Vitamin D in der Schwangerschaft: Wie viel brauchen Mutter und Kind?
Vitamin D ist einer der kritischsten Mikronährstoffe in Deutschland und nimmt daher eine besondere Stellung ein. Es kann sowohl über die Nahrung aufgenommen als auch durch körpereigene Synthese in der Haut unter UV-Bestrahlung gebildet werden. Während der Schwangerschaft spielt Vitamin D eine Schlüsselrolle für die Knochenentwicklung des Kindes und unterstützt zugleich das Immunsystem von Mutter und Fetus [1]. Obwohl kein erhöhter Bedarf besteht, ist die Versorgungssituation in Deutschland unzureichend [2].
Zufuhrempfehlung und Versorgungssituation
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt seit 2012 eine tägliche Zufuhr von 20 µg Vitamin D, wenn keine endogene Synthese durch Sonnenexposition stattfindet [3].
Nach Daten der Nationalen Verzehrsstudie II wird diese Menge in Deutschland über die Ernährung nicht erreicht: Männer nehmen durchschnittlich 2,9 µg/Tag, Frauen 2,2 µg/Tag auf [4]. Besonders niedrig versorgte Frauen liegen mit 19,5 µg/Tag unterhalb der Empfehlung, was einem Defizit von 97,5 % entspricht. Schwangere und Stillende weisen zwar keinen erhöhten Bedarf gegenüber nicht-schwangeren Frauen auf, sind aber denselben Versorgungsdefiziten ausgesetzt [2].
Versorgungsstatus in Zahlen:
- DGE-Empfehlung: 20 µg/Tag (wenn eine ausreichende endogene Bildung über Sonnenexposition nicht gewährleistet ist)
- Durchschnittliche Zufuhr Frauen: 2,2 µg/Tag
- Fehlbetrag der am schlechtesten versorgten Frauen und Schwangeren: 19,5 µg/Tag
Die Top 10 Lebensmittelquellen für Vitamin D
Um die Vitamin-D-Versorgung über die Ernährung zu verbessern, ist ein Blick auf besonders vitamin-D-reiche Lebensmittel hilfreich. Die folgenden Produkte enthalten die höchsten Mengen pro 100 g (gerundet). Die Werte können je nach Sorte, Herkunft und Verarbeitung variieren [5-7]:
- Hering (Atlantik, frisch): 25 µg
- Lachs (wild, roh): 16 µg
- Aal: 12 µg
- Sardinen (Konserve in Öl): 10 µg
- Makrele (Atlantik, frisch): 8 µg
- Thunfisch (frisch): 6 µg
- Hühnerei (Eigelb): 5 µg
- Steinpilze (frisch): 3 µg
- Champignons (UV-bestrahlt): bis 10 µg
- Margarine (angereichert): ca. 2,5 µg
Fettreiche Fische stellen die wichtigsten natürlichen Quellen dar, während Eier und Pilze ergänzend beitragen können. Für Schwangere sind diese Lebensmittel grundsätzlich geeignet, allerdings sollte auf den Verzehr von rohem Fisch verzichtet werden. Auch angereicherte Lebensmittel wie Margarine können einen Beitrag leisten, reichen aber allein nicht zur Bedarfsdeckung aus.
Funktionen von Vitamin D
Vitamin D spielt eine zentrale Rolle im Calcium- und Phosphatstoffwechsel und trägt wesentlich zur Knochenmineralisation bei [8]. Während der Schwangerschaft ist es entscheidend für die Entwicklung des Skeletts und der Zähne des Kindes. Ein Vitamin-D-Mangel kann zu Rachitis (Knochenerweichung beim Kind) und zu Osteomalazie (Knochenerweichung bei der Mutter) führen [9]. Darüber hinaus bestehen Zusammenhänge zwischen unzureichender Vitamin-D-Versorgung und einem erhöhten Risiko für Schwangerschaftskomplikationen wie Präeklampsie, Gestationsdiabetes und niedriges Geburtsgewicht [10].
Fazit
Trotz fehlendem Mehrbedarf in der Schwangerschaft ist Vitamin D einer der kritischsten Mikronährstoffe in Deutschland. Über die normale Ernährung lässt sich die Zufuhrempfehlung nicht decken. Eine ausreichende Versorgung ist jedoch essenziell für die Knochengesundheit von Mutter und Kind sowie zur Vorbeugung möglicher Schwangerschaftskomplikationen.
Empfehlung zur Supplementation
- Die DGE empfiehlt Schwangeren – wie allen Erwachsenen – eine Supplementation von 20 µg/Tag, wenn eine ausreichende endogene Bildung über Sonnenexposition nicht gewährleistet ist.
- Eine Bestimmung des Vitamin-D-Status (Serum-25-Hydroxyvitamin D) kann zur gezielten Dosierung sinnvoll sein.
- Eine Überdosierung ist zu vermeiden; sichere Obergrenzen liegen bei 100 µg/Tag [3].
Weitere Informationen zu Vitamin D und dessen Funktionen erhalten Sie im DocMedicus Vitalstofflexikon.
Literatur
- Holick MF. Vitamin D: physiology, molecular biology, and clinical applications. Totowa, NJ: Humana Press; 2010
- Rabenberg M, Scheidt-Nave C, Busch MA, Rieckmann N, Hintzpeter B, Mensink GB. Vitamin D status among adults in Germany--results from the German Health Interview and Examination Survey for Adults (DEGS1). BMC Public Health. 2015 Jul 11;15:641. doi: 10.1186/s12889-015-2016-7
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. Bonn: DGE; 2012.
- Max Rubner-Institut. Nationale Verzehrsstudie II. Karlsruhe: MRI; 2008.
- Max Rubner-Institut. Bundeslebensmittelschlüssel (BLS), Version 3.02. Karlsruhe: MRI; 2021.
- U.S. Department of Agriculture, Agricultural Research Service. FoodData Central. Beltsville, MD: USDA; 2019.
- Souci SW, Fachmann W, Kraut H. Food Composition and Nutrition Tables. 9th ed. Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft; 2024.
- Christakos S, Dhawan P, Verstuyf A, Verlinden L, Carmeliet G. Vitamin D: Metabolism, Molecular Mechanism of Action, and Pleiotropic Effects. Physiol Rev. 2016 Jan;96(1):365-408. doi: 10.1152/physrev.00014.2015
- Roth DE, Leung M, Mesfin E, Qamar H, Watterworth J, Papp E. Vitamin D supplementation during pregnancy: state of the evidence from a systematic review of randomised trials. BMJ. 2017 Nov 29;359:j5237. doi: 10.1136/bmj.j5237
- Bi WG, Nuyt AM, Weiler H, Leduc L, Santamaria C, Wei SQ. Association Between Vitamin D Supplementation During Pregnancy and Offspring Growth, Morbidity, and Mortality: A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA Pediatr. 2018 Jul 1;172(7):635-645. doi: 10.1001/jamapediatrics.2018.0302