Konradstellung
Die sogenannte Konradstellung ist ein umgangssprachlicher Begriff, der vor allem in Internetforen und laienorientierten Sexualratgebern vorkommt. In der medizinisch-sexologischen Fachliteratur ist er nicht etabliert. Anatomisch handelt es sich um eine Variante der Missionarsstellung: Die empfangende Person liegt in Rückenlage, die Beine sind geschlossen und gestreckt; der penetrierende Partner liegt in voller Körperauflage ebenfalls mit geschlossenen Beinen. Das Paar liegt dabei quasi gestapelt „wie zwei Bretter“ übereinander, was an die Figur „Konrad“ aus dem Kinderbuch Struwwelpeter erinnern soll. Beide liegen Bauch an Bauch (ventro-ventral) mit minimaler Bewegungsfreiheit im Beckenbereich.
Die klassische Missionarsstellung zeichnet sich dagegen dadurch aus, dass die empfangende Person die Beine geöffnet oder angewinkelt hält, während der Partner zwischen den Beinen liegt und durch Beckenbewegungen variabel in Tiefe und Winkel agieren kann.
Biomechanisch unterscheidet sich die Konradstellung durch den flacheren Eindringwinkel, die eingeschränkte Penetrationstiefe und den deutlich reduzierten Bewegungsspielraum. Durch die geschlossenen Beine der empfangenden Person wird die vaginale Öffnung verengt, was für den penetrierenden Partner ein engeres Gefühl erzeugen kann.
Vorteile der Konradstellung sind die geringe körperliche Belastung, der stabile Ganzkörperkontakt und die Schonung von Hüft- und Kniegelenken. Nachteile sind die eingeschränkte Bewegungsvielfalt, die oft reduzierte Stimulation und die eingeschränkte Möglichkeit, die Penetrationstiefe zu variieren.
Aus sexologisch-therapeutischer Sicht spielt die Konradstellung keine Rolle als empfohlene Technik; sie kann jedoch in Einzelfällen (z. B. bei orthopädischen Einschränkungen oder als sehr sanfte Variante) eingesetzt werden. Die Missionarsstellung hingegen ist eine der meistgenutzten und anpassungsfähigsten Positionen, die sich durch Varianten (z. B. Beinposition, Kissenunterstützung, Coital Alignment Technique) flexibel auf unterschiedliche Bedürfnisse abstimmen lässt.
Vergleichstabelle – Konradstellung vs. Missionarsstellung
Kriterium | Konradstellung | Missionarsstellung |
---|---|---|
Definition | Informeller Internetbegriff, Variante der Missionarsstellung mit geschlossenen, gestreckten Beinen beider Partner; Paar liegt „wie zwei Bretter“ übereinander | Klassische ventro-ventrale Position, empfangende Person mit geöffneten oder angewinkelten Beinen |
Beinposition | Beide Partner Beine geschlossen und gestreckt | Empfangende Person Beine geöffnet/angewinkelt, Partner dazwischen |
Eindringwinkel | Flacher, begrenzte Tiefe | Variabel, oft tiefere Penetration möglich |
Bewegungsspielraum | Stark eingeschränkt, meist sanftes Gleiten | Groß, Tempo- und Winkelfreiheit |
Körperkontakt | Maximal, Ganzkörperauflage | Hoch, aber weniger großflächig |
Stimulation | Eher klitoral durch Reibung, geringere vaginale Variation | Sowohl vaginale als auch klitorale Stimulation durch Variation möglich |
Körperliche Belastung | Sehr gering, schonend für Hüfte/Knie | Mäßig, kann Arme/Schultern des penetrierenden Partners belasten |
Varianten | Wenige (Beckenkippung, Kissen, Knien statt Liegen) | Viele (Beinpositionen, Kissen, Coital Alignment Technique etc.) |
Einsatz bei Einschränkungen | Möglich bei Hüft-/Knieproblemen, geringer Bewegungsaufwand | Anpassbar, aber bei starker Hüftsteife eingeschränkt |
Therapeutische Empfehlung | Keine spezifische Empfehlung, ggf. als Schonhaltung | Häufig empfohlen, vielseitig anpassbar |
Obwohl die Konradstellung eher als humorvolle Abwandlung der Missionarsstellung gilt, kann sie in bestimmten Situationen – etwa bei körperlichen Einschränkungen oder dem Wunsch nach sehr ruhigem, engem Körperkontakt – eine praktische Alternative darstellen; für mehr Bewegungsvielfalt und Anpassungsfähigkeit bleibt jedoch die klassische Missionarsstellung überlegen.
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Orale und manuelle Stimulation – wirkungsvolle Techniken für mehr sexuelle Befriedigung
Sexuelle Befriedigung ist nicht ausschließlich von der vaginalen Penetration (Scheidenverkehr) abhängig. Ein erheblicher Anteil des sexuellen Erlebens beruht auf gezielter Stimulation erogener Zonen (besonders empfindliche Körperstellen). Orale und manuelle Techniken verlängern die Erregungsphase, erhöhen die Orgasmuswahrscheinlichkeit und vertiefen partnerschaftliche Intimität.
Autoren: Prof. Dr. med. G. Grospietsch, Dr. med. W. G. Gehring