Koitus intercruralis und Tribadie – Sex ohne Penetration

Nicht alle Sexualpraktiken beruhen auf vaginaler oder analer Penetration. Zu den historisch wie gegenwärtig relevanten Varianten gehören der Koitus intercruralis (interfemoralis) und die Tribadie. Beide Praktiken basieren auf enger körperlicher Nähe, Reibung und Intimität, verzichten jedoch bewusst auf das Eindringen in Körperhöhlen. Sie haben sowohl kulturelle und historische Bedeutung als auch eine aktuelle Relevanz für hetero- und homosexuelle Paare. Medizinisch sind diese Formen des Geschlechtsverkehrs vor allem im Hinblick auf ihre psychologische Bedeutung, ihre Rolle für Intimität und ihre vergleichsweise niedrigen, aber nicht ausgeschlossenen Infektionsrisiken interessant.

Koitus intercruralis (interfemoralis)

Definition und Varianten

Der Koitus intercruralis, auch interfemoralis genannt, beschreibt eine Form des Geschlechtsverkehrs, bei der der Penis zwischen die Oberschenkel des Partners gelegt und bewegt wird. Eine vaginale oder anale Penetration findet nicht statt. Praktiziert wird diese Technik in Rückenlage, Seitenlage oder kniender Position.

Historische und kulturelle Bedeutung

In der antiken griechischen Kultur war der intercrurale Verkehr eine häufig dokumentierte Form homosexueller Kontakte zwischen Männern. Er diente als Ausdruck von Intimität, wurde aber auch als sozial akzeptierte Alternative zur analen Penetration verstanden.

Relevanz für Paare

Heute wird diese Praxis gelegentlich von heterosexuellen und homosexuellen Paaren gewählt, etwa wenn eine Penetration vermieden werden soll – aus religiösen, medizinischen oder persönlichen Gründen.

Tribadie (genitale Reibung)

Definition und Formen

Die Tribadie beschreibt eine Form der Sexualität zwischen Frauen, bei der sexuelle Stimulation durch Reibung der Genitalien entsteht. Besonders bekannt ist die sogenannte „Scissoring“-Position (dt.: „mit der Schere schneidend“, was sich auf die Beinbewegungen in der Scissoring-Position bezieht). Daneben existieren vielfältige Varianten.

Bedeutung in der Frau-zu-Frau-Sexualität

Tribadie hat in der lesbischen Sexualität eine hohe symbolische und praktische Bedeutung. Aktuelle Studien zeigen, dass diese Praktik von einem relevanten Anteil von Frauen praktiziert wird, wenn auch nicht universell [1].

Medizinische und psychologische Aspekte

Tribadie gilt als risikoarm in Bezug auf sexuell übertragbare Infektionen (engl.: sexual transmitted diseases, STDs). Dennoch ist eine Übertragung von HPV, HSV oder bakteriellen Infektionen bei direktem Schleimhautkontakt möglich [2, 3]. Psychologisch wird die Praktik vielfach als Ausdruck von Gleichwertigkeit und Intimität erlebt.

Gemeinsamkeiten – nicht-penetrierende Sexualpraktiken

Beide Praktiken ermöglichen sexuelle Nähe und Orgasmuserleben ohne Penetration. Sie sind damit Alternativen für Paare, die bewusst auf klassische Koitusformen verzichten möchten.

Vorteile und Nachteile im Überblick

  • Vorteile
    • Keine Schwangerschaftsgefahr
    • Geringeres Risiko für bestimmte STI als bei penetrierendem Sex
    • Betonung von Intimität und Körperwahrnehmung
  • Nachteile
    • Orgasmuserleben kann je nach Partnerkombination variieren
    • STI-Übertragung durch engen Haut- und Schleimhautkontakt nicht ausgeschlossen [2-4]
    • Geringere kulturelle Sichtbarkeit und damit weniger Aufklärung über Praktiken und Risiken

Literatur

  1. Pavanello Decaro S, Pessina R, Biella M, Prunas A. Italian women who have sex with women: prevalence and co-occurrence of sexual practices. Sex Med. 2024;12(2):qfae017. doi: https://doi.org/10.1093/sexmed/qfae017
  2. Rahman N, Ghanem KG, Gilliams E, Page KR, Tuddenham S. Factors associated with sexually transmitted infection diagnosis in women who have sex with women, women who have sex with men and women who have sex with both. Sex Transm Infect. 2021;97(6):423-428. doi: https://doi.org/10.1136/sextrans-2020-054561
  3. Van Gerwen OT, Muzny CA, Marrazzo JM. Sexually transmitted infections and female reproductive health. Nat Microbiol. 2022;7(8):1116-1126. doi: https://doi.org/10.1038/s41564-022-01177-x
  4. Workowski KA, Bachmann LH, Chan PA et al.: Sexually Transmitted Infections Treatment Guidelines, 2021. MMWR Recomm Rep. 2021;70(4):1-187. doi: https://doi.org/10.15585/mmwr.rr7004a1