Handentleerung oder Milchpumpe – welche Methode ist sinnvoller?
Die Frage, ob Muttermilch besser per Handentleerung oder mithilfe einer Milchpumpe gewonnen wird, gehört zu den häufigsten praktischen Themen in der Stillberatung. Entscheidend sind Indikation, Zeitpunkt im Wochenbett, Stillprobleme sowie die persönliche Vorliebe der Stillenden [2].
Handentleerung
Die manuelle Entleerung der Brust ist eine seit Jahrhunderten bewährte Methode. Sie erfordert keine Hilfsmittel, ist jederzeit verfügbar und kostenlos. Gerade in den ersten Tagen nach der Geburt kann die Handentleerung sinnvoll sein, um das Kolostrum (Vormilch) in geringen Mengen zu gewinnen und das Kind zuzufüttern, wenn das Anlegen bislang nicht optimal klappt [2].
Vorteile der Handentleerung:
- Schonend für das Brustgewebe, da der Druck individuell angepasst werden kann
- Geringeres Risiko für Stauungen oder Mikrotraumen durch falsche Pumptechnik
- Besonders geeignet bei kleinen Milchmengen (Kolostrum, Restentleerung)
- Fördert das Körpergefühl und die Wahrnehmung der Brust
Nachteile:
- Technik muss erlernt werden, sonst geringe Effektivität
- Bei größerem Milchbedarf oder längerfristiger Entleerung zeitaufwendig
- Manche Mütter empfinden die Methode als mühsam oder unangenehm
Milchpumpe
Elektrische oder manuelle Milchpumpen kommen insbesondere dann zum Einsatz, wenn regelmäßig größere Mengen Milch benötigt werden, z. B. bei Frühgeborenen, bei Trennung von Mutter und Kind oder wenn Stillhindernisse (z. B. Saugschwäche) bestehen [1].
Vorteile der Milchpumpe:
- Zeiteffizient, insbesondere bei elektrischen Doppelmilchpumpen
- Ermöglicht die Gewinnung größerer Mengen in kurzer Zeit
- Sinnvoll bei medizinischer Indikation (z. B. Mastitis, vorübergehende Stillpause, Milchstauprophylaxe)
Nachteile:
- Anschaffung oder Ausleihe notwendig (Kostenfaktor, Hygieneaspekte)
- Risiko von Brustwarzenirritationen bei falscher Anwendung oder unpassenden Aufsätzen
- Weniger Flexibilität unterwegs
Praktische Empfehlungen
Die Wahl der Methode sollte individuell erfolgen:
- Frühe Stillphase: Handentleerung ist besonders empfehlenswert, um kleine Mengen Kolostrum zu gewinnen und den Milchfluss sanft zu stimulieren [2].
- Längerfristige Milchgewinnung: Bei regelmäßigem Bedarf oder medizinischer Notwendigkeit ist eine Milchpumpe sinnvoller [1, 3].
- Kombination: Viele Frauen profitieren von einer Kombination beider Methoden – Handentleerung zur Stimulation und Restentleerung, Milchpumpe für größere Mengen [1, 3].
Wichtig ist eine ausführliche Anleitung von Hebammen oder Stillberaterinnen: Sie sollten Müttern beide Methoden praktisch zeigen und individuell anpassen [2].
Prävention und Tipps
- Frauen sollten frühzeitig lernen, wie Handentleerung funktioniert, um im Bedarfsfall unabhängig zu sein.
- Bei Verwendung von Milchpumpen sind Hygiene, korrekte Aufsatzgröße und Pumpdauer entscheidend, um Komplikationen wie Mastitis (Brustentzündung) oder Brustwarzenverletzungen zu vermeiden [2].
- Ein entspanntes Umfeld, Wärme (z. B. warme Kompresse) und sanfte Brustmassage fördern den Milchfluss bei beiden Methoden [3].
Literatur
- Morton J, Hall JY, Wong RJ, Thairu L, Benitz WE, Rhine WD: Combining hand techniques with electric pumping increases milk production in mothers of preterm infants. J Perinatol. 2009 Nov;29(11):757-64. doi: 10.1038/jp.2009.87.
- Becker GE, Smith HA, Cooney F: Methods of milk expression for lactating women. Cochrane Database Syst Rev. 2016 Sep 9;2016(9):CD006170. doi: 10.1002/14651858.CD006170.pub4.
- Prime DK, Geddes DT, Spatz DL, Robert M, Trengove NJ, Hartmann PE: Using Milk Flow Rate to Investigate Milk Ejection in the Left and Right Breasts during Simultaneous Breast Expression in Women. Int Breastfeed J. 2009;4:10. doi: 10.1186/1746-4358-4-10.