Docosahexaensäure (DHA) in der Stillzeit: Warum die Omega-3-Fettsäure für Mutter und Kind so wichtig ist

Während der Stillzeit besteht ein erhöhter Bedarf an langkettigen Omega-3-Fettsäuren – insbesondere Docosahexaensäure (DHA). Diese Fettsäure spielt eine zentrale Rolle in der Gehirn- und Sehentwicklung des Säuglings. Da ein Teil der DHA-Reserven der Mutter über die Muttermilch an das Kind abgegeben wird, muss die Mutter ausreichend versorgt sein, um sowohl ihren eigenen Bedarf zu decken als auch die DHA-Konzentration in der Muttermilch sicherzustellen [1, 2].

Zufuhrempfehlung und Versorgungssituation

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) empfiehlt für gesunde Erwachsene eine kombinierte Aufnahme von DHA und Eicosapentaensäure (EPA) von 250 mg täglich (ohne Unterscheidung nach Geschlecht oder Lebensphase) [3].
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) rät Stillenden, täglich mindestens 200 mg DHA aufzunehmen, um die DHA-Konzentration der Muttermilch zu unterstützen und die Gehirnentwicklung des Säuglings zu fördern [4, 5].

Um den allgemeinen Bedarf (nicht Schwangere oder Stillende) an langkettigen Omega-3-Fettsäuren decken zu können, empfiehlt die DGE den Verzehr von wöchentlich zwei Fischmahlzeiten – idealerweise mit fettreichen Seefischen wie Hering, Lachs oder Makrele, die reich an DHA und EPA sind.
Der besondere physiologische Zustand einer Schwangerschaft oder Stillzeit lässt den Bedarf an diesen Fettsäuren entsprechend ansteigen, da sie für die Entwicklung des kindlichen Gehirns und der Netzhaut (Retina) sowie für den Erhalt der mütterlichen Fettsäurespeicher entscheidend sind.

Die tatsächliche DHA-Aufnahme liegt in Deutschland häufig unter diesen Empfehlungen – vor allem bei geringer Fischaufnahme. Studien zeigen, dass der DHA-Gehalt der Muttermilch eng mit der mütterlichen Zufuhr korreliert [6, 7]. Eine gezielte Supplementation (Nahrungsergänzung) kann die DHA-Konzentration in der Muttermilch um 50-120 % erhöhen [8].

Versorgungsstatus in Zahlen:

  • EFSA-Empfehlung (EPA und DHA): 250 mg/Tag [3]
  • DGE-Empfehlung für Stillende: mind. 200 mg DHA/Tag [4, 5]
  • Durchschnittliche Aufnahme in Deutschland: unter 100 mg DHA/Tag

Die Top 10 Omega-3-Quellen in der Stillzeit

Um den täglichen Bedarf zu decken, lohnt sich der Blick auf besonders Omega-3-reiche Lebensmittel. Die folgende Übersicht zeigt die 10 DHA/EPA-reichsten Lebensmittel (pro 100 g, gerundet). Die angegebenen Werte können je nach Art, Fanggebiet, Fütterung und Verarbeitung variieren [9-11]:

  • Hering (Atlantik, gegart): 1.600 mg DHA/EPA – sehr gute Quelle für Stillende, reich an Omega-3-Fettsäuren, gering belastet.
  • Makrele (Atlantik, gegart): 1.400 mg DHA/EPA – empfehlenswert; kleinere Arten bevorzugen, vollständig gegart verzehren.
  • Sardine (in Öl, abgetropft, konserviert): 1.200 mg DHA/EPA – nährstoffreich, in Konserven unbedenklich.
  • Lachs (Atlantik, gezüchtet, gegart): 1.200 mg DHA/EPA – hochwertig und gut verträglich, sofern vollständig gegart.
  • Thunfisch (frisch, gegart): 1.000 mg DHA/EPA – wegen möglicher Quecksilberbelastung nur gelegentlich verzehren; keine Rohprodukte.
  • Forelle (Regenbogenforelle, gegart): 900 mg DHA/EPA – gute Alternative zu Meeresfisch, für Stillende geeignet.
  • Aal (europäisch, gegart): 850 mg DHA/EPA – nur gegart geeignet; wegen Fett- und Schadstoffgehalt selten verzehren.
  • Anchovis (in Öl, abgetropft, konserviert): 800 mg DHA/EPA – in Konserven sicher und gut verwertbar.
  • Kabeljau (Atlantik, gegart): 200 mg DHA/EPA – magere, leicht verdauliche Fischart; geringerer Omega-3-Gehalt.
  • Hühnerei (Eigelb, gegart): 80 mg DHA/EPA – sicher, wenn hart gekocht oder gut durchgebraten; DHA-Gehalt variiert je nach Fütterung.

Wichtige Hinweise für Stillende:

  • Rohfisch und roh marinierte Produkte (z. B. Sushi, Graved Lachs, Matjes) sollten auch in der Stillzeit nur mit Vorsicht verzehrt werden, um Infektionsrisiken (z. B. Listerien) zu vermeiden.
  • Große Raubfische (z. B. Schwertfisch, Hai, Königsmakrele) sind aufgrund erhöhter Quecksilbergehalte wie in der Schwangerschaft nicht empfehlenswert.
  • Fettreiche Kaltwasserfische liefern die höchsten Mengen an DHA und EPA und sind daher die wichtigsten natürlichen Quellen.
  • Bei vegetarischer oder veganer Ernährung stellen Algenölpräparate eine sichere, quecksilberfreie Alternative dar.
  • Pflanzliche Öle (z. B. Lein-, Walnuss-, Rapsöl) enthalten α-Linolensäure (ALA), die im Körper nur zu < 5 % in DHA umgewandelt wird – sie allein reichen zur Bedarfsdeckung nicht aus [12].

Funktionen von DHA in der Stillzeit

DHA gehört zu den langkettigen, mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren und erfüllt essenzielle Aufgaben im Körper:

  • Baustein neuronaler Membranen: Bestandteil der Zellmembranen von Gehirn und Netzhaut, unterstützt die Signalübertragung [13].
  • Entwicklung von Gehirn und Augen: Über die Muttermilch aufgenommenes DHA fördert die neuronale (Reifung des Gehirns und Nervensystems) und visuelle Reifung (Ausbildung der Sehfunktion und Netzhautstruktur) des Säuglings [14].
  • Regulation von Entzündungsprozessen: DHA dient als Vorstufe entzündungsauflösender Mediatoren wie Resolvine und Protectine [15].
  • Erhalt mütterlicher DHA-Reserven: Eine ausreichende Zufuhr beugt der Erschöpfung der eigenen Speicher vor [16].

Ein zu niedriger DHA-Gehalt in der Muttermilch kann mit einer verzögerten visuellen und kognitiven Entwicklung des Säuglings in Verbindung stehen [17, 18]. Bei der Mutter kann eine unzureichende Zufuhr langfristig mit erhöhten Entzündungswerten oder Stimmungsschwankungen assoziiert sein [19].

Fazit

Während der Stillzeit ist eine ausreichende DHA-Zufuhr entscheidend, um die neurologische und visuelle Entwicklung des Kindes zu unterstützen und die mütterlichen DHA-Reserven stabil zu halten. Die empfohlene tägliche Zufuhr von mindestens 200 mg DHA sollte idealerweise über fettreiche Meeresfische oder DHA-reiche Alternativen wie Algen- oder Fischöl erfolgen. Da die tatsächliche Aufnahme häufig geringer ist, kann eine gezielte Supplementation sinnvoll sein.

Empfehlung zur Supplementation

  • Dosierung: 200-400 mg DHA/Tag, wenn keine regelmäßige Fischaufnahme erfolgt [5, 8].
  • Form: Algenöl- oder Fischölkapseln mit ausgewiesenem DHA-Gehalt.
  • Qualität: Schadstoffgeprüfte, oxidationsstabile Produkte wählen.
  • Vegetarisch/vegan: Algenöl ist eine gleichwertige Alternative.
  • Langfristige Supplementation kann den Milch-DHA-Gehalt signifikant erhöhen und die kindliche Entwicklung unterstützen [8].

Optimale Nährstoffversorgung in der Stillzeit
Unterstützen Sie die Entwicklung Ihres Babys und Ihre eigene Gesundheit – mit gezielter Supplementierung. Besonders wichtig: Vitamin D, Vitamin B12, Eisen, Jod sowie Omega-3-Fettsäuren (Docosahexaensäure, Eicosapentaensäure; DHA/EPA) für Gehirn und Augen.

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Weitere Informationen zu Docosahexaensäure und deren Funktionen erhalten Sie im DocMedicus Vitalstofflexikon.

Literatur

  1. Innis SM. Impact of maternal diet on human milk composition and neurological development of infants. Am J Clin Nutr. 2014 Mar;99(3):734S-41S. doi: 10.3945/ajcn.113.072595
  2. Brenna JT, Carlson SE. Docosahexaenoic acid and human brain development: evidence that a dietary supply is needed for optimal development. J Hum Evol. 2014 Dec;77:99-106. doi: 10.1016/j.jhevol.2014.02.017
  3. EFSA NDA Panel. Scientific Opinion on health claims related to DHA/EPA and cognitive function. EFSA J. 2010;8(10):1796.
  4. DGE. Referenzwerte für Fett und essenzielle Fettsäuren. Bonn: DGE; 2021.
  5. DGE. Handlungsempfehlungen Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit. Bonn: DGE; 2020.
  6. Petersohn I, Hellinga AH, van Lee L, Keukens N, Bont L, Hettinga KA, Feskens EJM, Brouwer-Brolsma EM. Maternal diet and human milk composition: an updated systematic review. Front Nutr. 2024 Jan 23;10:1320560. doi: 10.3389/fnut.2023.1320560
  7. Koletzko B, Lien E, Agostoni C, Böhles H, Campoy C, Cetin I, Decsi T, Dudenhausen JW, Dupont C, Forsyth S, Hoesli I, Holzgreve W, Lapillonne A, Putet G, Secher NJ, Symonds M, Szajewska H, Willatts P, Uauy R; World Association of Perinatal Medicine Dietary Guidelines Working Group. The roles of long-chain polyunsaturated fatty acids in pregnancy, lactation and infancy: review of current knowledge and consensus recommendations. J Perinat Med. 2008;36(1):5-14. doi: 10.1515/JPM.2008.001
  8. Sherry CL, Oliver JS, Marriage BJ. Docosahexaenoic acid supplementation in lactating women increases breast milk and plasma docosahexaenoic acid concentrations and alters infant omega 6:3 fatty acid ratio. Prostaglandins Leukot Essent Fatty Acids. 2015 Apr;95:63-9. doi: 10.1016/j.plefa.2015.01.005
  9. Max Rubner-Institut (MRI). Nationale Verzehrsstudie II. Karlsruhe: MRI; 2008.
  10. US Department of Agriculture, Agricultural Research Service. FoodData Central. Beltsville, MD: USDA; 2019.
  11. Souci SW, Fachmann W, Kraut H. Food Composition and Nutrition Tables. 9th revised ed. Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft; 2024.
  12. Sanders TA. DHA status of vegetarians. Prostaglandins Leukot Essent Fatty Acids. 2009 Aug-Sep;81(2-3):137-41. doi: 10.1016/j.plefa.2009.05.013
  13. Lauritzen L, Hansen HS, Jørgensen MH, Michaelsen KF. The essentiality of long chain n-3 fatty acids in relation to development and function of the brain and retina. Prog Lipid Res. 2001 Jan-Mar;40(1-2):1-94. doi: 10.1016/s0163-7827(00)00017-5
  14. Colombo J, Jill Shaddy D, Kerling EH, Gustafson KM, Carlson SE. Docosahexaenoic acid (DHA) and arachidonic acid (ARA) balance in developmental outcomes. Prostaglandins Leukot Essent Fatty Acids. 2017 Jun;121:52-56. doi: 10.1016/j.plefa.2017.05.005
  15. Serhan CN. Pro-resolving lipid mediators are leads for resolution physiology. Nature. 2014 Jun 5;510(7503):92-101. doi: 10.1038/nature13479
  16. Al MD, van Houwelingen AC, Hornstra G. Relation between birth order and the maternal and neonatal docosahexaenoic acid status. Eur J Clin Nutr. 1997 Aug;51(8):548-53. doi: 10.1038/sj.ejcn.1600444
  17. Carlson SE, Werkman SH, Peeples JM, Wilson WM. Long-chain fatty acids and early visual and cognitive development of preterm infants. Eur J Clin Nutr. 1994 Aug;48 Suppl 2:S27-30
  18. Colombo J, Kannass KN, Shaddy DJ, Kundurthi S, Maikranz JM, Anderson CJ, Blaga OM, Carlson SE. Maternal DHA and the development of attention in infancy and toddlerhood. Child Dev. 2004 Jul-Aug;75(4):1254-67. doi: 10.1111/j.1467-8624.2004.00737.x
  19. Levant B. N-3 (omega-3) Fatty acids in postpartum depression: implications for prevention and treatment. Depress Res Treat. 2011;2011:467349. doi: 10.1155/2011/467349