Stillen trotz Krankheit der Mutter – wann ist es unbedenklich, wann besser pausieren?

Stillen ist für Säuglinge die physiologisch optimale Ernährung und unterstützt die kindliche Immunabwehr. Wenn die Mutter erkrankt, stellt sich häufig die Frage, ob das Stillen fortgeführt werden sollte oder ob eine Unterbrechung sinnvoll ist. Entscheidend sind Art und Schwere der Erkrankung, das Risiko der Übertragung sowie die Belastung der Mutter.

Häufige Erkrankungen, bei denen Stillen möglich bleibt

In den meisten Fällen kann das Stillen trotz mütterlicher Erkrankung fortgeführt werden.

  • Banale Infekte (z. B. Erkältung, grippaler Infekt): Muttermilch enthält schützende Antikörper, die das Kind sogar vor denselben Erregern schützen können. Wichtig sind konsequente Hygienemaßnahmen wie häufiges Händewaschen, ggf. Mundschutz und Vermeidung von engem Gesichtskontakt beim Husten/Niesen [1].
  • Magen-Darm-Infekte: Stillen ist in der Regel unbedenklich, da die Erreger meistens fäkal-oral (über den Stuhl und den Mund) übertragen werden. Strenge Hygiene und Flüssigkeitsausgleich bei der Mutter sind essentiell.
  • Fieberhafte Infekte: Stillen ist oft möglich, solange die Mutter klinisch in der Lage dazu ist. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr und Schonung sind notwendig.

Erkrankungen mit Vorsicht oder zeitweiliger Stillpause

Es gibt bestimmte Situationen, in denen das Stillen eingeschränkt oder pausiert werden sollte:

  • Schwere Infektionskrankheiten mit Übertragungsgefahr: Dazu zählen unbehandelte aktive Tuberkulose, HIV-Infektion in Ländern mit sicherer Säuglingsernährung, Herpes-simplex-Läsionen an der Brustwarze oder hochkontagiöse Infektionen (z. B. Ebola). Hier muss eine individuelle Risiko-Nutzen-Abwägung erfolgen [2].
  • Medikamentöse Therapie: Viele Arzneimittel gehen in die Muttermilch über. Während die meisten Medikamente in stillverträglicher Dosierung eingenommen werden können, gibt es Kontraindikationen/Gegenanzeigen (z. B. bestimmte Zytostatika (Chemotherapeutika), Radiojodtherapie) [3].
  • Starke körperliche Einschränkung: Bei schwerem Krankheitsgefühl, ausgeprägter Schwäche oder Krankenhausaufenthalt kann eine vorübergehende Stillpause entlastend sein. Abpumpen und Aufbewahren der Milch können hier eine Alternative darstellen, um die Milchbildung aufrechtzuerhalten.

Praktische Empfehlungen

  • Hygiene: regelmäßiges Händewaschen, Vermeidung von engem Gesichtskontakt beim Husten oder Niesen, evtl. das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes
  • Stillposition und Belastung: Bei geschwächten Müttern sind schonende Stillpositionen hilfreich, etwa im Liegen.
  • Medikamentenprüfung: Vor Beginn einer Therapie stets Kompatibilität mit dem Stillen überprüfen.
  • Individuelle Beratung: Jede Erkrankung sollte differenziert betrachtet werden. Bei chronischen oder schweren Erkrankungen sind spezialisierte Beratungsstellen oder Stillambulanzen eine wertvolle Unterstützung.

Fazit

In den meisten Fällen überwiegen die Vorteile des Stillens auch bei mütterlicher Erkrankung. Absolute Kontraindikationen sind selten, entscheidend sind die sorgfältige Abwägung des Infektionsrisikos, die Auswahl sicherer Medikamente und das Befinden der Mutter.

Literatur

  1. Lawrence RM, Lawrence RA: Breast milk and infection. Clin Perinatol. 2004;31(3):501-528. doi: 10.1016/j.clp.2004.03.019.
  2. Abuogi L, Noble L, Smith C; COMMITTEE ON PEDIATRIC AND ADOLESCENT HIV; SECTION ON BREASTFEEDING: Infant Feeding for Persons Living With and at Risk for HIV in the United States: Clinical Report. Pediatrics. 2024;153(6):e2024066843. doi: 10.1542/peds.2024-066843.
  3. Sachs HC; American Academy of Pediatrics Committee on Drugs: The transfer of drugs and therapeutics into human breast milk: an update on selected topics. Pediatrics. 2013;132(3):e796-e809. doi: 10.1542/peds.2013-1985.