Selen in der Stillzeit: Warum das Spurenelement für Mutter und Kind so wichtig ist
Selen ist ein essentielles Spurenelement, das für zahlreiche Stoffwechselprozesse von Bedeutung ist – insbesondere für die Funktion von Enzymen, die vor oxidativem Stress schützen, sowie für Schilddrüsenstoffwechsel und Immunsystem [1]. Während der Stillzeit steigt der Selenbedarf leicht an, da das Spurenelement über die Muttermilch an das Kind weitergegeben wird. Eine ausreichende Selenzufuhr der Mutter ist daher entscheidend, um die antioxidativen Abwehrsysteme des Säuglings zu unterstützen und die gesunde Entwicklung von Schilddrüse und Immunsystem zu fördern [2].
Zufuhrempfehlung und Versorgungssituation
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt Stillenden eine tägliche Selenzufuhr von 75 µg, gegenüber 60 µg für nicht stillende Frauen [3]. Der Mehrbedarf ergibt sich aus der Selenabgabe über die Muttermilch, die bei unzureichender Zufuhr zu einer verminderten Konzentration im Milchsekret führen kann.
Laut nationaler Verzehrsstudie II (NVZ II) liegt die durchschnittliche Selenaufnahme in Deutschland deutlich unter diesen Empfehlungen: Männer nehmen im Mittel etwa 41 µg/Tag, Frauen 30 µg/Tag auf [4]. Damit erreichen weder stillende noch nicht stillende Frauen die empfohlene Zufuhr. Hauptursache ist der niedrige Selengehalt europäischer Böden, wodurch pflanzliche Lebensmittel weniger Selen enthalten als in anderen Regionen, etwa Nordamerika [5].
Versorgungsstatus in Zahlen:
- Empfohlene Zufuhr Stillende: 75 µg/Tag; nicht stillende Frauen: 60 µg/Tag
- Durchschnittliche Aufnahme Frauen (NVZ II): 30 µg/Tag
- Über 70 % der Frauen erreichen die Empfehlung nicht
Die Top 10 Selenquellen für Stillende
Um den täglichen Bedarf an Selen während der Stillzeit zu decken, lohnt sich der gezielte Verzehr besonders selenreicher Lebensmittel. Die folgenden Angaben beziehen sich auf Durchschnittswerte pro 100 g (gerundet) [6-8]; die tatsächlichen Gehalte können je nach Herkunft, Bodenbeschaffenheit, Futtermittel, Sorte und Verarbeitung deutlich variieren:
- Paranüsse: 1.900 µg
- Thunfisch (gegart): 80 µg
- Hering (gegart): 55 µg
- Lachs (gegart): 40 µg
- Eier: 30 µg
- Schweineleber: 30 µg
- Sonnenblumenkerne: 25 µg
- Vollkornbrot: 12 µg
- Linsen (gekocht): 8 µg
- Champignons (gegart): 7 µg
Hinweis: Leber enthält zwar nennenswerte Mengen an Selen, ist jedoch aufgrund ihres hohen Vitamin-A-Gehalts für Schwangere nicht zu empfehlen, da eine übermäßige Retinolzufuhr das Risiko für Fehlbildungen erhöhen kann. Für Stillende ist ein gelegentlicher Verzehr in kleinen Mengen unbedenklich, sofern die Gesamttageszufuhr an Vitamin A berücksichtigt wird.
Da Paranüsse sehr hohe Selengehalte aufweisen, genügt bereits eine Nuss täglich, um den Tagesbedarf zu decken. Der Verzehr sollte jedoch maßvoll erfolgen, um eine übermäßige Aufnahme zu vermeiden. Fisch, Eier und Vollkornprodukte stellen für Stillende sichere und vielseitig kombinierbare Quellen dar.
Funktionen von Selen in der Stillzeit
Selen ist Bestandteil zahlreicher Enzyme, darunter die Glutathionperoxidasen und Thioredoxinreduktasen, die Zellen vor oxidativem Stress schützen [9]. In der Stillzeit unterstützt Selen den antioxidativen Schutz sowohl der Mutter als auch des Säuglings und trägt zur Gesunderhaltung des Immunsystems bei. Zudem ist Selen für eine normale Schilddrüsenfunktion unerlässlich, da es an der Umwandlung von Thyroxin (T4) in die aktive Form Trijodthyronin (T3) beteiligt ist [10].
Ein Mangel an Selen kann mit Müdigkeit, erhöhter Infektanfälligkeit und eingeschränkter Schilddrüsenhormonaktivität einhergehen [11]. Beim Säugling kann eine unzureichende Versorgung langfristig die Immun- und Schilddrüsenentwicklung beeinträchtigen [12].
Fazit
Selen ist in der Stillzeit unverzichtbar, um antioxidative Schutzmechanismen, Schilddrüsenfunktion und Immunsystem von Mutter und Kind zu unterstützen. Da die Zufuhr in Deutschland häufig unterhalb der empfohlenen Werte liegt, ist eine bewusste Auswahl selenreicher Lebensmittel besonders wichtig.
Empfehlung zur Supplementation
- Ergänzung mit 30-60 µg Selen pro Tag kann sinnvoll sein, insbesondere bei niedriger Zufuhr über die Ernährung
- Organisch gebundenes Selen (z. B. Selenmethionin) zeigt eine hohe Bioverfügbarkeit
- Eine langfristige Überschreitung der Höchstmenge von 300 µg/Tag sollte vermieden werden
Optimale Nährstoffversorgung in der Stillzeit
Unterstützen Sie die Entwicklung Ihres Babys und Ihre eigene Gesundheit – mit gezielter Supplementierung. Besonders wichtig: Vitamin D, Vitamin B12, Selen, Eisen und Jod sowie Omega-3-Fettsäuren (Docosahexaensäure, Eicosapentaensäure; DHA/EPA) für Gehirn und Augen.
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Literatur
- Rayman MP. Selenium and human health. Lancet. 2012 Mar 31;379(9822):1256-68. doi: 10.1016/S0140-6736(11)61452-9
- Drutel A, Archambeaud F, Caron P. Selenium and the thyroid gland: more good news for clinicians. Clin Endocrinol (Oxf). 2013 Feb;78(2):155-64. doi: 10.1111/cen
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. 2. Auflage, 2023.
- Max Rubner-Institut (MRI). Nationale Verzehrsstudie II, Teil 2. Karlsruhe: MRI; 2008.
- Haug A, Graham RD, Christophersen OA, Lyons GH. How to use the world's scarce selenium resources efficiently to increase the selenium concentration in food. Microb Ecol Health Dis. 2007 Dec;19(4):209-228. doi: 10.1080/08910600701698986
- Max Rubner-Institut. Bundeslebensmittelschlüssel (BLS), Version 3.02. Karlsruhe: MRI; 2021.
- USDA FoodData Central. Beltsville, MD: U.S. Department of Agriculture; 2019.
- Souci SW, Fachmann W, Kraut H. Food Composition and Nutrition Tables. 9th ed. Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft; 2024.
- Gorini F, Vassalle C. Selenium and Selenoproteins at the Intersection of Type 2 Diabetes and Thyroid Pathophysiology. Antioxidants (Basel). 2022 Jun 16;11(6):1188. doi: 10.3390/antiox11061188
- Köhrle J. Selenium and the control of thyroid hormone metabolism. Thyroid. 2005 Aug;15(8):841-53. doi: 10.1089/thy.2005.15.841
- Avery JC, Hoffmann PR. Selenium, Selenoproteins, and Immunity. Nutrients. 2018 Sep 1;10(9):1203. doi: 10.3390/nu10091203
- Duntas LH. Selenium and the thyroid: a close-knit connection. J Clin Endocrinol Metab. 2010 Dec;95(12):5180-8. doi: 10.1210/jc.2010-0191