Wie oft sollte ein Neugeborenes gestillt werden? Stillrhythmus in den ersten Wochen

Die Frage, wie oft ein Neugeborenes gestillt werden sollte, beschäftigt viele frisch gebackene Eltern. Ein fester Rhythmus ist in den ersten Wochen nicht sinnvoll – vielmehr steht das Stillen nach Bedarf („ad libitum“) im Vordergrund. Gleichzeitig gibt es medizinisch fundierte Empfehlungen, die Müttern Orientierung geben, ohne das Kind in ein starres Schema zu pressen.

Bedeutung des frühen Anlegens

In den ersten Tagen nach der Geburt ist es entscheidend, das Baby so oft wie möglich anzulegen. Dadurch lernt das Kind den Saugreflex, und die Milchproduktion der Mutter wird optimal angeregt. Zunächst produziert die Brust Kolostrum, eine gelbliche Vormilch, die besonders reich an Nährstoffen und Abwehrstoffen ist. Ab dem 3.-5. Lebenstag schießt dann die reife Muttermilch ein.

Häufigkeit des Stillens in den ersten Wochen

Gesunde Neugeborene sollten in den ersten Lebenswochen im Durchschnitt acht- bis zwölfmal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden [1, 2]. Der Abstand zwischen den Mahlzeiten beträgt meist zwei bis drei Stunden. Dabei gilt: Jedes Kind entwickelt ein individuelles Trinkverhalten. Manche saugen sehr effektiv und sind in fünf Minuten satt, andere trinken genüsslich über 20 Minuten. Beides ist normal.

Stillen nach Bedarf statt nach Uhrzeit

Die Empfehlung lautet, das Kind nach seinen Hungerzeichen anzulegen, nicht nach einem festen Rhythmus. Zu den frühen Signalen gehören:

  • Suchbewegungen mit dem Mund
  • Schmatzen oder Wimmern
  • Hände zum Mund führen und daran saugen
  • Kopfbewegungen in Richtung Brust

Schreien ist ein spätes Hungersignal. Babys trinken dann oft hastig, schlucken Luft und neigen eher zu Bauchschmerzen.

Gewichtsentwicklung und Flüssigkeitsbilanz

Zur Kontrolle, ob ein Kind ausreichend trinkt, dient die Gewichtsentwicklung. Ein Gewichtsverlust von bis zu 7-10 % nach der Geburt ist normal, sollte aber spätestens nach 10-14 Tagen wieder aufgeholt sein [1]. Zusätzlich zeigt die Anzahl der nassen Windeln eine gute Bilanz: Ab dem 5. Lebenstag sind mindestens 5-6 nasse Windeln pro Tag zu erwarten.

Cluster-Feeding und nächtliches Stillen

Viele Babys trinken abends oder nachts besonders häufig – das sogenannte Cluster-Feeding. Dieses Verhalten ist physiologisch und dient dazu, die Milchbildung anzuregen und sich für längere Schlafphasen vorzubereiten. Auch nächtliches Stillen ist wichtig: In den frühen Morgenstunden sind die Prolaktinspiegel der Mutter am höchsten, wodurch die Milchproduktion besonders unterstützt wird [1].

Wachstumsschübe und verändertes Trinkverhalten

Phasen häufigeren Stillens treten oft bei Wachstumsschüben oder emotionalen Entwicklungsphasen auf. Das Baby benötigt dann mehr Energie und Nähe. Stillen erfüllt in diesen Momenten nicht nur die Funktion der Nahrungsaufnahme, sondern wirkt auch beruhigend, schmerzlindernd und schlaffördernd.

Prävention von Stillproblemen

Häufiges Anlegen nach Bedarf hat auch für die Mutter Vorteile: Es senkt das Risiko für Milchstau, Mastitis und wunde Brustwarzen [2]. Eine gut entleerte Brust ist weniger schmerzhaft und die Milchbildung bleibt im Gleichgewicht.

Selbstfürsorge der Mutter

Stillen ist körperlich und emotional fordernd. Müdigkeit und Erschöpfung sind daher in den ersten Wochen normal. Hilfreich sind:

  • Kurze Ruhepausen („Schlafen, wenn das Kind schläft“)
  • Unterstützung durch Partner, Familie oder Freunde
  • Ausgewogene Ernährung und ausreichende Flüssigkeitszufuhr

So wird die Mutter gestärkt, und das Stillen kann als positive Erfahrung erlebt werden.

Fazit

Ein fester Stillrhythmus ist in den ersten Wochen nicht erforderlich. Entscheidend ist das Stillen nach Bedarf – meist acht- bis zwölfmal am Tag. Hungerzeichen sollten früh erkannt und beachtet werden. Gewichtszunahme und Ausscheidung sind gute Kontrollparameter für ausreichende Versorgung. Jedes Kind hat dabei sein eigenes Stillmuster, und genau das ist richtig.

Literatur

  1. Zimmerman D, Bartick M, Feldman-Winter L, Ball HL. ABM Clinical Protocol #37: Physiological Infant Care – Managing Nighttime Breastfeeding in Young Infants. Breastfeed Med. 2023;18(3):159-168. doi.org/10.1089/bfm.2023.29236.abm.
  2. Meek JY, Noble L: Section on Breastfeeding. Policy Statement: Breastfeeding and the Use of Human Milk. Pediatrics. 2022;150(1):e2022057988. doi.org/10.1542/peds.2022-057988.