskelgruppe) unmittelbar vor intensiver Belastung kann kurzfristig die Muskelkraft und Explosivität leicht vermindern [3, 4].
- Nach dem Sport oder als separates Beweglichkeitstraining: Statisches Dehnen eignet sich besonders nach Belastungen oder zur gezielten Verbesserung der Beweglichkeit, etwa bei muskulären Verkürzungen oder eingeschränkten Gelenkbewegungen [1].
- Akute vs. chronische Wirkung: Kurzfristig (nach einer Einheit) zeigen beide Methoden ähnliche Verbesserungen der Beweglichkeit. Langfristig (über mehrere Wochen) ist das statische Dehnen in den meisten Studien etwas effektiver [1, 2].
- Verletzungsprävention: Dehnen kann die Körperwahrnehmung und Muskelkoordination fördern. Ein klarer, nachgewiesener Effekt auf die Verletzungsprävention besteht jedoch nur eingeschränkt [4].
Praktische Empfehlungen
- Dynamisch vor dem Training: 5-10 Minuten mit kontrollierten Schwungbewegungen, z. B. Ausfallschritten, Armkreisen, Hüftrotationen
- Statisch nach dem Training: Jede Dehnposition 30-60 Sekunden halten, 2-3 Wiederholungen pro Muskelgruppe
- Regelmäßigkeit: Für nachhaltige Beweglichkeitsverbesserungen ist ein wöchentliches Dehnvolumen von etwa 10 Minuten pro Muskelgruppe ausreichend.
- Intensität: Dehnen sollte immer schmerzfrei erfolgen – ein leichtes Ziehen ist normal, Schmerzen sind ein Warnsignal.
Fazit
Sowohl statisches als auch dynamisches Dehnen tragen zur Beweglichkeit bei, unterscheiden sich aber in ihrer Wirkung:
- Dynamisches Dehnen eignet sich besonders zur Vorbereitung auf sportliche Aktivität und kann die Leistungsfähigkeit verbessern.
- Statisches Dehnen ist die Methode der Wahl, um langfristig die Beweglichkeit zu erhöhen oder muskuläre Verspannungen zu lösen.
Ein ausgewogenes Trainingskonzept, das beide Methoden situationsgerecht integriert, bietet die besten Voraussetzungen für gesunde und leistungsfähige Muskulatur.
Literatur
- Konrad A, Alizadeh S, Daneshjoo A et al.: Chronic effects of stretching on range of motion with consideration of potential moderating variables: A systematic review with meta-analysis. J Sport Health Sci. 2024;13(2):186-194. doi: 10.1016/j.jshs.2023.06.002.
- Behm DG, Alizadeh S, Daneshjoo A et al.: Acute Effects of Various Stretching Techniques on Range of Motion: A Systematic Review with Meta-Analysis. Sports Med Open. 2023;9(1):107. doi: 10.1186/s40798-023-00652-x.
- Li J, Wang Z et al.: A systematic review and net meta-analysis of the effects of different warm-up methods on the acute effects of lower limb explosive strength. BMC Sports Sci Med Rehabil. 2023;15:6. doi: 10.1186/s13102-023-00703-6.
- Fiorenza M et al.: Does the inclusion of static or dynamic stretching in the warm-up improve performance and ROM of lower limbs? Appl Sci. 2022;14(9):3872. doi: 10.3390/app14093872.