Stillen und Berufstätigkeit – Organisation, Abpumpen und gesetzliche Regelungen

Die Vereinbarkeit von Stillen und Berufstätigkeit ist ein zentrales Thema für frisch gebackene Eltern. Für die Gesundheit des Kindes hat ausschließliches Stillen in den ersten 6 Monaten und begleitendes Stillen bis ins zweite Lebensjahr nachweislich Vorteile. Gleichzeitig stellt die Rückkehr in den Beruf viele Mütter vor logistische, rechtliche und gesundheitliche Herausforderungen.

Organisation im Berufsalltag

Ein strukturierter Plan erleichtert die Aufrechterhaltung des Stillens nach Wiederaufnahme der Arbeit. Zu berücksichtigen sind:

  • Stillpausen und flexible Arbeitszeitmodelle: Gesetzlich verankerte Stillzeiten ermöglichen das Stillen oder Abpumpen während der Arbeitszeit. In Deutschland sind zwei Stillpausen von je mindestens 30 Minuten oder eine Stunde pro Arbeitstag vorgesehen. Diese gelten zusätzlich zu den regulären Pausen.
  • Arbeitsplatzgestaltung: Ein ruhiger, hygienischer Raum sowie ein Kühlschrank zur Aufbewahrung von Muttermilch sind wichtige Voraussetzungen. Eine enge Abstimmung mit dem Arbeitgeber unterstützt die praktische Umsetzung.
  • Transport und Aufbewahrung: Muttermilch sollte gekühlt transportiert und nach klaren Hygienestandards aufbewahrt werden. Hier gelten dieselben Empfehlungen wie beim häuslichen Umgang mit abgepumpter Milch [1].

Abpumpen und Milchmanagement

Das Abpumpen sichert die Milchproduktion und stellt die Versorgung des Säuglings während der Arbeitszeit sicher.

  • Handpumpe vs. elektrische Pumpe: Elektrische Pumpen sind bei regelmäßigem Abpumpen effizienter. Bei seltener Anwendung kann eine Handpumpe ausreichend sein.
  • Pumpzeiten: Ein Rhythmus, der dem Stillverhalten des Kindes entspricht, erhält die Milchmenge am besten. Empfohlen wird das Abpumpen alle 3-4 Stunden, abhängig vom Alter des Säuglings.
  • Hygiene: Sorgfältiges Reinigen und Sterilisieren der Pumputensilien reduziert das Infektionsrisiko.

Gesetzliche Regelungen

In Deutschland regelt das Mutterschutzgesetz die Rechte stillender Arbeitnehmerinnen:

  • Stillzeiten: Anspruch auf bezahlte Stillpausen ohne Lohnkürzung
  • Kündigungsschutz: Bis vier Monate nach der Entbindung besteht besonderer Kündigungsschutz.
  • Gefährdungsbeurteilung: Arbeitgeber sind verpflichtet, den Arbeitsplatz hinsichtlich Gefährdungen für stillende Mütter zu prüfen und ggf. Anpassungen vorzunehmen [2].

International unterscheiden sich die gesetzlichen Vorgaben stark. Die WHO empfiehlt eine umfassende Unterstützung stillender Mütter am Arbeitsplatz, inklusive flexibler Pausen und Infrastruktur [3].

Präventive Aspekte und Empfehlungen für die Praxis

Eine strukturierte Beratung bereits in der Schwangerschaft erleichtert die spätere Organisation. Empfohlene Maßnahmen sind:

  • rechtzeitige Information über Rechte und gesetzliche Regelungen,
  • Schulung im sicheren Abpumpen und Aufbewahren von Muttermilch,
  • Einbindung des Partners oder anderer Betreuungspersonen in das Stillmanagement,
  • Förderung einer offenen Kommunikation mit dem Arbeitgeber zur Schaffung stillfreundlicher Bedingungen.

Literatur

  1. Meek JY, Noble L: Section on Breastfeeding. Policy Statement: Breastfeeding and the Use of Human Milk. Pediatrics. 2022;150(1):e2022057988. doi: 10.1542/peds.2022-057988.
  2. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ): Mutterschutzgesetz (MuSchG), insb. §7 Freistellung zum Stillen. Verfügbar unter: gesetze-im-internet.de/muschg_2018/.
  3. Vilar-Compte M, Hernández-Cordero S, Ancira-Moreno M et al.: Breastfeeding at the workplace: a systematic review of interventions to improve workplace environments to facilitate breastfeeding among working women. Int J Equity Health. 2021;20:110. doi: 10.1186/s12939-021-01432-3.