Stillen in besonderen Situationen – Kaiserschnitt, Frühgeborene, Mehrlinge

Stillen ist die bevorzugte Ernährungsform für Neugeborene und bietet eine Vielzahl gesundheitlicher Vorteile. Dennoch können besondere Situationen wie Kaiserschnitt, Frühgeburt oder Mehrlingsschwangerschaft spezielle Herausforderungen mit sich bringen. Ein gezieltes Vorgehen und unterstützende Maßnahmen erhöhen die Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen und komplikationsfreien Stillverlaufs.

Stillen nach Kaiserschnitt

Nach einem Kaiserschnitt (Sectio caesarea) kommt es häufig zu einem späteren Milcheinschuss. Gründe sind u. a. die operative Belastung, ein veränderter Hormonanstieg sowie mögliche Schmerzen und Bewegungseinschränkungen. Studien zeigen, dass Frauen nach Sectio häufiger Schwierigkeiten beim Anlegen und eine verzögerte Etablierung der Stillbeziehung haben [1].

Praktische Hinweise:

  • Frühzeitiger Haut-zu-Haut-Kontakt unmittelbar nach der Operation, sofern der Zustand von Mutter und Kind dies erlaubt.
  • Unterstützung beim korrekten Anlegen, z. B. in der Seitenlage oder im zurückgelehnten Stillen, um den Bauch zu entlasten.
  • Schmerzmanagement, um die Mobilität zu verbessern und das Anlegen zu erleichtern.
  • Frühzeitiges Abpumpen oder Handentleeren, wenn direktes Stillen bislang nicht möglich ist, fördert die Milchbildung [1].

Stillen bei Frühgeborenen

Frühgeborene (Geburt < 37. SSW (Schwangerschaftswoche)) haben ein erhöhtes Risiko für Stillprobleme, da Saug-Schluck-Atmungs-Koordination oft noch nicht ausgereift ist. Muttermilch ist für diese Kinder besonders wertvoll, da sie das Risiko für Infektionen, nekrotisierende Enterokolitis (schwere Entzündung des Darms mit Gewebeuntergang) und Sepsis (Blutvergiftung) senkt [2].

Praktische Hinweise:

  • Frühzeitige Gewinnung von Kolostrum (Vormilch), auch durch manuelle Entleerung, ist entscheidend.
  • Einsatz von Muttermilch über Magensonde, wenn orales Stillen bislang nicht möglich ist.
  • Känguru-Pflege (Körperkontakt) fördert die Milchbildung und die Bindung.
  • Spezielle Stillhilfen (z. B. Brusthütchen oder Zufütterungssysteme) können den Übergang erleichtern.

Stillen bei Mehrlingen

Mehrlingsstillen stellt eine besondere körperliche und organisatorische Herausforderung dar. Dennoch zeigen Daten, dass mit guter Unterstützung ein ausschließliches Stillen möglich ist [3]. Der Energie- und Flüssigkeitsbedarf der Mutter ist hierbei deutlich erhöht.

Praktische Hinweise:

  • Unterschiedliche Stillpositionen wie „Doppelfußballhaltung“ oder paralleles Anlegen sind hilfreich.
  • Wechsel der Seiten unterstützt eine gleichmäßige Stimulation der Brust.
  • Milchbildung wird durch häufiges Anlegen und ggf. zusätzliches Abpumpen gesichert.
  • Eine ausreichende Kalorien- und Flüssigkeitszufuhr der Mutter ist essenziell.

Fazit

Besondere Situationen wie Kaiserschnitt, Frühgeburt oder Mehrlinge erfordern ein angepasstes Vorgehen beim Stillen. Frühzeitiger Hautkontakt, gezielte Stillunterstützung, Abpumpen oder Handentleerung sowie flexible Stillpositionen tragen maßgeblich zum Gelingen bei. Entscheidend sind zudem Geduld, kontinuierliche Unterstützung und eine realistische Erwartungshaltung.

Literatur

  1. Prior E, Santhakumaran S, Gale C, Philipps LH, Modi N, Hyde MJ: Breastfeeding after cesarean delivery: a systematic review and meta-analysis of world literature. Am J Clin Nutr. 2012;95(5):1113-1135. doi: 10.3945/ajcn.111.030254.
  2. Meier PP, Patel AL, Wright K, Engstrom JL: Management of breastfeeding during and after the hospitalization of preterm infants. Clin Perinatol. 2013;40(4):731-746. doi: 10.1016/j.clp.2013.07.014.
  3. Flidel-Rimon O, Shinwell ES: Breast feeding twins and high multiples. Arch Dis Child Fetal Neonatal Ed. 2006;91(5):F377-F380. doi: 10.1136/adc.2005.082305.